Bolivien führt konsequentes, weitreichendes Tiereinsatzverbot im Zirkus ein - vgt

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Bolivien führt konsequentes, weitreichendes Tiereinsatzverbot im Zirkus ein

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (15.06.2009)

Wien, 15.06.2009

Der Andenstaat wird zum weltweiten Vorreiter in Sachen Zirkus-Tierschutzgesetze

Der Andenstaat wird zum weltweiten Vorreiter in Sachen Zirkus-Tierschutzgesetze

Mitte Mai ist im südamerikanischen Andenstaat Bolivien ein völliges Verbot des Einsatzes von Tieren im Zirkus in greifbare Nähe gerückt – es steht kurz vor seiner Umsetzung. Anders als in Österreich, wo auch schon ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen besteht (mehr dazu weiter unten im Artikel), nicht nur ein Verbot von Wildtieren, sondern auch von domestizierten Haustieren.

Ein entsprechendes Gesetz ging auf Initiative der Kongressabgeordneten Ximena Flores durch den bolivianischen Senat und wartet auf die Absegnung durch den Präsidenten, um in Kraft zu treten. Die Tierschutzorganisation „Animal Defenders International“ deckte eine Reihe von erschütternden Fakten über die Realität der Tierhaltung im Zirkus auf, die sich weltweit in der Grausamkeit ihrer Praxis kaum unterscheidet – traurige Fakten, welche der bolivianischen Bevölkerung für die Zirkustierproblematik die Augen geöffnet haben:

Bären, Löwen und Affen in dauernder „Gefängniszellenhaltung“
So waren Löwen bis auf die 10 Minuten ihres kurzen Auftritts in der Manege den ganzen Tag im Käfig eingesperrt, ein Löwenjunges sogar rund um die Uhr. Die Löwen mussten durch brennende Reifen springen, selbst schwangere Löwinnen mussten die höchst stressigen Auftritte weiter mitmachen.
Braunbären wurden in winzigen Abteilungen eines Tiertransportwaggons gehalten – jeweils nur 2,5x3 Meter groß. Diese „Zellen“ durften die Bären nur für die kurze Dauer der Präsentation ihrer unfreiwilligen Kunststückchen – tanzen, totstellen und fahrradfahren – verlassen. Dabei treten die Bären gänzlich ohne Sicherheitsbarriere zum Publikum auf, sodass auch Menschen gefährdet waren.
Ein Mandrill-Affe, als Primat immerhin ein naher Verwandter des Menschen, musste in einem winzigen Drahtverschlag von 1,5x1,5m sein trauriges Dasein fristen.

Tierschutzorganisationen und Medien öffneten Bevölkerung die Augen
Die bolivianische Öffentlichkeit war entsetzt, als sie durch die medialen Berichte einen Blick hinter die Kulissen der Tierhaltung in solchen durchaus typischen Zirkussen machen konnte. Erste Städte, darunter La Paz und Santa Cruz, führten Verbote für den Tiermissbrauch im Zirkus ein. Und mittlerweile steht ein Verbot des Einsatzes von Tieren im Zirkus im gesamten Land kurz vor der Verabschiedung.
Damit wird Bolivien zum Vorreiter in Sachen Zirkus- Tierschutzgesetze nicht nur in Lateinamerika, sondern in der ganzen Welt. Eine fruchtbare Kooperation von Tierschutzorganisationen, engagierten Abgeordneten und Medien brachte es zustande, dass ein Meilenstein nicht nur im südamerikanischen, sondern auch im weltweiten Tierschutz gesetzt werden konnte.

Bolivien erhielt für diesen konsequenten Schritt im Sinne eines ethisch reflektierteren Umgangs mit Tieren anfang Juni einen internationalen Tierschutzpreis, einen „animal protection and conservation award“, welcher der Bolivianischen Botschaft in London übergeben wurde.

Tiere in der Unterhaltung: (Un)tradition mit langer Geschichte
Seit mehr als 100 Jahren werden Wildtiere als exotische Freaks in Zirkussen zur Belustigung der zahlenden BesucherInnen gehalten, und auch davor waren sie immer wieder Bestandteil fragwürdiger Unterhaltungsindustrien – von den barbarischen Tier-Gladiatorenkämpfen in den Arenen des Alten Rom bis zu den blutigen Tierhetzspektakeln und Tierschaukämpfen des Mittelalters und der früheren Neuzeit. Diese offensichtlich anachronistische Ansicht von Wildtieren als „Aufreger“ und „Hingucker“ im Zirkus führt zwangsläufig auch dazu, dass die Tiere im Zirkus aus einer ganzen Reihe von Gründen schwer leiden.

