Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (07.02.2015)
Wien, am 07.02.2015VGT fordert: es darf keinesfalls eine Erhöhung der Besatzdichten in der Putenmast geben!
Geflügelindustrie verbreitet weiterhin ständig falsche Propaganda; Besatzdichtenerhöhung wäre in Wahrheit ein dramatischer Rückschritt im Tierschutz
Wie lang uns dieses Thema wohl noch beschäftigen wird? Schon 2004, anlässlich der Diskussion über die Entstehung eines Bundestierschutzgesetzes statt der damaligen 9 Landestierschutzgesetze, wollte die Geflügelindustrie die Besatzdichten in der Hühner- und Putenmast erhöhen. Der VGT konnte das mit Hilfe veterinärmedizinischer ExpertInnen verhindern. 2012 holte man sich die Legebetriebe mit ins Boot, denen eine Halbierung der Weidefläche in der Freilandhaltung und eine Erhöhung der Besatzdichten in der Junghennenaufzucht geboten wurden. Auch die Veterinärmedizin wurde gewonnen, indem man sich bereit zeigte, an einem Tiergesundheitsdienst mitzumachen, dessen einziges Ziel aber die Gesundheit der KonsumentInnen ist, die die Körper der armseligen Hühner und Puten dann essen sollten. Doch wieder machte ihnen der VGT einen Strich durch die Rechnung, diesmal mit Hilfe der Handelsketten, die sich unisono gegen diese Erhöhung aussprachen. Am 19. Jänner 2015 garantierte die neue Tierschutzministerin Dr. Sabine Oberhauser dem VGT in einem persönlichen Gespräch, dass es keine Erhöhung der Besatzdichten geben werde. Doch der 2014 neu gewählte Obmann der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft, Robert Wieser, ist selbst Putenmäster und daher besonders an diesen Verschlechterungen für die Tiere interessiert, um selbst mehr Profit zu machen. Also wird weiterhin Propaganda verbreitet.
Die Fakten zur Putenmast in Österreich
Die Situation für die Puten in den österreichischen Tierfabriken ist heute schon dramatisch schlecht. Die besonders rasch wachsenden Monsterputen erreichen innerhalb von 5 Monaten das gut 6-fache ihres natürlichen Gewichts zur Schlachtung. Sie können dann keinen Schritt mehr ohne Schmerzen gehen und sich auch nicht mehr natürlich fortpflanzen.
Aufgrund der schrecklichen Bedingungen neigen die Tiere dazu, sich gegenseitig in Verzweiflung zu pecken. Um die finanziellen Ausfälle durch diese Verletzungen abzufangen, werden den Tieren in den ersten 10 Lebenstagen einfach die Schnäbel gestutzt – das ach so hochgelobte Tierschutzgesetz erlaubt das! Dazu verwendet man entweder eine Zange oder ein elektrisches Kupiergerät, oder den Tieren wird der Schnabel einfach abgebrannt!
Die Besatzdichte in Österreich ist mit 40 kg Lebendgewicht pro m² um 8 kg höher als in der Schweiz und fast doppelt so hoch, wie in einem von einer englischen Tierschutzorganisation herausgegebenen Tierschutzgütesiegel gefordert. Die hohen Besatzdichten bedeuten, dass sich die Tiere in den letzten Lebenswochen praktisch nicht mehr bewegen können. Laut einer Studie für den deutschen Bundestag betrifft das 55-90% aller Puten.
Die Putenmastfabriken setzen ihre Tiere einer ständigen Beleuchtung aus, weil sie dadurch mehr essen, obwohl ihre Augen darunter leiden. Das Tierschutzgesetz würde wenigstens 6 Stunden pro Tag abgedämpftes Licht vorschreiben, doch nach Beobachtungen des VGT halten sich sehr viele MästerInnen nicht daran.
Praktisch nirgendwo in Österreich gibt es eine Putenmast mit erhöhten Flächen oder wiederholt eingebrachten Strohballen. Stattdessen sitzen die Tiere in ihrem eigenen Kot, der die gesamte Mastperiode von gut 5 Monaten nicht ausgewechselt wird, und verätzen sich die Brust.
Die Propagandalüge der Putenindustrie
Die Geflügelindustrie behauptet, der Selbstversorgungsgrad bei Putenfleisch sei nur noch 45% und ständig im Sinken. Faktum ist, dass der Selbstversorgungsgrad in den letzten 20 Jahren nie höher als 50% war. Im Jahr 2009 lag er sogar nur auf 40%.
Die Geflügelindustrie behauptet, dass in naher Zukunft der wirtschaftliche Kollaps aufgrund der maximalen Besatzdichtenvorschrift drohe, als ob diese Vorschrift etwas Neues wäre. Faktum ist, dass diese Vorschrift bereits deutlich mehr als 20 Jahre existiert und trotz der Jammerei seit 2004 kein Einbruch in den Produktionszahlen stattgefunden hat.
Die Geflügelindustrie verlegt sich dann auf die Ausrede, dass der Bedarf so rasch steige und deshalb mehr produziert werden müsste, was aber nur mit höheren Besatzdichten ginge. Faktum ist, dass der Verbrauch von 2012 auf 2013 von 3,7 kg pro Person und Jahr auf 3,5 zurückgegangen ist.
Die Geflügelindustrie behauptet, höhere Besatzdichten würden die Tiere sowieso nicht stören, das sei also kein Tierschutzproblem. Faktum ist, dass die Enge der Haltung aber neben dem raschen Wachstum das größte Tierschutzproblem in der Putenmast darstellt.
Die Geflügelindustrie behauptet, es ginge nur um eine „moderate“ Erhöhung in der Endmast der Puten. Faktum ist, dass eine Erhöhung um 50% gefordert wird, also um die Hälfte mehr Tiere in denselben Hallen, und dass diese Erhöhung die Puten von Beginn der Mast an betreffen würde, also es wären von Anfang an um die Hälfte mehr Tiere in den Hallen, d.h. es geht also überhaupt nicht nur um die Endmast.
Forderungen
Der VGT fordert:
Niedrigere Besatzdichten
Langsamer wachsende Zuchtrassen
Ein Verbot des Schnabelkupierens
Verpflichtende Beigabe von Strohballen
Erhöhte Sitzflächen in den Putenmasthallen