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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (10.12.2014)

10.12.2014

Kälbertransporte - Eine Reise ins Ungewisse

Eine Geschichte von Dieter Hörmann vom Singer/Songwriter-Duo: Zwa Voitrottln.

Mein Name ist Erwin. Vor drei Wochen wurde ich in einem kalten, finsteren Stall geboren. Meine Mama war in einer engen Metallbucht eingesperrt und wollte zu mir. Zwei dicke Männer hinderten sie daran, sie drängten sie immer wieder zurück zwischen die kalten Metallstangen. Der Kleinere rieb mich dann mit bestialisch stinkendem Stroh trocken, während der andere schwer überfordert wirkte, meine aufgebrachte Mama in ihrer Box zu halten. Erst nach ein paar endlosen Minuten wurde sie freigelassen.

Sie ist behutsam auf mich zugegangen und hat mich abgeschleckt. Das hat so gut getan. Ich verspürte in diesem Moment so viel Liebe. Das unangenehm grelle Licht störte nicht mehr. Sie legte sich zu mir und wärmte mich mit ihrem prallen Körper. Ihre Berührungen machten den Schock vom ersten Moment wieder gut. Sie wurde ganz ruhig und leckte mir alle paar Momente meinen Kopf. Ich fühlte mich geborgen und war glücklich.

Plötzlich kamen die Männer wieder auf uns zu und zerrten mich unsanft von meiner Mama weg. Sie stand auf und versuchte die beiden daran zu hindern, aber der größere schlug ihr einfach mit seinem Holzstock ins Gesicht und schrie sie an. Sie begann zu auszuschlagen und zu weinen, ich war völlig verwirrt, es ging alles so schnell. Sofort wurde ich einen ganz langen Gang entlang, dann eine Treppe hinunter in ein noch viel kälteres Verlies getragen. Das Licht war sehr unangenehm in meinen Augen. Es war so finster, dass ich fast nichts sehen konnte. Ich begann zu weinen.

Hier unten gab es viele kleine Abteile und ich wurde in eines geworfen. Beim Aufprall verletzte ich mir mein linkes vorderes Knie. Es blutete und bei der kleinsten Belastung zog sich ein Stich von meinem Knie aus durch den ganzen Körper. Die Schmerzen betäubten mein Gehirn, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, alles was ich wollte, war zurück zu meiner Mama.

In der Nebenbucht lag ein anderes Baby. Sein Name ist Karl. Er hat mich getröstet und durch die Gitterstäbe, die uns trennten, meine Wunde sauber geleckt. Er sang mir zur Beruhigung ein Lied vor und danach erklärte er mir, er sei vor drei Tagen geboren worden sitze seitdem in dieser Zelle. Gegenüber von uns waren auch zwei Zellen besetzt. Zwei weitere Buben, Hans und Erwin, lagen dort zitternd in der Ecke und schluchzten vor sich hin. Ich musste mich schnell mit dem Gedanken abfinden, dass wir hier gefangen waren. Einmal am Tag kam ein Mann herunter und schüttete uns eine weiße Flüssigkeit in die Flaschen, die auf unseren Käfigen befestigt waren. Ich trank sie gerne, weil sie mich irgendwie an meine Mama erinnerte. Gleichzeitig wurde ich beim Trinken aber immer sehr traurig, weil ich immer noch nicht verstand, warum ich nicht bei ihr sein durfte, wo sie mich mit ihrem warmen Körper beruhigt hat. Ich wurde jeden Tag trauriger, aber Karl versuchte mich immer aufzubauen.

Am vierzehnten Tag meiner Gefangenschaft kamen plötzlich beide Männer gleichzeitig zu uns herunter. Sie waren sehr hektisch und schlecht gelaunt. Zuerst zogen sie die beiden Burschen gegenüber von uns an ihren Hinterbeinen aus ihren Buchten. Dann öffneten sie Karls und meine Tür. Ich wollte nicht genauso am Boden geschliffen werden und stand vorsorglich auf. Ich versuchte in die Ecke zu flüchten, aber nach zwei kleinen Schritten nach hinten spürte ich bereits die kalte, feuchte Wand auf meinem Hintern. Der Mann bäumte sich vor mir auf und schrie mich an, schlug mit seinem festen Holzstock auf meinen Rücken und drängte mich aus der Bucht.

