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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (28.09.2006)

Große Schweinerecherche 2006: Problemkreis Management


 

Unhygienische Bedingungen

Bundestierschutzgesetz

Tierschutzgesetz §15
Weist ein Tier Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung auf, so muss es unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes.

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.1
Die Schweinebuchten müssen sauber sein.

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.4
In geschlossenen Ställen muss für einen dauernden und ausreichenden Luftwechsel gesorgt werden.

Die jetzige Situation der Schweine:

In praktisch allen Betrieben herrschen unhygienische Bedingungen, gibt es kranke und tote Tiere. Die Luft ist beißend und durch die Unmengen an Kot ammoniakverseucht. Nach nur wenigen Minuten im Stall bekommt man Atemwegsbeschwerden und Schmerzen im Rachen. Den Schweinen geht’s nicht viel besser. Die meisten atmen schwer und rasselnd, viele haben Lungenentzündung. Offen wunde Stellen, Druckstellen vom Liegen oder Bisswunden durch ArtgenossInnen, verheilen nicht unter diesen Bedingungen. Täglich sterben die Tiere in den Schweinefabriken, die Mistkübel vor der Tür sind voll mit Kadavern, die von der Tierkörperverwertung regelmäßig abgeholt werden.

 


 

Elektrischer Treiber

Bundestierschutzgesetz

Tierschutz-Schlachtverordnung, Anhang A, II.3
Elektrische Treibstöcke dürfen nur bei bewegungsverweigernden Schweinen verwendet werden und nur, sofern die Stromstösse nicht länger als 2 Sekunden dauern, in zumutbaren Abständen gesetzt werden und die Tiere sich vorwärts bewegen können. Elektrische Treibstöcke dürfen nur an der Hinterviertelmuskulatur angesetzt werden.

Die jetzige Situation der Schweine:

Die Schweine werden mit elektrischen Treibern und Tätowiergeräten angetrieben!

Verbesserungsvorschlag des VGT: ein Ende von elektrischen Treibern!

 

 


 

Medikamente

Die jetzige Situation der Schweine:

Folgende Medikamente wurden gefunden, davon Antibiotika in allen untersuchten Betrieben

Medikament Prozent der untersuchten Betriebe
Antibiotika
100,00%
Entzündungshemmer
22,85%
Wehenbeschleuniger
11,38%
Psychopharmaka
7,74%
Narkotika
7,74%
Impfstoffe
2,37%
Cortison
13,20%
Antiparasitikum
12,29%
Brunstbeschleuniger
15,48%

Von den gefundenen Medikamenten sind einige der Wehenbeschleuniger, alle Hormone, Psychopharmaka, Narkosemittel, Cortisone und Impfstoffe illegal.

Verbesserungsvorschlag des VGT: Keine Medikamente für Schweine, außer bei veterinärmedizinischer Indikation, wenn sie durch TierärztInnen verabreicht werden!

 

 


 

Beschäftigungsmaterial

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.7
Ständiger Zugang zu ausreichenden Mengen an Materialien, die die Schweine bewegen können, wie z.B. Stroh, Heu, Holz, Sägemehl, Pilzkompost oder Torf, vorgeschrieben. Gilt ab 1. Jänner 2003 für neugebaute Betriebe, ab 1. Jänner 2013 für alle.

Die jetzige Situation der Schweine:

80,3% aller Schweine haben kein Beschäftigungsmaterial!

Folgendes Beschäftigungsmaterial wurde gefunden:

  • 7,6% der Schweine haben Ketten

  • 3,3% der Schweine haben Ketten mit Holz dran

  • 0,2% der Schweine haben ein Holzstück

  • 0,6% der Schweine haben Stroh

  • 0,9% der Schweine haben Autoreifen und Plastik

Was sagt die Wissenschaft?

Spielketten sind für Schweine keine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit. Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten müssen bearbeitbar, kaubar und abschluckbar sein, sowie keine Toxizität aufweisen. Nur so kann den angeborenen Bedürfnissen der Schweine zum Kauen, Wühlen und Erkunden Rechnung getragen werden. Schädigende Verhaltensweisen wie Schwanzbeißen oder orale Stereotypien vermindern sich, wenn den Tieren Zugang zu Stroh gewährt wird (EU-Kommission, Scientific Veterinary Committee aaO S. 36). Keinen Ersatz für Stroh bilden dagegen künstliche Materialien wie Ketten mit daran befestigten Holzteilen, Reifen, Holzklötze oder Bälle; das Erkundungsinteresse daran nimmt parallel zum Neuigkeitswert ab (EU-Kommission, Scientific Veterinary Committee S. 141 No. 11). (IGN*)

