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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (10.10.2006)

Transparenz bei EU-Agrarsubventionen?

EU-Kommission schlägt vor Mitgliedsstaaten dazu zu verpflichten Informationen über Subventionsempfänger offen zu legen

In Österreich werden die Informationen, wer wieviel EU-Agrarförderungen kassiert, unter Verschluss gehalten. Das hat zur Folge, dass sich KonsumentInnen und SteuerzahlerInnen kein Bild davon machen können, welche Art der landwirtschaftlichen Produktion eigentlich mit ihrem Geld gefördert wird. Diese Situation ist unbefriedigend und sehr undemokratisch: Denn wie soll sich der Bürger und die Bürgerin eine Meinung darüber bilden, ob sie mit der Subventionspolitik einverstanden sind, wenn sie gar nicht direkt erkennen und zuordnen können, was mit ihrem Geld geschieht.

Transparenz fördert Demokratie: Wäre nämlich Transparenz vorhanden und würde sichtbar in welchem Ausmaß beispielsweise Massen- und Intensivtierhaltungs-Betriebe EU-Förderungen kassieren, könnte die öffentliche Meinung korrigierend einwirken und die Fördergelder würden in Zukunft anders verteilt und z.B. an Tierschutzstandards gebunden. So gesehen ist es nahe liegend, dass gerade jene am stärksten gegen mehr Transparenz bei der Fördermittelvergabe wettern werden, die heute am meisten vom bestehenden System profitieren, aber berechtigte Sorge haben müssen, dass ihre Förderungsgelder gekürzt werden könnten, wenn die Öffentlichkeit dahinter kommt, was da eigentlich gefördert wird.

In anderen europäischen Ländern ticken die Uhren bereits anders

In vielen europäischen Ländern ist die Offenlegung von Informationen über die EmpfängerInnen von Agrarsubventionen bereits üblich. Die öffentliche Bekanntgabe der konkreten Zahlungen mit Angabe von Namen aller Empfänger, des jeweiligen Zahlungszwecks und der jeweiligen Zahlungshöhe führten in mehreren Ländern dazu, dass die Verteilung aber auch die Sinnhaftigkeit der Kriterien der EU-Prämien stark diskutiert wird.

Als erstes Land begann Dänemark im Frühjahr 2004, mit einer umfassenden Offenlegung folgten Schweden, die Niederlande und Slowenien. Zu einer teilweisen Veröffentlichung haben sich Belgien, Tschechien, Estland, Frankreich, Portugal und Spanien entschieden. In Finnland ist die Offenlegung geplant. Definitiv unter Verschluss halten die Daten Österreich, Deutschland, Griechenland und Polen. (siehe http://www.farmsubsidy.org/)

In Deutschland ist die Situation genauso undemokratisch wie in Österreich. Dort hat sich aber bereits ein breites Bündnis von NGOs gebildet, die Transparenz bei den EU-Agrarsubventionen einfordern. Die Organisationen decken die unterschiedlichsten Themenbereiche ab, wie Umwelt- und Naturschutz, Tierschutz, Entwicklungshilfe und Menschenrechte, sowie Entwicklung des ländlichen Raums. Darunter der WWF, Greenpeace, der deutsche Tierschutzbund, Oxfam und viele andere mehr. Mehr Informationen im Internet dazu unter: http://www.wer-profitiert.de

Initiative der EU-Kommission

Am 3. Mai 2006 veröffentlichte die EU-Kommission das „Grünbuch europäische Transparenzinitiative“ in dem sie drei Transparenz-Schwerpunkte festgelegt hat zu der sie im Rahmen einer Öffentlichkeitsbefragung vom 3. Mai bis zum 31. August 2006 die Meinungen europäischer Organisationen und BürgerInnen einholte. Neben dem Vorschlag zu einem strukturierten Rahmen für die Lobbyarbeit und der Bitte um Feedback zu den kürzlich festgelegten Mindeststandards für Konsultationen war der dritte Schwerpunkt die Offenlegungspflicht für Informationen über EmpfängerInnen von EU-Geldern im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung.