Jetzt standen wir zu dritt außerhalb der von hier aus noch viel kleiner wirkenden Buchten. Karl wehrte sich vehement, sein Gefängnis zu verlassen und steckte dafür dutzende Prügel ein. Der größere Mann kam dem kleineren zu Hilfe und gemeinsam prügelten sie meinen schreienden Freund aus seinem Arrest.

Gleich danach wurden wir die Treppen hinauf getrieben, den langen Gang entlang an ganz vielen erwachsenen Frauen vorbei, die alle eingesperrt waren. Manche in Einzelboxen, andere zusammengepfercht in kleineren Abteilen. Alle muhten ganz laut, ich versuchte irgendwo meine Mama zu erkennen, aber es ging alles viel zu schnell. Am Ende des Ganges war es ganz hell. Ich kniff meine Augen zusammen, weil ich so etwas Grelles noch nicht erlebt hatte. Ich blinzelte ganz oft, gewöhnte mich aber nur sehr langsam an das helle Licht. Es war viel wärmer hier, die Luft streichelte förmlich meinen Körper.

Vor uns wartete ein dritter Mann, der neben einem riesigen Gebäude, in das wir über eine Rampe getrieben wurden, eine Zigarette rauchte. Das Gebäude war leer und roch sehr intensiv unnatürlich. Es war so viel Platz hier, ich konnte zum ersten Mal ein bisschen herumlaufen, ich freute mich so, dass ich mit allen vier Beinen gleichzeitig in die Luft sprang und fröhlich muhte. Ich drehte mich um und sah, dass der rauchende Mann mit einem Metallstock in der Hand auf uns zu kam, er trieb uns harsch über eine Rampe in ein darüber liegendes Stockwerk. Es sah genau so aus wie unten, roch noch intensiver und war ebenso seelenleer. Das unheitere Spiel wiederholte sich und wir wurden erneut über eine Rampe in eine nochmals darüber liegende Etage gebracht.

Hier kauerten sich bereits zwanzig andere Babys in der letzten Ecke zusammen. Sie wirkten sehr verstört. Hans und Erwin liefen gleich zu ihnen hin, Karl versuchte wieder zurück zu laufen, aber der Mann hob die Rampe nach oben und verschloss somit unseren Raum. Wir waren erneut eingesperrt.

Ich blickte aus den kleinen Schlitzen auf der Längsseite auf das Gebäude, aus dem wir kamen. Ich konnte durch die Fenster spähen und sah von hier aus meine Mama. Da stand sie, in all ihrer Schönheit, ihre Augen gefüllt mit Traurigkeit, ihre Schreie verzweifelt und schmerzverzerrt, sodass ich sie bis in mein neues Gefängnis hören konnte. Ich weinte fürchterlich verbittert und schlug mit meinen Klauen gegen die Wand. Ich wollte so sehr zu ihr.

Plötzlich begann sich unser Gebäude zu bewegen. Wir entfernten uns langsam immer weiter von unserem Ursprungsort und ich wurde immer verzweifelter. Erst von hier aus konnte ich erkennen, dass meine Mama und all die anderen Kühe in einer riesigen Halle eingesperrt waren. Es war entsetzlich. Wir fuhren immer weiter weg, bis ich diese bombastische Gefangenenanstalt nicht mehr sehen konnte.

Ich blickte mich in meiner neuen Umgebung um und ging zu Karl. Er versuchte immer noch verzweifelt auszubrechen. Nach einigen Minuten gab er auf und wir legten uns nebeneinander auf den kalten Boden. Ich legte meinen Kopf auf seinen Bauch und wir beruhigten uns gegenseitig.

Alle paar Stunden hielten wir für einige Zeit an und jedes mal füllte sich unsere fahrbare Halle weiter. Langsam wurde es richtig ungemütlich. Irgendwann waren in unserer Etage so viele, dass wir überhaupt keinen Platz mehr hatten.

