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Animal Liberation Workshop in Graz

Von 10.-11. Oktober 2009 wurde der heurige ALW im Spektral in Graz abgehalten

"Animal Liberation" ist der Titel jenes Buches, das die moderne Tierrechtsbewegung im Jahr 1975 weltweit ausgelöst hat. Damit ist die Befreiung der Tiere von Unterdrückung und Ausbeutung gemeint, was insbesondere dahingehend ein revolutionärer Gedanke dieses Buches von Peter Singer war, dass bis damals und vielerorts bis heute die Begriffe "Unterdrückung" und "Ausbeutung" gar nicht auf Tiere angewandt werden. Tiere könne man nicht unterdrücken und ausbeuten, so das Credo des sogenannten Speziesismus, das ist jene Ideologie, die Tiere als minderwertige Wesen ansieht, die nur für die Nutzung des Menschen existieren würden. Das zentrale Anliegen der Tierbefreiungs- bzw. Tierrechtsbewegung ist es jetzt, diesen Speziesismus zu beenden und Grundrechte und einen Respekt vor den Interessen von Tieren in der Gesellschaft zu etablieren. Der Begriff "Animal Liberation" ist dabei analog wie derjenige von "Women's Liberation" (Frauenbefreiung) oder "Liberation Theology" (Befreiungstheologie) zu verstehen.

Diese Umstände sollten eigentlich allen Menschen mit einer gewissen Bildung selbstverständlich klar sein, ist Peter Singers Buch doch schon 35 Jahre alt und gibt es Befreiungsbewegungen mit der englischen Bezeichnung "liberation" noch wesentlich länger. Dennoch nutzte ein Staatsanwalt aus Wr. Neustadt in seinem fanatischen Tierschutzhass den Namen dieser Veranstaltung, "Animal Liberation Workshop", um naiven UntersuchungsrichterInnen, die sich offenbar noch nie mit der Geschichte sozialer Bewegungen auseinandergesetzt hatten, einzureden, TierrechtsaktivistInnen seien deshalb der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation verdächtig, weil sie Animal Liberation Workshops organisieren.

Wenn Animal Liberation Workshops kriminell sind, dann gibt es jetzt gut 40 neue Mitglieder der angeblichen kriminellen Organisation im Tierschutz. Weil so viele Personen fanden sich beim heurigen ALW in Graz von 10.-11. Oktober ein, um Tierschutzaktivismus und Tierrechtsphilosophie kennen zu lernen. Der Veranstaltungsort, das Spektral, war tatsächlich voll bei diesem Ansturm und die Stimmung ausnehmend konstruktiv.

Zunächst wurde über die Geschichte der Tierrechtsbewegung in Österreich und die Tierrechtsphilosophie referiert. Anschließend erzählten AktivistInnen von ihren Erfahrungen mit verschiedenen Aktionsformen wie Demos, Medienstunts, zivilem Ungehorsam oder direkten Aktionen wie Jagdstörungen oder Besetzungen. Danach folgten Vorträge über einige der derzeit wichtigsten bundesweiten Projekte im Tierschutz, die Kleider Bauer Pelzkampagne, die Kampagne gegen den Versuch die Besatzdichten von Mastgeflügel in den Tierfabriken um 30% bei Hühnern und um 50% bei Puten zu erhöhen und das Projekt Tierschutz im Unterricht. Einige der Anwesenden wollten in Zukunft für Vereine an Schulen gehen und dort den Tierschutzgedanken verbreiten helfen.

Anschließend stellten einige der in der Steiermark aktiven Tierrechtsgruppen ihre Arbeit vor und warben darum, von den Anwesenden in Zukunft unterstützt zu werden. Auch die studentische Initiative SAVE präsentierte ihren Arbeitsbericht und regte die Gründung einer studentischen Tierrechtsgruppe in Graz an. Im Gegensatz zur sonstigen Gepflogenheit gab es heuer in Graz keine gemeinsame Tierrechtsdemo aller TeilnehmerInnen am ALW. Dafür gab es unheimlich viel sehr gutes veganes Essen, das noch dazu allein gegen eine freiwillige Spende angeboten wurde. An dieser Stelle muss allen AktivistInnen, die sich am Kochen beteiligten, ein herzliches Dankeschön ausgesprochen werden.

Am Abend kam der Experte in Menschenrechts- und Tierschutzrechtsfragen, Mag. Eberhart Theuer, und lieferte eine Präsentation über die Rechte von AktivistInnen gegenüber der Polizei und wie man sich bei Festnahme oder Verhör verhalten soll. Angesichts der unfassbaren Repression durch Sonderkommission und Staatsanwaltschaft, die jede vernünftige Dimension sprengt und schon längst zur echten Gefahr von Verfassung und Demokratie geworden ist, werden derartige Themen immer wichtiger. In der Geschichte haben immer Staaten die großen epochalen Verbrechen begangen, von der Hexenverfolgung bis zum Holokaust, vom Metternichschen Polizeistaat bis zur DDR. Für die Bürger und Bürgerinnen ist es also überlebenswichtig, dem Staat eine gehörige Portion Misstrauen entgegen zu bringen, insbesondere seinen gewaltbereiten Arm, dem das Gewaltmonopol übertragen wurde, die Polizei und die Justiz, schärfstens zu kontrollieren und mit allen Mitteln zu verhindern, dass die bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte mit fadenscheinigen Ausreden erodiert werden.

Am Sonntag folgte ein Vortrag über Veganismus und die Möglichkeiten im Rahmen der Veganen Gesellschaft aktiv zu werden. Arm chair Aktivismus nennt man Protestaktivitäten vom Schreibtisch aus, die sich im Zeitalter der Computer äußerst effektiv gestalten lassen. Wie das zu tun wäre, wurde in einem eigenen Vortrag ausgeführt.

Anschließend sprachen AktivistInnen über bundesweite Kampagnen, die auch in der Steiermark von Interesse sind, wie die Schweinekampagne und die Kampagnen gegen den Singvogelfang und für Tierschutz in der Verfassung.

Zuletzt gab es einen den Umständen entsprechend langen Vortrag über staatliche Repression und das Verfahren nach ยง278a gegen den Tierschutz. Auch dabei zeigte sich, dass jeder normale Mensch zutiefst erschüttert ist, wie Sonderkommission und Staatsanwaltschaft die Demokratie zerstören. Alle Anwesenden waren solidarisch und über das Geschehen entsetzt. Dennoch ging man sehr motiviert auseinander, gab es doch viele neue Ideen und Tierschutzprojekte, die ihrer Verwirklichung harren.