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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (06.06.2018)

Wien, am 06.06.2018

Demokratie Quo vadis? – Podiumsdiskussion zur Überwachung

Am 5. Juni diskutierten im SkyDome des Wiener Hilfswerks Expert_innen für Privatsphäre und Bürgerrechte die Situation bezüglich Überwachung in Österreich und erörterten Verbesserungsmöglichkeiten

Das Podium stimmte darin überein, dass Überwachung für unsere Gesellschaft mehr Gefahren als Sicherheit bringt. Sowohl die Effekte von Überwachung auf die Bereitschaft für zivilgesellschaftliche Mitgestaltung als auch die Notwendigkeit Sicherheitslücken in EDV-Systemen zu bewahren, um Technologien wie den Staatstrojaner einsetzen zu können, machen unsere Gesellschaft nicht weniger sondern mehr verwundbar für bekannte Bedrohungen wie Korruption und online-Einbrüche.

Personen aus dem Publikum stellten in Frage ob es angemessen ist unsere Stellvertreterdemokratie tatsächlich implizit und kritiklos mit Demokratie zu bezeichnen und wieso es nicht Regierungen bzw. das Parlament für den laufenden Beschluss von Gesetzen zur Rechenschaft gezogen werden, die dann als verfassungswidrig aufgehoben werden. Normale Bürger_innen würden verurteilt wenn sie Gesetze brechen aber unsere Vertreter_innen hätten bei ähnlichen Vergehen gegen die Verfassung keinerlei Konsequenzen zu fürchten.

Georg Markus Kainz ist bekannt als ein Organisator der Big Brother Awards und über seine Arbeit beim Verein Quintessenz. Er beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Schnittmenge Bürger_innenrechte und Digitalisierung. Er erkannte früh, dass sich mit dem zunehmenden Einsatz von EDV auch unsere Möglichkeiten als Bürger_innen verändern. Einer seiner wichtigen Beiträge am Diskussionsabend stellte klar heraus, dass beispielsweise das Behindern von Besucher_innen einer Sitzung durch Menschenketten rund um den Veranstaltungsort dieses Treffens eine lange bekannte legitime zivile Protestform ist, dass aber das selbe Verhalten online heute kriminalisiert wird. Überwachung selbst ist in seinen Augen eine größere Gefahr für unsere Gesellschaft als ihr angeblicher Anlass. Wenn Überwachung Ergebnisse brächte, würde das als Argument verwendet mehr davon so machen. Wenn sie nicht zum Ziel führt, würde sie eben mit dem Argument erweitert, dass mehr Überwachung nötig wäre um entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Kainz stellte klar, dass Überwachung entgegen anders lautender Versprechen niemals Verbrechen behindern könnte. Trotz massiver Berechnungen von Supercomputern und ausschließlich bekannten Faktoren würde es uns noch nicht mal zuverlässig gelingen das Wetter genau vorherzusagen. Wie viel schwerer ist es das Verhalten von Millionen von Menschen mit freiem Willen vorherzusagen?

Alma Zadic von der Liste Pilz berichtete davon wie vergeblich es bisher war die Regierung mit kritischen Fragen zu vorgeschlagenen Erweiterungen von Überwachungsmaßnahmen zu konfrontieren. Einwände werden üblicher Weise mit abstrusen Ausflüchten und vielen nichtssagenden Worten kommentiert und letztlich ist es Praxis der Regierung die Opposition einfach zu übergehen weil die große Koalition die parlamentarische Mehrheit hat. Zadic warnte vor den Sicherheitslücken in unserer EDV, die für die für die Realisierung des Staatstrojaners notwendig sind. Der Staatstrojaner könnte nicht nur Daten auslesen, sondern sie auch manipulieren. Dem entsprechend wäre äußerst fraglich welche Bedeutung über den Staatstrojaner erhobene Daten vor Gericht überhaupt spielen könnten. Zadic appellierte an die Zivilbevölkerung sich entschlossen und lautstark zu Wort zu melden. Sie sprach auch davon, dass wir die Medien in die Pflicht nehmen müssten um auch komplexere Themen angemessen vermittelt zu bekommen. Wir sollten nicht nur gut recherchierte Berichte zu relevanten Themen einfordern, sondern auch Initiativen finanziell unterstützen, die auch komplexere Themen allgemeinverständlich aufbereiten anstatt nur Allgemeinposten zu berichten und Anzeigenkund_innen bei Laune zu halten.

