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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (27.07.2010)

Wien, am 27.07.2010

Europäischer Gerichtshof hebt Handelsverbot für Robbenprodukte teilweise auf

Anfechtungen vor EuGH und WTO sollen EU-Robbenprodukteverbot zu Fall bringen

Das von der Europäischen Union im Vorjahr beschlossene Handelsverbot für Robbenprodukte ist bereits bei Einführung am 20.August vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) teilweise wieder aufgehoben worden. Der Präsident des EuGH ordnete eine Suspendierung des Verbots in einem Verfahren an, das mehrere kanadische und grönländische Inuit-Organisationen gegen die EU angestrengt hatten. Eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel stellte am Freitag, den 20.August, klar, dass das Verbot dennoch an diesem Tag in Kraft trete. Es werde vorläufig aber nicht auf jene „Parteien“ bzw. Organisationen angewendet, die vor dem EuGH geklagt haben.

Antrag auf einstweilige Verfügung

Die Ausnahmen bleiben so lange aufrecht, bis der EU-Gerichtshof über einen Antrag der Inuit-Vereinigungen auf einstweilige Verfügung entschieden habe. Eine Sprecherin der EU-Kommission wies darauf hin, dass das EU-Handelsverbot ohnedies Ausnahmen für die traditionelle Robbenjagd der Inuit und für die Jagd zu rein persönlichen Zwecken vorsieht. Außerdem müssten in dem Verfahren vor dem Gericht noch der EU-Ministerrat, das Europäische Parlament und die Kommission angehört werden. Die Streitparteien hätten dazu bis 7. September Zeit, anschließend könne der EU-Gerichtshof eine mündliche Anhörung in der Causa starten.

Eine der klagenden Organisationen, die im kanadischen Ottawa ansässige Vereinigung "Inuit Tapiriit Kanatami", begrüßte den vorläufigen Handelsstopp. Die Inuit-NGOs halten das Robbenpelz-Importverbot für „sowohl illegal als auch unmoralisch" und betrachten es als eine „komplett unberechtigte Aktion des Europäischen Parlaments".

Kanadas erbitterter Widerstand gegen den Robbenschutz

Im Zuge des Streits um die Robbenjagd in Kanada hat der dortige Ministerpräsident Stephen Harper das von der Europäischen Union verhängte Handelsverbot für Robbenprodukte scharf kritisiert. Das Verbot, das jetzt in Kraft trete, sei „eine Schande, da es nicht auf rationalen Fakten“ beruhe, ätzte der Staatschef. Die Maßnahme diskriminiere die kanadischen Robbenjäger, die für ein bescheidenes Einkommen hart arbeiten müssten, so seine Argumentation.

Kanada hat gegen das vom EU-Parlament im Vorjahr initiierte Importverbot für Robbenprodukte bereits Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. Auch Grönland überlegt einen solchen Schritt. Trotz der von der EU beschlossenen Ausnahmen fürchten zahlreiche Inuit-Organisationen ein Zusammenbrechen des Marktes für Robbenprodukte, von dem die von ihnen vertretenen Gruppen betroffen wären.

Wechselseitige Vorwürfe der Irrationalität

Das Vorgehen Kanadas und auch Norwegens, die bei der WTO Einspruch gegen das EU-Handelsverbot eingelegt haben, wird von vielen Beobachtern wiederum auch als irrational betrachtet. Das dadurch losgetretene juristische Prozedere wird nämlich weit mehr Geld verschlingen, als die Robbenjagd insgesamt einbringt. Umfragen in Kanada haben gezeigt, dass die Mehrheit der KanadierInnen dafür ist, das Geld in die Beendigung der Robbenjagd und die dazu erforderliche Begleitmaßnahmen zu investieren, statt es für kostspielige WTO-Verfahren zu verschwenden.

Rückblick auf das Jahr 2009

Das Europaparlament stimmte im Mai 2009 für einige überraschend für ein Handelsverbot für alle Robbenprodukte. Der Verordnungsentwurf verbietet den profitorientierten Verkauf von Robbenprodukten innerhalb der EU, der jetzt am 20.August in Kraft treten sollte.

EU-weite Regelung mit tierschutzethischer Intention

Diane Wallis von der liberalen Fraktion ALDE hatte als Berichterstatterin des Parlaments ursprünglich lediglich ein Kennzeichnungssystem für Seehundprodukte vorgeschlagen, das zeigen sollte, ob ein Produkt unter Wahrung bestimmter Auflagen und tierschutzethischer Minimalkriterien hergestellt wurde. "Das ging uns nicht weit genug und hätte nur die bereits bestehenden Handelsverbote vieler EU-Mitgliedsländer untergraben", kommentierte Jörg Leichtfried, österreichischer Europa-Abgeordneter und Mitglied in der „Animal Welfare Intergroup“. Auf Druck von Abgeordneten verschiedener Fraktionen konnte man sich auf eine schärfere Regelung einigen, nämlich das Handelsverbot, wie es jetzt schlagend wurde.