Für die von der EU-Kommission zentral und direkt verwalteten EU-Gelder werden die Informationen über die EmpfängerInnen bereits der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Der größte Teil der EU-Gelder, nämlich 75,7% bzw. 86,6 Mrd. EUR pro Jahr, wird aber in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten in der sogenannten „geteilten Mittelverwaltung“ vergeben. Darunter fallen neben den Strukturfonds, dem Kohäsionsfonds und dem europäischen Flüchtlingsfonds, vor allem die Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Landwirtschafts- und Fischereipolitik, also die EU-Agrarsubventionen, die den größten Teil der geteilten Mittelverwaltung ausmachen, nämlich etwa 56% oder 48,5 Mrd. EUR.

Derzeit liegt die Entscheidung ob und wie viele Informationen über die geteilte Mittelverwaltung veröffentlicht werden bei den einzelnen Mitgliedstaaten. Diese haben unterschiedliche Datenschutzvorschriften, die in manchen Ländern eine Geheimhaltung begünstigen oder sogar erzwingen. Eine kohärente umfassende Verpflichtung zur Offenlegung für die Mitgliedstaaten müsste daher auf einem in allen Mitgliedstaaten direkt anwendbaren Rechtsrahmen der EU begründet sein. Nur auf diese Weise ließe sich ein einheitliches Vorgehen bei allen EmpfängerInnen von EU-Geldern erreichen.

Die Reaktionen österreichischer Institutionen und Organisationen

Aus Österreich kamen Reaktionen auf die Konsultation der EU-Kommission von 9 Institutionen bzw. Organisationen.

Institution/Organisation

Offenlegung der EmpfängerInnen der Subventionen

Amt der Wiener Landesregierung

Nein

Amt der NÖ Landesregierung

Nein

Amt der Vorarlberger Landesregierung

Nein

Wirtschaftskammer Österreich

Nein

Landwirtschaftskammer Österreich

Nein

Gewerkschaft der Eisenbahner

Ja

Paneuropabewegung Österreich

Ja

Wissenschaftsladen Wien

Ja

Bundesarbeiterkammer Österreich

Ja

 

Argumente gegen Transparenz der Agrarsubventionen

  • Datenschutzgesetz

    Es wird argumentiert, dass die Offenlegung des Bezugs von Fördermitteln dem österreichischen Datenschutzgesetz widersprechen würde. Eine Verordnung auf EU-Ebene würde allerdings im derogatorischen Rang über dem Datenschutzgesetz Österreichs stehen. Auf diese Weise könnte auch in Österreich eine Veröffentlichung der EU-Agrarsubventionsempfänger juristisch korrekt erreicht werden.

  • Gleichheitsgrundsatz

    Durch die Offenlegung von Informationen über den Bezug von EU-Fördermitteln würde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, da Informationen über Personen die nationale Fördermittel beziehen würden, nicht offen gelegt werden müssten und diese Diskrepanz zwischen den Empfängern nationaler und EU-Fördermitteln würde eine klare Ungleichbehandlung darstellen. Dieses Problem wäre jedenfalls dadurch lösbar, dass auch die Offenlegung von Informationen über Personen die nationale Agrarförderungen beziehen verpflichtend vorgeschrieben werden könnte.

  • Europäische Menschenrechtskonvention

    Es wird vorgebracht, dass eine Offenlegung den Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention verletzen würde. Artikel 8 der Menschenrechtskonvention behandelt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Ein derartiger Einwand mag auf manche Förderbereiche wie beispielsweise die Empfänger von EU-Geldern aus dem europäischen Flüchtlingsfonds zutreffen. Dieser Einwand trifft allerdings sicherlich nicht auf die Empfänger von EU-Agrarsubventionen zu, da es sich hier im weitesten Sinn um landwirtschaftliche Betriebe, also einen beruflichen Bereich, keinesfalls aber um Privat- oder Familienleben handelt. Zu bemerken ist dazu auch, dass in anderen europäischen Ländern in denen sehr wohl ebenfalls die Menschenrechtskonvention anerkannt wird, die Liste der Empfänger von EU-Agrarförderungen ja bereits offen gelegt wird.