Angelika Adensamer von der Datenschutzorganisation epicenter.works betonte besonders die Bedeutung sozialer Absicherung für eine Erhöhung der allgemeinen Sicherheit. Sie erwähnte eine Studie nach der beispielsweise Frauen in Wien besonders große Angst davor hätten angegriffen zu werden obwohl die tatsächlichen Gefahren keine auch nur annähernd so große Angst davor rechtfertigen. Allgemein problematisierte Adensamer die Rolle der Politik und Medien im Schüren von Angst vor vergleichsweise unwahrscheinlichen Gefahren. Sie können wirkungsvoll thematisiert werden weil wir Menschen dazu neigen markante Besonderheiten überzubewerten. Obwohl die Folgen der Armut viel häufiger schwere Folgen haben, befürchten die meisten Menschen physische Übergriffe wie Terrorismus wesentlich mehr. Darüber hinaus erklärte Adensamer auch wie der HEAT-Maßnahmenkatalog dazu eingesetzt werden könnte vorgeschlagene Überwachungsmaßnahmen seriös zu evaluieren. Leider wurde er bisher von keiner Regierung tatsächlich eingesetzt um die vermeintlichen Sicherheitsmaßnahmen auf ihre Zweckdienlichkeit hin zu untersuchen.

Martin Balluch berichtete davon welche Erfahrungen mit Überwachungsmaßnahmen er als Betroffener im Tierschutzprozess gemacht hatte. Gerade weil nichts gefunden wurde, wurden die Überwachungsmaßnahmen dauernd intensiviert. Die schwerwiegendsten Ermittlungsmaßnahmen werden praktisch nie zur Aufklärung jener Delikte eingesetzt, für die sie angeblich eingeführt wurden. Balluch drückte vor allem seine Sorge über den Effekt von Überwachung auf zivilgesellschaftliche Partizipation aus. Er befürchtet vor allem ein neues Biedermeier in dem die Zivilgesellschaft sich aus Angst den Obrigkeiten unangenehm aufzufallen ins Privatleben zurückzieht. Fürst Metternich hatte im Biedermeier politisches Engagement praktisch verboten und einen massiven Zensur- und Überwachungsapparat realisiert indem Querdenker_innen rasch identifiziert und unschädlich gemacht wurden. Balluch rief dazu auf uns die 68er-Bewegung zum Vorbild zu nehmen und laut und bestimmt für unsere Überzeugungen einzutreten. Er gab auch zu bedenken, dass große Organisationen Zugzwängen unterworfen wären, die in den 68ern noch kein Problem waren. Individuen, die sich persönlich engagierten anstatt ihr Engagement durch Spenden an institutionalisierte Vereine auszulagern, können Balluchs Meinung nach von reaktionären Institutionen wesentlich schwerer behindert werden. Er richtete immer wieder die Frage ob diese Effekte wünschenswert wären an den dem Plenum leider ferngebliebenen Innenminister.

Johannes Jarolim, der Sicherheitssprecher der SPÖ, musste seine Teilnahme leider kurzfristig absagen und sandte eine Stellungnahme zum Verlesen vor Ort. Darin beschrieb er seinen Kampf gegen das letztlich doch beschlossene Überwachungspaket und warnte auch vor den neuesten Änderungen der Paragraphen 278 StGB, die seiner Meinung nach noch weiter gehen als jene Bestimmungen, die damals die Tierschutzcausa ermöglicht haben.

Hans Gerhard Zeger, der bekannte Mathematiker und Philosoph mit dem Schwerpunkt Datenschutz hatte seine Teilnahme zugesagt, ist dann aber leider doch nicht erschienen. Wir bedauern sein Fehlen und hoffen, dass es keinen dramatischen Anlass hatte.

Herbert Kickl lehnte unsere Einladung leider bereits sehr früh ab obwohl natürlich gerade seine Perspektive auf Überwachung als für die innerstaatliche Sicherheit zuständiger Innenminister besonders wichtig ist.

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