Drei Ausnahmen

In den Verhandlungen mit dem Rat wurden schließlich drei Ausnahmeregelungen ausbedungen. Der Handel mit Robbenprodukten würde dann weiter erlaubt sein, wenn sie aus der Jagd im Rahmen der Subsistenzwirtschaft der indigenen Bevölkerung in der Arktis stammen, wenn sie „in Einzelfällen für persönlichen Gebrauch importiert“ werden oder wenn es sich um „Nebenprodukte streng regulierter Jagd nach Maßgabe der nachhaltigen Meeresressourcen“ handelt.

"Wir hätten die letzten beiden Punkte gerne gestrichen, leider war eine konservative Mehrheit für diese Ausnahmen. Trotzdem ist es insgesamt ein guter Kompromiss", verteidigte EU-Abgeordneter Wolfgang Bulfon, Mitglied des zuständigen Ausschusses für Binnenmarkt und Konsumentenschutz, den Kompromiss.

In 30 Nationen Robbenprodukte verbannt

Insgesamt haben nun 30 Nationen den Verkauf von Robbenprodukten verboten, davon sieben der zehn für Kanada wichtigsten Exportländer.
Auch in den USA und Mexiko gilt ein ähnliches Handels-Embargo wie in der EU.

Nach Angaben der Europäischen Union wurden in den vergangenen Jahren weltweit jährlich bis zu rund 900.000 Robben getötet, davon 60 Prozent in Kanada, Grönland und Namibia. Und ein Drittel der daraus hergestellten Produkte wurde bislang in die EU importiert.

Robben-Produkte von Seehundfelljacken bis Holzclogs

Die Felle der Tiere wurden unter anderem zu Jacken, Hüten oder Motorrad- und Boxhandschuhen verarbeitet. Stiefel und Holzclogs mit Robbenfell sind ein beliebtes Mitbringsel aus skandinavischen Ländern. Das Material gilt als extrem wasserdicht. Das Fett der Tiere findet z.B. in den Omega-3-Öl-Kapseln Verwendung, die als trendiges Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden.

Nur der Handel mit Fellen von Baby-Robben war in der EU verboten. Nun geht es also um das völlige Embargo. Doch der Weg dahin war nicht einfach. Lange hatte die EU intern um ein Handelsverbot gestritten. Erst nachdem einige Staaten, darunter etwa Deutschland, mit einem Alleingang drohten, kam es im vergangenen Jahr zu einer Regelung auf EU-Ebene.

Genuin tierschutzethische Motivation

Bemerkenswert ist, dass es dabei in erster Linie um genuin tierschutzethsiche Erwägungen geht, und nicht etwa um Artenschutz und Arterhaltung, sind doch die Robbenarten, die in erster Linie gejagt werden, nicht etwa in ihrem Bestand gefährdet.

Tatsächlich fällt mit dem Embargo der größte Teil des europäischen Marktes für Robben-Produkte weg. Die Preise für Seehundfelle sanken schon im vergangenen Jahr deutlich, weil es immer weniger Absatzmöglichkeiten gab. Zum Teil wurden Felle verbrannt, um den Preisverfall zu stoppen. Gleichzeitig erhöhte beispielsweise Kanada noch im März dieses Jahres die Jagdquote für Sattelrobben in der Hoffnung, die Einkommensmöglichkeiten für die Robbenjäger doch noch zu erhöhen. Ein sinnlos-grausamer Teufelskreislauf: statt alternative Perspektiven für die ausklingende Berufsgruppe zu entwickeln und darin zu investieren, versucht man die Zeichen der Zeit zu ignorieren und kämpft mit dem widersinnigen Anheben von Abschussquoten gegen Windmühlen.

Die Jagd und der nicht kommerzielle Handel gehen dennoch - wenn auch beschränkt - weiter

So gibt es mit dem EU-Embargo also weiterhin Ausnahmen: Inuit dürfen die Produkte zu „nicht kommerziellen Zwecken“ weiterhin verkaufen, weil viele nach wie vor von der Robbenjagd leben und man strukturverändernde Maßnahmen vielfach verabsäumt hat. Doch auch für sie wird es immer schwerer, Robbenerzeugnisse – zum Beispiel an Touristen - zu verkaufen. Zu groß ist die Ablehnung und das Mitgefühl mit den Tieren inzwischen - zu viele Menschen haben die schrecklichen Bilder von mit Hacken erschlagenen Robben und blutgetränkten Eisschollen im Kopf.
Der weiterhin legale Import der Seehundfelljacke für den privaten Gebrauch, der Urlaubern weiterhin gestattet ist, ist damit unweigerlich im Abnehmen begriffen.

Außerdem dürfen unter anderem in Finnland, Schweden und Schottland auch weiterhin Robben gejagt werden. Das wird damit gerechtfertigt, dass diese Jagd dem Schutz von Fischbeständen diene – eine Sichtweise, die unter MeeresökologInnen freilich äußerst umstritten ist…


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