Die EU-Richtlinie 2001/93/EG v. 23.10.01 (Änderung der EU-Richtlinie 91/630/EWG) bezieht sich ausdrücklich bei der Erwägung der Gründe unter (4) auf die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses (v. 30.9.97), daß Schweine ihren Bewegungs- und Spürtrieb befriedigen sollten. Ferner heißt es im Anhang der EU-Richtlinie 2001/88/EG (v. 9.11.01) (Änderung der EU-Richtlinie 91/630/EWG) unter 4. „Schweine müssen ständigen Zugang zu ausreichenden Mengen an Materialien haben, die sie untersuchen und bewegen können, wie z.B. Stroh, Heu, Holz, Sägemehl, Pilzkompost, Torf oder eine Mischung dieser Materialien“. Deutlich wird, daß ausschließlich organische Materialien aufgezählt werden, die auch in Versuchen ihre lang anhaltende Attraktivität für die Schweine gezeigt haben, da sie zu vielfältigen Verhaltensweisen anregen (im Gegensatz zu künstlichen Gegenständen wie Ketten oder Autoreifen). Dieser Passus bezieht sich im übrigen ausdrücklich auf Schweine und damit nicht nur auf Sauen.
Eine Einstreu mit organischen Materialien wie Stroh ist als Beschäftigungsmöglichkeit künstlichen Angeboten weit überlegen, da es mannigfaltige Aktivitäten ermöglicht und von mehreren Tieren gleichzeitig genutzt werden kann. Ketten oder Gummireifen verlieren rasch an Attraktivität (können auch nicht manipuliert werden). Darüber hinaus stehen solche Angebote i.d.R. nur einzelnen oder wenigen Tieren zur Verfügung. (GÖT^)

Verbesserungsvorschlag des VGT: Verpflichtende Stroheinstreu und Beigabe von organischem Beschäftigungsmaterial!

 

 


 

Fenster

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.5
Die Fensterfläche muss mindestens 3% der Stallbodenfläche ausmachen.

Die jetzige Situation der Schweine:

45,4% der Schweine haben gesetzwidrig zu kleine oder gar keine Fenster!
0,05% der Schweine sind in Freilandhaltung!
0,83% der Schweine haben einen nicht überdachten Außenklimabereich!
0,28% der Schweine haben einen überdachten Außenklimabereich!
4,5% der Schweine leben in einem Außenklimastall!

Was sagt die Wissenschaft?

Tageslicht hat eine hohe Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Schweine. Eine Fensterfläche von nur 3% der Stallgrundfläche ergibt eine Beleuchtungsstärke von weniger als 15 Lux und bleibt damit weit hinter den 80 Lux zurück, die als notwendige Beleuchtungsstärke genannt werden. (IGN*)

Verbesserungsvorschlag des VGT: Außenklimabereich für alle Schweine!

 

 


 

Zähnekupieren, Schwanzkupieren, Kastration

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.10 1.
Für Schweine, die nicht älter als 7 Tage sind, und wenn der Eingriff nicht routinemäßig, sondern nur zur Vermeidung von weiteren Verletzungen am Gesäuge der Sauen, ist das Zähnekupieren durch Laien ohne Narkose erlaubt.

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.10 3.
Für Schweine, die nicht älter als 7 Tage sind, und wenn der Eingriff zur Vermeidung weiterer Verletzungen notwendig ist und wenn höchstens die Hälfte des Schwanzes entfernt wird, ist das Schwanzkupieren durch Laien ohne Narkose erlaubt.

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.10. 4.
Für Schweine, die nicht älter als 7 Tage sind und wenn der Eingriff mit einer anderen Methode als dem Herausreißen von Gewebe erfolgt, ist die Kastration durch Laien ohne Narkose erlaubt.

Die jetzige Situation der Schweine:

Ferkel bekommen routinemäßig von Laien ohne Narkose und Schmerznachbehandlung die Zähne und den Schwanz kupiert, und die männlichen Ferkel werden kastriert.

Was sagt die Wissenschaft?

Es liegen etliche wissenschaftliche Arbeiten vor, die belegen, daß die genannten Eingriffe auch in diesem Alter mit Belastungen der Jungtiere verbunden sind (Schmerzreaktionen etc.). Daher sollten die genannten Eingriffe grundsätzlich nur mit Betäubung durch fachkundiges Personal geschehen. Ferner mildern diese Eingriffe nur die Auswirkungen haltungsbedingter Belastungen, ändern aber nicht deren Ursachen. Bei einer Vorschrift von organischen Materialien als Beschäftigungsmaterial – wie es die EU-Richtlinie vorsieht – sollte ein Schwanzkupieren überflüssig sein. Bei einer Haltung von Sauen mit Bewegung im kompletten Reproduktionsstadium wird die Gefahr der Faktorenkrankheit MMA (Metritis, Mastitis, Agalaktie) und damit Milchmangel deutlich reduziert, sodaß ein Zähneschleifen nicht nötig ist. Ferner sollten einfache und kostengünstige Methoden entwickelt werden, den Ebergeruchsstoff am Schlachtkörper zu ermitteln, um mittelfristig eine routinemäßige Kastration überflüssig zu machen. (GÖT^)

Verbesserungsvorschlag des VGT: ein Ende von schmerzhaften Eingriffen durch Laien ohne Narkose und ohne Nachbehandlung der Schmerzen! Schwänze und Zähne dürfen nicht kupiert werden!

