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Viele Fiakerpferde fristen ein völlig unnatürliches und belastendes Leben inmitten der Großstädte Wien, Salzburg und Innsbruck. Sie dienen als Touristenattraktion. Die Reizüberflutung der Stadt überfordert die Tiere. Scheuklappen sind die Regel, um den Fahrbetrieb überhaupt zu ermöglichen. Der VGT fordert die vollkommene Beendigung des Betriebs von Fiakerfuhrwerken in der Stadt.

Petition

Hitzefrei für Wiener Fiakerpferde ab 30 °C

Hinweis: Der folgende Inhalt dieser Seite in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (25.01.2017)

Wo gibt es überall Fiaker in Österreich?

Pferdekutschen – Ein rigoroses Festhalten an einer anachronistischen Tradition zum Leidwesen der Tiere.

Wien

In Wien gibt es ca. 30 Fiaker-Unternehmen. Standplätze gibt es in der Inneren Stadt am Stephansplatz, Michaelerplatz, Albertinaplatz, Petersplatz und Burgtheater/Volksgarten. Außerdem gibt es einen Standplatz beim Tor 2 des Wiener Zentralfriedhofs. Die Fahrer:innen müssen außerdem eine spezielle Kleidung tragen, welche der traditionellen Eigenart der Fiaker-Fahrer:innen entspricht. Dazu gehört unter anderem ein Hemd oder eine Bluse, Sakko oder Blazer sowie eine Melone1.

Salzburg

Heute gibt es in Salzburg nur mehr einen Standplatz am Residenzplatz vor der Alten Residenz. Die Salzburger Fiaker-Fahrer:innen sind meist in Salzburger Tracht gekleidet und fahren Tourist:innen zu Sehenswürdigkeiten entlang von zwei erlaubten Streckenvarianten. Es gibt in Salzburg derzeit fünf Fiaker-Unternehmen mit 14 Kutschen, wobei pro Kutsche etwa vier bis sieben Pferde zur Verfügung stehen2.

Innsbruck

In Innsbruck gibt es nur einen Fiaker-Standplatz hinter der Hofburg am Rennweg3 und ca. drei Fiaker-Unternehmen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Fiaker in Wien

Grundsätzlich unterliegt die Haltung von Pferden in Österreich dem Bundestierschutzgesetz bzw. der 1. Tierhaltungsverordnung. Hier ist unter anderem geregelt, wie die Tiere unterzubringen sind, wie viel Bewegungsfreiheit ihnen zusteht und wie sie zu ernähren und betreuen sind. In Wien gibt es außerdem das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz sowie zusätzliche Verordnungen dazu. Hier ist unter anderem festgelegt, dass die Tiere ab 35 Grad hitzefrei bekommen, die Arbeitszeiten für Pferde sind auf 18 Tage pro Monat und die Betriebszeit von 11 bis 22 Uhr beschränkt.

Hitzefrei

Auf Grund der immer höheren Temperaturen im Sommer gibt es Regelungen zum Schutz der Pferde bei großer Hitze. Der VGT setzt sich seit Langem für eine gesetzliche Regelung ein, die den Tieren bereits ab 30 Grad hitzefrei zuspricht, da sie bereits ab dieser Temperatur deutlich leiden.

Wien

2016 wurde das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz novelliert. Seither dürfen Pferde ab 35 Grad, gemessen an der ZAMG-Station Wien Innere Stadt, nicht mehr im Einsatz sein. Wird an einem Tag die 35 Grad-Marke geknackt, müssen die Fiaker nach Hause fahren und dürfen den restlichen Tag nicht mehr zurück kommen.

Salzburg

In Salzburg gibt es keine gesetzliche Regelung zur Hitze, jedoch hatte die Stadt Salzburg mit der Vereinigung der Fiaker eine Vereinbarung getroffen. Wenn bei der ZAMG-Messstelle Salzburg-Freisaal die 35-Grad Marke erreicht wird, fahren die Fiaker nach Hause und bei einer dementsprechenden Prognose sollten sie laut der Vereinbarung auch gar nicht erst ausfahren.19

Im Dezember 2020 wurde im Salzburger Gemeinderat eigentlich einstimmig eine Hitzefrei-Regel ab 30 Grad beschlossen. Der Wert sollte direkt in der Innenstadt gemessen werden. Der Antrag wurde von der Salzburger Bürgerliste eingebracht und sollte im Sommer 2021 in Kraft treten.4 Im Juni 2021 entpuppte sich der Beschluss allerdings als Nullnummer. Aufgrund des Kleingedruckten wurde lediglich beschlossen, über eine Änderung des Vertrages zu verhandeln, man könne die Fiaker zu nichts zwingen. Und die Fiaker fahren trotz des Beschlusses bei schweißtreibenden 30 Grad plus weiter aus.