  • Verwaltungsaufwand für Offenlegung ist zu hoch

    Immer wieder wird der Einwand gebracht, dass der Verwaltungsapparat sowieso bereits überlastet ist und der zusätzliche Aufwand für eine Offenlegung nicht mehr leistbar ist.
    Da allerdings sowieso eine Erfassung und zentrale Verwaltung der Empfänger von EU-Agrarförderungen notwendig ist, kann der Aufwand der Veröffentlichung nicht mehr sehr hoch sein. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass es verschiedene europäische Länder bereits problemlos bewerkstelligen, diese Informationen bereit zu stellen.

  • Schadet dem Ansehen der EU und fördert Neid und Hass

    Immer wieder wird von den GegnerInnen der Transparenz im Bereich der Agrarförderungen behauptet, dass die Veröffentlichung der EmpfängerInnen von Agrarsubventionen etwa in Großbritannien nur Anlass zu polemischen Äußerungen gegeben hat, die den Zusammenhalt der EU gefährden würden. Befürworter der Offenlegung zitieren allerdings dasselbe Beispiel und meinen, dass erst aus der Veröffentlichung der Daten klar ersichtlich wurde, „dass zu einem großen Teil Nahrungsmittelkonzerne und Großunternehmen EU-Beihilfen erhalten und nicht – wie häufig vermutet – kleine landwirtschaftliche Betriebe“. (Bundesarbeiterkammer)

 

Argumente für Transparenz der Agrarsubventionen

  • Recht auf Information für Steuerzahler

    Die Steuerzahler haben ein Recht zu erfahren wie und wofür öffentliches Geld ausgegeben wird. Derzeit ist aber nicht erkennbar wer eigentlich von den Subventionen profitiert und welche Form der Landbewirtschaftung gefördert wird.

  • Demokratie

    Eine Meinungsbildung über die Vergabe von EU-Agrarfördermitteln ist nur möglich, wenn die tatsächliche Auswirkung sichtbar wird und nicht geheim ist. Nur eine Offenlegung der Empfänger der EU-Agrarsubventionen ermöglicht den direkten Blick auf die Vergabe. Nur so ist es den Bürgern und Bürgerinnen möglich mündig zu entscheiden, ob sie beispielsweise tatsächlich einen Massentierhaltungsbetrieb mit ihrem Geld fördern wollen oder nicht.

  • Bessere Kontrolle

    Jedes Jahr deckt der europäische Rechnungshof große und kleine Betrugsfälle auf – Förderungen für Projekte die es nicht gibt, Zahlungen für Straßen die nicht existieren. Derartige Fälle kosten Millionen und untergraben das Vertrauen der BürgerInnen in die EU. Eine Offenlegung der Liste der Subventionsempfänger würde derartigen Betrug enorm erschweren, da die Menschen der näheren Umgebung viel leichter beurteilen können ob beispielsweise eine Forststraße tatsächlich angelegt wurde oder nicht, als die Beamten in Brüssel oder von der jeweiligen Landesregierung.

  • Derzeit läuft im Bereich der EU-Agrarsubventionen viel falsch

    • Tierschutz: Die Vergabe der Agrarsubventionen ist in keinster Weise an Tierschutzstandards gebunden. Mit anderen Worten wird mit EU-Mitteln die Massen- und Intensivtierhaltung gefördert.
    • Umwelt- und Naturschutz: Subventionen werden viel zuwenig für eine Landbewirtschaftung eingesetzt die den Erhalt der Artenvielfalt, die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit oder die Reinhaltung von Boden, Wasser, Luft und Lebensmitteln fördern.
    • 3. Welt: Die Förderungen ermöglichen ein Preisdumping einer exportorientierten Landwirtschaft, das zur Gefährdung und Zerstörung der Lebens- und Ernährungsgrundlagen von Kleinbauern und ihren Familien im Süden führt.
    • Bäuerliche Landwirtschaft: Die Direktzahlungen benachteiligen jene, die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft erhalten oder gar neue schaffen. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft wird zerstört.

     


Quellen:

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