Jeder drängelte, alle weinten, es war so viel Verzweiflung in der Luft, weil niemand wusste, wo wir hingebracht werden. Die unteren Abteile waren mittlerweile auch alle voll. Wir hörten die Schreie der anderen und langsam begann sich der chemische Geruch mit dem unserer Fäkalien zu vermischen. Fast alle von uns hatten vom großen Stress Durchfall, zudem waren wir alle durstig und hungrig.

Nach fast einem ganzen Tag hielten wir plötzlich an und fuhren die ganze Nacht nicht weiter. Am nächsten Morgen begann erst die richtige Tortur. Wir fuhren den ganzen Tag ohne Pause, es war teilweise sehr holprig und extrem ungemütlich. Bestialischer Gestank lag in der Luft und unsere schönen Haare waren mit unserem eigenen Kot beschmiert. Draußen sahen wir Wiesen und viele Bäume. Manchmal sahen wir auch eine friedliche Kuhherde, kleine Kälber, die miteinander spielten und glückliche Familien, die das saftige, grüne Gras fraßen und sichtlich entspannt die Sonne genossen. Aus allen drei Stockwerken muhte es immer ganz wild und aufgeregt, wenn wir so eine Herde passierten. Wir fuhren auch die nächste Nacht durch. Mir war so kalt, dass mich selbst mein Zittern nicht mehr warm hielt. Karl drückte seinen Körper ganz fest an meinen und wir versuchten uns gegenseitig Wärme, Kraft und Liebe zu schenken.

Im Morgengrauen erreichten wir unser Ziel. Der Wagen hielt an, aber erst nach einer Stunde hörte ich, wie aus den unteren Etagen die anderen Kälber hinaus getrieben wurden. Die Männer hier schrien noch viel lauter und wilder. Als die unteren beiden Etagen leer waren, öffneten sie einen Teil des Bodens nach unten, der nun für uns als Rampe diente. Sie schrien uns an und alle liefen ganz panisch hinaus. Karl und ich liefen einfach mit den anderen mit und hofften nicht zu viele Schläge zu kassieren. Wer nur kurz stehen blieb, hat sofort mehrere Schläge auf den Hintern oder auf den Rücken bekommen. Vielen haben sie sogar auf die Beine geschlagen und sie getreten. Wer sich weigerte, weiter zu gehen, dem wurde der Schwanz so sehr verdreht, dass er vor Schmerzen zu Boden gegangen ist. Diese Babys wurden gleich darauf immer besonders kräftig verprügelt. Drei Männer haben sogar mit ihren Füßen auf die am Boden liegenden Babys getreten. Die meisten von ihnen blieben regungslos liegen.

Als wir endlich draußen ankamen, wurden wir gleich in die nächste Halle getrieben, wo wir einige Stunden zitternd verbringen mussten. Hier gab es endlich wieder etwas zu trinken. Stark riechendes, trübes Wasser, aber niemand von uns vertrug es, alle, die es probierten, bekamen noch schlimmeren Durchfall. Ein paar Tropfen kostete ich, mir wurde aber sofort übel davon. Ich war bereits so schwach, dass ich zu Karl meinte, ich möchte nicht mehr, ich lege mich einfach hin und sterbe. Er ermutigte mich aber immer wieder, nicht aufzugeben.

Später wurden wir dann in einen Transporter verladen, der nicht ganz so groß war, dementsprechend war es noch enger hier. Karl drängte sich immer noch dicht an meine Seite, wir wollten uns auf keinen Fall verlieren. Hans und Erwin hatten wir seit dem letzten Ausladen nicht mehr gesehen. Vom Transporter aus beobachtete ich einen großen Haufen mit lauter toten Babys. Der Anblick war so traurig, wieder hätte ich es ohne Karl nicht ausgehalten, der mich weiter getröstet hat. Unser Transporter fuhr ab, blieb aber nach einigen Momenten wieder stehen, er bewegte sich wenige Meter vorwärts und rückwärts bis er schließlich wieder stehen blieb.

