Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (10.02.1998)
Büro-Besetzung von LH Pröll war voller Erfolg
35.000 Unterschriften zur Schließung der letzten Pelztierfabrik überreicht
Der "Verein gegen Tierfabriken" (VGT) hat am gestrigen Dienstag mit 18 Aktivisten erfolgreich das Büro des nö. Landeshauptmanns Dr. Erwin Pröll besetzt. Es ist uns sogar gelungen, die offenbar vorgewarnte bereits im Haus anwesende Exekutive "auszutricksen" und gelangten ungehindert bis unmittelbar vor den Bürotrakt des LH. Dort ketteten sich fünf der AktivistInnen mit Fahrradbügelschlössern aus Stahl sternförmig aneinander – unauflösbar für die Exekutive. Unsere Forderung: Schließung der letzten österreichischen Pelztierfabrik mit 5.000 Nerzen des Herrn Günter Pfeiffer in Heidenreichstein – entsprechend der seit Juli 1997 geltenden nö. Pelztierhalteverordnung.
Nach kurzer Zeit trafen bereits zwei Unterhändler des LH ein, um uns von der Sinnlosigkeit unseres Unterfangens zu überzeugen, wir seien jedoch gerne eingeladen, hier in diesem "bürgerfreundlichen" neuen Landhaus zu verweilen. Da wir auch für eine evt. Übernachtung eingerichtet waren, nahmen wir das freundliche Angebot dankend an, während die Besucher des Herrn Pröll über die fünf am Boden liegenden Aktivisten drübersteigen mußten...
Nach eineinhalb Stunden war es dann doch so weit und der Landeshauptmann fand plötzlich ganze 20 Minuten Zeit für uns, was zuvor in zweimonatigem Schriftverkehr und unzähligen Telefonaten nicht zustandegekommen war. Wir überreichten ihm vor der Presse die 35.000 Unterschriften (inkl. seines Parteifreundes Andreas Khol) gegen die letzten beiden Nerzfarmen und er versicherte uns im folgenden Gespräch seine "Solidarität". Er sei zwar nicht direkt zuständig, sondern Landesrat Wagner von der SPÖ, der in den letzten sieben Monaten säumig gewesen sei und richtete auch sogleich einen Brief an seinen Regierungskollegen, aus dem im folgenden zitiert sei: "Sehr geehrter Herr Landesrat, ich darf Dich als das für den Tierschutz zuständige Landesregierungsmitglied dringendst ersuchen, im Rahmen der Verordnung über die Haltung von Pelztieren, Landesgesetzblatt 4610/4, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit im Sinne der Tiere sowie des Tierschutzes vorgegangen werden kann. Allenfalls wäre eine Schließung dieser Farm zu verfügen. Ich darf Dich auf die Dringlichkeit des Problems hinweisen. Mit besten Grüßen Dein Erwin Pröll." Nach Erhalt dieses Briefes lösten wir die Büroblockade sofort auf und kamen sogar lediglich mit einer "Ermahnung" nach dem nö. Polizei-Sicherheitsgesetz davon...
Der unmittelbar darauf gewährte Termin bei Landesrat Wagner war allerdings vorerst weniger fruchtbar: Der SPÖ-Politiker meinte gar, er kenne die Zustände in der Pelzfarm persönlich und fände "sie gar nicht so schlimm, wie er erwartet hätte..."; auch unseren Einwand, daß man Wildtiere, wie Nerze, die in freier Natur ein Terrain von mehr als 10 km2 und Schwimmgelegenheit haben, nicht artgerecht und wirtschaftlich halten kann, ließ er nicht gelten. Man könne doch nicht einen Betrieb so einfach "umbringen" (an die zigtausenden, tatsächlich und brutalst umgebrachten Nerze für die menschliche Eitelkeit hat er wohl nicht gedacht...). Er schob seine Verantwortung kurzerhand auf den undurchdringlichen Behördendschungel ab: Die BH Gmünd, ein wieder einmal zu erstellendes Gutachten der Landesveterinärdirektion (der dortige Chef, Dr. Franz Karner, betreibt – nebenbei bemerkt – selbst eine Hühnermastfabrik in St. Margarethen und verteidigt zudem gerne in der Öffentlichkeit die Massentierhalter...). Auch die anwesenden Fachreferenten des Landesrates, va. die für Tierschutz zuständige Frau Dr. Breyer, zeigten nicht das geringste Interesse, das Verfahren nach sieben Monaten endlich zu beschleunigen bzw. eine Weichenstellung in Richtung Schließung, die nach geltender Gesetzeslage und fachlich richtiger Auslegung möglich und notwendig wäre, zu setzen.
Die Hauptschuldigen im nach wie vor bestehenden unermeßlichen und ungesetzlichen Leiden von ca. 5.000 Nerzen sind somit einerseits in der Säumigkeit des "roten" Landesrates, aber natürlich auch der gesamten Landesregierung, zu suchen. Denn die Veterinärbehörde untersteht z.B. wieder dem "schwarzen" Landesrat Blochberger. Das typische politische Hin-und-Her, ein scheinbar undurchdringbarer Behörden- und Kompetenzdschungel, "keiner ist verantwortlich"...
Buchstäblich fünf Minuten vor Zwölf Uhr mittags (gerade als ich heute diesen Pressetext eintippte) kam dann ein bemerkenswerter Anruf von Landesrat Wagner persönlich, wobei er mir folgendes mitteilte: Er lasse sich nicht länger zum Sündenbock stempeln und werde am kommenden Dienstag, anläßlich der nächsten Regierungssitzung den Antrag einbringen, diese letzte Pelzfarm zu schließen!!! Somit muß die gesamte Landesregierung, einschließlich aller ÖVP-Granden, diesen Entschluß mittragen – oder eben nicht. Wir sind sehr gespannt und werden darüber berichten!
Alles in allem können wir von einem großartigen Erfolg unserer gestrigen spektakulären Aktion sprechen, in der wir sicherlich einen wesentlichen Beitrag zur Schließung dieses letzten österr. Mahnmals menschlicher Grausamkeit für Luxus geleistet haben! Wir werden aber auch nicht locker lassen, bis endlich die Durchsetzung des vor zwei Jahren so erfolgreichen Tierschutzvolksbegehrens mit 460.000 Unterschriften, welches seit damals im Parlament verschleppt wird, erreicht ist.