 

 


 

Nesteinstreu

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 3.5
Nesteinstreu ist nur dann vorgeschrieben, wenn dies im Rahmen des betrieblichen Gülle-Systems möglich ist, und selbst dann muss erst eine Woche vor dem Abferkeltermin eingestreut werden.

Die jetzige Situation der Schweine:

Nur 0,8% der Zuchtsauen haben beim Abferkeln genügend Nesteinstreu!
64,7% der Zuchtsauen haben beim Abferkeln überhaupt keinen Strohhalm zur Verfügung!

Was sagt die Wissenschaft?

Das Gebot, der Jungsau oder Sau in der Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin ausreichend Stroh oder anderes Material zur Verfügung zu stellen, ist sehr zu begrüßen. Das Nestbauverhalten stellt bei abferkelnden Sauen ein besonders dringendes Bedürfnis dar. Mit dem Nachsatz „... soweit dies nach dem Stand der Technik mit der vorhandenen Anlage zur Kot- und Harnentsorgung vereinbar ist“ wird dieses wichtige Gebot jedoch stark relativiert, und es entsteht die Gefahr, dass die Halter hierüber nach Belieben entscheiden. Das zum Nestbau erforderliche Material muss unabhängig von der Art des Haltungssystems zur Verfügung gestellt werden, da es nicht darum gehen kann, die Tiere dem Haltungssystem anzupassen, sondern umgekehrt das Haltungssystem den Bedürfnissen der Tiere entsprechen muss. (IGN*)

Verbesserungsvorschlag des VGT: Alle Sauen müssen ausreichend Nestbaumaterial vor dem Abferkeltermin zur Verfügung gestellt bekommen, egal welches Gülle-System auf dem Betrieb existiert!

 

 


 

Liegenest

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 4.1
Ein angemessen großer Teil der Bodenfläche für Saugferkel ist als Liegenest vorzusehen, auf dem alle Tiere gleichzeitig liegen können. Es muss eine geschlossene, trockene Oberfläche aufweisen und Schutz vor Unterkühlung z.B. durch Wärmelampen, Bodenheizung, Einstreu oder Abdeckungen bieten.

Die jetzige Situation der Schweine:

Folgende Arten von Ferkelnestern wurden gefunden:

  • 12,2% der Ferkel hatten Stroh und eine Wärmelampe

  • 5,0% der Ferkel hatten nur Stroh

  • 64,7% der Ferkel hatten nur eine Wärmelampe

  • 2,0% der Ferkel hatten Stroh und eine Heizmatte

  • 16,1% der Ferkel hatten Stroh und eine Box

Verbesserungsvorschlag des VGT: Das Liegenest der Ferkel muss Stroheinstreu haben!

 

 


 

Anbindehaltung von Zuchtsauen

Bundestierschutzgesetz

1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 5, 2.3
Seit 1. Jänner 2006 ist die Anbindehaltung verboten.

Die jetzige Situation der Schweine:

Bei 1 Betrieb wurde die gesetzwidrige Anbindehaltung von Zuchtsauen gefunden!
Bei 1 weiterem Betrieb gab es die Anbindehaltungen, ohne dass sie beim Besuch mit Schweinen besetzt gewesen wären!

 


 

Künstliche Besamung

Die künstliche Besamung erfordert abstruse und richtiggehend perverse Handlungsweisen von den SchweinehalterInnen. Die Sauen werden von den HalterInnen sexuell stimuliert, damit sie ihren Eisprung bekommen. Dafür sollen sich die HalterInnen auf die Sauen setzen, um die Umklammerung des Ebers beim Koitus nachzuahmen. Dazu werden den Tieren auch Säcke und Klammern um den Rücken gelegt. Der Eber wird auf Zuchtanstalten masturbiert und sein Samen wird mit der Post geliefert. Die HalterInnen verabreichen diesen Samen dann künstlich in die Vagina der Sauen. Dabei sollen die HalterInnen die Vagina 15 Minuten lang manuell bzw. mit Pipette direkt stimulieren, damit der Eisprung auch wirklich einsetzt. Dieser Besamungsvorgang muss zumeist mehrmals wiederholt werden, bis es tatsächlich zur Befruchtung kommt.

 


 

* IGN: Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (1978 von schweizer und deutschen WissenschaftlerInnen gegründet; Präsident: Prof. Dr. A. Steiger, Universität Bern, Institut für Genetik, Ernährung und Haltung von Haustieren, Abteilung Tierhaltung und Tierschutz, Bremgartenstr. 109a, CH - 3012 Bern)

^GÖT: Gesellschaft für Ökologische Tierhaltung (Vereinigung von WissenschaftlerInnen zur Durchführung von Forschungsvorhaben in der Nutztierhaltung; Geschäftsstelle: Dr. Bernhard Hörning, Fachgebiet angewandte Nutztierethologie und tiergerechte Nutztierhaltung, Universität GH Kassel, Nordbahnhofstr. 1 a, D-37213 Witzenhausen

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