Im Herbst 2022 beschloss der Bauauschuss des Salzburger Gemeinderats sogar auf skandalöse Weise eine Aufhebung der bestehenden 35 Grad Grenze – Dieser Vertrag ist von Mai 2023 bis Mai 2028 in Kraft, eine Klage eines deutschen Fiakers gegen diesen neuen Vertrag befindet sich momentan im Instanzenzug der Gerichte.

Innsbruck

Ein Genehmigungsbescheid der Stadt Innsbruck gibt vor, dass die Pferde hitzefrei bekommen, sobald das Thermometer an der Messstation Flughafen Innsbruck 32 Grad erreicht. Die Mobile Überwachungsgruppe (MÜG) kontrolliert die Einhaltung, bei Missachtung drohen Geldstrafen5.

Das Leiden der Pferde

Die Pferde müssen jederzeit abfahrbereit, also immer angeschirrt sein. Während dieser Zeit können sie niemals einen freien Schritt machen.

Pferde sind Fluchttiere. Ihr ganzer Körper ist auf viel Bewegung angepasst. Ewiges Stehen führt zu Problemen im Bewegungsapparat der Pferde.16, 17, 18

Die Pferde müssen durchwegs auf Asphalt gehen. Das hat gesundheitsschädigende Auswirkungen auf die Beine und Gelenke.18

Viele Pferde haben Fellabschürfungen, wenn das Geschirr nicht passt oder das Pferd unsachgemäß oder zu lange angeschirrt war.

Die Pferde stehen auf ihren Standplätzen im Sommer meist in der prallen Sonne. Oft wird das damit abgetan, dass Pferde Steppentiere wären, die die Sonne lieben und ihre Körpertemperatur gut regulieren können. Das ist zwar richtig, aber sie leben nicht in ihrer natürlichen Umgebung. In der Steppe würden sie kühlere Plätze aufsuchen, an ihren Standplätzen in Wien stehen sie den ganzen Tag eingespannt in ihr Geschirr. Auch die zusätzliche Hitzebelastung der Stadt darf nicht unterschätzt werden. Durch den Asphalt und die Häuser wird enorme Hitze abgestrahlt. Außerdem können die Pferde nicht immer trinken, wenn sie durstig sind, sondern nur dann, wenn der/die Fiaker-Fahrer:in Wasser bereitstellt, was nicht artgerecht ist.16

Das Pferd ist ein Fluchttier, es verwendet seine Sinne, um Gefahren zu orten. Um den Fluchtreflex der Pferde zu minimieren, werden die Augen mit Scheuklappen und die Ohren mit Ohrstöpsel versehen. Das ist für die Tiere eine starke Einschränkung.16

Am Beschlag der Fiakerpferde sind oft Mängel festzustellen: Nur ein paar Fiakerpferde haben Dämpfungen zwischen Huf und Eisen, was beim Gehen auf hartem Asphalt eine Schonung der Hufe und der Gelenke mit sich bringt. Leider ist diese Dämpfung nicht gesetzlich vorgeschrieben. Oft versuchen die Halter:innen die Beschlagsperioden möglichst lang hinauszuzögern. Bei Fiakerpferden werden die Eisen mit 8 statt mit 6 Nägeln am Huf befestigt, damit sie diese nicht so leicht verlieren. Der Griff, ein Eisensteg am Hufeisen, soll dazu dienen, dass die Fiakerpferde weniger rutschen. Doch dadurch steht das Pferd nur auf 3 Punkten, wodurch es einen schlechteren Halt hat.

Oft werden billige Pferde aus östlichen Ländern für den Fiakerbetrieb gekauft, die dann solange eingesetzt werden, bis sie körperlich komplett verbraucht sind. Darunter findet man immer wieder Pferde mit starken Fußfehlstellungen. Für diese Tiere ist das ständige Gehen auf Asphalt eine zusätzliche Belastung.

Fiakerpferde bekommen oft Maulkörbe umgebunden. Einige Pferde sind der völlig unnatürlichen Belastung nicht gewachsen. Sie werden aggressiv und schnappen nach Passant:innen oder nach ihren Pferdenachbarn. Stundenlanges Stillstehen ist keine Ausnahme. Als einzige Abwechslung bleibt das Beknabbern des Geschirrs. Einige Pferde können sich nie an die Belastung gewöhnen, diese sollten aus dem Fahrbetrieb genommen werden. Stattdessen verpasst man ihnen einen Maulkorb, um sie wieder einsatzfähig zu machen. Die Maulkörbe sind aus Plastik oder aus Leder mit Löchern oder Ritzen. Sie erschweren die Atmung und die Pferde sind in ihrem Sozialverhalten noch stärker eingeschränkt. Da das Tierschutzgesetz in § 5 (2) 10. verbietet, ein Tier einer Bewegungseinschränkung auszusetzen, sind Maulkörbe bei Pferden verboten.