Wenige Meter von uns brannte ein großes Feuer, ich war sehr begeistert, weil ich so etwas noch nie gesehen hatte. Der Rauch des Feuers baute sich bis zum Himmel auf, es war ein großartiges Spektakel. Plötzlich drehte sich der Wind und der Rauch wurde in unsere Richtung geblasen. Alle begannen zu husten, ich habe nichts mehr gesehen, der Rauch hat so sehr in den Augen und in der Lunge gebrannt, dass ich Kopfschmerzen bekam, mir wurde schlecht und ich brach zusammen.

Karl stupste mich mit seiner Schnauze immer wieder an, aber ich wollte mich nicht bewegen, ich war noch bei Sinnen, aber ich hatte keine Kraft mehr aufzustehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit bewegten wir uns wieder weiter und entfernten uns vom Feuer. Nach zwei bis drei Stunden habe ich mich wieder erholt, Karl war heilfroh, dass es mir besser ging und ich war es auch.

Er erzählte mir, dass zwei andere in der Zwischenzeit gestorben sind. Alle waren ruhig und wirkten sehr gefasst. Die Stimmung war am Boden. Ich war so betrübt, ich kuschelte mich ganz eng an Karl und schloss meine Augen.

Die Fahrt dauerte wieder einen ganzen Tag, sie war noch viel unruhiger und holpriger. Immer wieder wurden wir alle von links nach rechts und umgekehrt geschleudert. Alle hatten blaue Flecken und manche wurden ganz aggressiv.

Wir blieben ein einziges Mal für zwei Stunden stehen, mitten in der Sonne, mir war so heiß, ich war so durstig, völlig ausgetrocknet. Karl und ich leckten immer wieder an den Metallstäben, weil wir uns einredeten, wir würden daran Muttermilch schmecken. Die Hitze wurde immer unerträglicher, während dieser Pause verstarb wieder ein Baby. Es war entsetzlich, der Gestank, der in der Luft lag, war so nasenbetäubend, dass mir schlecht wurde.

Als wir weiter fuhren, schaute ich die längste Zeit aus den Schlitzen aus der Seite hinaus. Im Minutentakt fuhren auf der anderen Straßenseite andere Lebewesentransporter an uns vorbei. Sie waren auch gefüllt mit Kälbern oder bereits erwachsenen Schweinen. Ich fragte mich die ganze Zeit, wo die alle hingebracht werden und auch wo wir hinfahren. Immer wieder dachte ich auch an meine Mama und wie schön es jetzt wäre, wieder von ihr abgeschleckt zu werden. Die Erinnerung an sie trieb mir Tränen in die Augen.

Insgesamt fünf Kälber überlebten die Fahrt nicht. Ihre leblosen Körper blieben einfach zurück, als wir wieder aus dem Transporter geprügelt wurden. Ein Mann erklärte einem der Treiber, dass die Mastrinder, die achtzehn Monate gemästet werden, in die rechte Halle kommen und die anderen, die nach drei Monaten zu Kalbsfleisch verarbeitet werden, in die kleinere linke Halle gebracht werden sollten. Einer trennte Karl von mir, er wurde ganz wild und versuchte wieder zu mir zu laufen, aber zwei andere Männer kamen und prügelten ihn wieder in die andere Richtung. Er wurde in den linken Stall gebracht, ich in den rechten.

Jetzt stehe ich hier in dieser überdimensionalen Halle, mit tausenden anderen Babys, wieder in meinen eigenen Exkrementen. Ich vermisse meine Mama und Karl sehr. Der Gedanke, dass er schon in kürzester Zeit nicht mehr leben wird und ich die nächsten eineinhalb Jahre hier verbringen werde, lässt mich erschaudern. Ich habe Hunger und Durst und hier gibt es so viel zu essen und zu trinken. Ich bin verwirrt. Tagelang gibt es nichts und jetzt auf einmal so viel. Ist das hier doch das Paradies? Aber warum sind alle Menschen so gemein zu uns? Und warum ist es so kalt und stinkt es so erbärmlich? Ich möchte am liebsten gemeinsam mit Karl wieder nach Hause zu unseren Mamas, sie befreien und uns der Kuhherde auf der schönen, saftigen Wiese anschließen, damit wir dort mit den Kindern spielen können und unsere Mamas mit uns gemeinsam glücklich werden können.

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