Immer öfter wird den Pferden der Schweif am Gespann festgebunden, um zu verhindern, dass sie mit dem Schweif die Leine erwischen und festhalten. Für die Pferde ist dies eine starke Einschränkung in ihrem Verhaltensrepertoire und in ihrem Wohlbefinden, da sie den Schweif u.a. auch verwenden, um lästige Fliegen zu verscheuchen. Da das Tierschutzgesetz in § 5 (2) 10. verbietet, ein Tier einer Bewegungseinschränkung auszusetzen und in § 13 (3) vorgeschrieben ist, dass Tiere so zu halten sind, dass ihre Körperfunktion und ihr Verhalten nicht gestört werden, ist auch das Schweifanbinden verboten.

Immer wieder kommt es zu folgenschweren Unfällen mit Fiakern und Pferdefuhrwerken. Diese sprechen dafür, dass Fiakerpferde dem Stress nicht gewachsen sind. Kleinste nicht vorhersehbare Zwischenfälle können diese Fluchttiere in Panik versetzen, so dass es für die Kutscher:innen nicht mehr möglich ist, diese Tiere unter Kontrolle zu halten.16

Pferde bekommen an den Standplätzen kein Heu. Das ist sehr schädlich für den Stoffwechsel der Tiere, der eigentlich darauf ausgelegt ist, dass die Tiere normalerweise den ganzen Tag mit der Nahrungsaufnahme verbringen würden.15, 16

Die Tiere sind gezwungen, tagein tagaus neben Artgenoss:innen zu stehen, die sie sich nicht aussuchen können. Das ist nicht natürlich und entspricht nicht dem komplexen Sozialverhalten der Tiere. In einer natürlichen Umgebung würden Pferde zum Beispiel von rivalisierenden Tieren einfach weggehen bzw. könnten sich bei Streitigkeiten wehren. Angeschirrt an der Kutsche ist dies nicht möglich.17

Das Gesetz schreibt den Pferden zwar einen sogenannten freien Auslauf zu, dieser muss allerdings nur der doppelten Box-Größe entsprechen. Auch ein natürlicher weicher Untergrund ist nicht vorgeschrieben, ein Innenhof auf hartem Asphalt reicht laut Gesetz als freier Auslauf völlig aus. Die Pferde können sich dadurch nie auf natürliche Weise bewegen oder Sozialkontakte pflegen.

Den Pferden wird in den Boxen oft keine oder zu wenig Einstreu als Liegefläche zur Verfügung gestellt. Das Liegen auf hartem Untergrund ist unangenehm und schadet der Gesundheit der Pferde.

Die Arbeit des VGT

Demonstration in Wien

Der VGT engagiert sich schon seit vielen Jahren dafür, dass die Bedingungen für Fiakerpferde verbessert werden. Schlussendlich soll ein endgültiges Verbot dieser Tierqual-Tradition erreicht werden. In Wien gab es bereits zahlreiche Gespräche mit Tierschutzsprecher:innen der Stadtpolitik, dem Veterinäramt und der Tierschutzombudsstelle Wien. Außerdem hat der VGT 2018 die Allianz Pro-Fiakerpferde mitbegründet und sammelt seit Jahren mit einer Petition Unterschriften für bessere Bedingungen für die Tiere, wie etwa einer Hitzefrei-Regelung ab 30 Grad. Jedes Jahr finden zudem zahlreiche Demonstrationen und Medienaktionen gegen die Ausbeutung der Fiakerpferde statt. Seit vielen Jahren zeigt der VGT außerdem rigoros Gesetzesverstöße der Fiaker an.

Die häufigsten Übertretungen sind dabei:

  • Schweifanbinden und die Verwendung von Maulkörben
  • Überschreitungen der Betriebszeiten: In Wien dürfen die Fiaker erst um 10 Uhr aus ihren Stallungen in die Stadt fahren und frühestens um 11 Uhr auf die Standplätze auffahren. Spätestens um 22 Uhr müssen sie die Standplätze wieder verlassen haben und um 23 Uhr müssen sie zurück in ihren Stallungen sein.
  • Einsatz der Tiere an hitzefreien Tagen: In Wien müssen die Fiaker an einem Tag, an dem die ZAMG Messstelle Wien Innere Stadt 35 Grad erreicht, den Betrieb einstellen und nach Hause fahren. Dabei wird der fettgedruckte Wert der Spalte Temperatur Maximum der sogenannten Hitliste der ZAMG herangezogen. Bereits angefangene Fahrten dürfen noch zu Ende gebracht werden, es dürfen allerdings keine neuen Gäste mehr aufgenommen werden. Den restlichen Tag, auch wenn die Temperatur wieder unter 35 Grad sinkt, dürfen die Fiaker nicht mehr fahren.

Dabei kommt oft auch Hilfe aus der Bevölkerung, die Verstöße an den VGT meldet. Für eine Anzeige sind Angaben zu Ort und Art der Übertretung, Datum und Uhrzeit, die F-Nummer und Platzkarte (beide wie ein Kennzeichen hinten an der Kutsche montiert) und ein Beweis, z.B. eine:n Zeugen:Zeugin oder ein Foto, notwendig. Was dabei beachtet werden muss, ist im Artikel Wie anzeigen? noch einmal ausführlich zusammengefasst.

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