Warum Zirkus für Tiere alles andere als ein Spaß ist …

  • Alles andere als artgerecht
    Da ist zunächst der Umstand, dass ein Zirkus niemals genug Platz anbieten kann, um einem oft großen Wildtier genügend interessanten Lebensraum zu bieten.
  • Tiertransport Non-Stop
    Der Zirkus wechselt laufend von einem Ort zum anderen und die Tiere unterliegen damit einem lebenslangen Tiertransport. Erfahrungsgemäß verbringen die Tiere die allermeiste Zeit, wie auch die aktuellen Enthüllungen aus Bolivien wieder einmal bewiesen, in den Transportfahrzeugen. Bei Löwen ergab eine Studie aus Europa, dass sie 90% der Zeit im Transportwagen waren, und bei Elefanten zeigte sich, dass sie 300 Tage im Jahr ganztägig angekettet waren und keinen Auslauf hatten.
  • Viele der Wildtiere im Zirkus sind Wildfänge
    Das heißt sie wurden der freien Wildbahn entnommen, um jetzt statt frei zu leben, armselig als Belustigung für Menschen zu dienen.
  • „Lustige“ Kunststückchen nur durch brutale Dressur
    Große Wildtiere, die wesentlich stärker als Menschen sind, und meistens auch nicht immer mit derselben Bezugsperson zusammenleben, werden mit Gewalt dressiert. Sie müssen auf Abruf, oft sogar auf ein Signal hin, das nicht von einer Bezugsperson gegeben wird, wie eine Maschine ein gewisses Kunststück zeigen. Diese Dressur geht nur mit Gewalt. Die Folge ist, dass die Zirkustiere bei Gelegenheit immer wieder ihre Peiniger – oder auch unbedarfte ZirkusbesucherInnen – angreifen und töten.

Wildtier-Zirkusverbot in Österreich seit 2005
Aus all diesen Gründen wurde in Österreich der Einsatz von Wildtieren im Zirkus ab 1. Jänner 2005 verboten!
Österreich hat es damals als erstes Land in der EU geschafft und hiermit eine wichtige Vorreiter- und Vorbildrolle nicht nur innerhalb Europas übernommen. Mit einer regen Aufklärungs- und Informationsarbeit heimischer Tierschutzorganisationen wurde auf das große Leid der Zirkustiere hingewiesen: Lebenslanger Transport, ungenügende Haltungsbedingungen und das Abverlangen von Fertigkeiten, die diesen Tieren vollkommen fremd sind und teilweise nur mit härtesten Trainingsmethoden antrainiert werden können, ein auch nur im entferntesten Sinne arttypisches Leben ist im Zirkus nicht möglich. Diese Ansicht vertreten auch namhafte WissenschaftlerInnen.

Progressive gesetzliche Regelung in anderen Ländern Europas
Nicht zuletzt unter dem Eindruck des richtungsweisenden österreichischen Zirkus-Wildtierverbots trat nach einer 2jährigen Informationskampagne ungarischer Tierschutzorganisationen im September 2007 in Ungarn mit einer 3-jährigen Übergansfrist ein generelles Wildtier-Verbot für reisende Zirkusse in Kraft.
Aber auch in weiteren Ländern kam man zu der Ansicht, dass das kurzzeitige fragliche Vergnügen der Menschen in keiner Relation zu all dem Leid empfindsamer Tiere stehen könne. Kroatien hat mit dem neuen Bundestierschutzgesetz die Wildtiere im Zirkus verboten. Schweden, Finnland, Dänemark und die Tschechische Republik verbieten das Mitführen einzelner Tierarten. In Belgien müssen die Zirkustiere nach den Zoostandards gehalten werden, da dies in einem fahrenden Unternehmen aber so gut wie nicht durchführbar ist, hat sich auch hier die Zahl der Wildtiere im Zirkus drastisch gesenkt. In Großbritannien kämpfen TierschützerInnen für ein generelles Tierverbot in Zirkussen und sehen ihr Ziel in reichbarer Nähe.

Auch weltweit gibt es zahlreiche Fortschritte
Aber auch andernorts in Südamerika tut sich viel im Sinne der Zirkustiere: Auch in Boliviens Nachbarland Peru arbeitet die Regierung bereits an einer landesweiten Regelung. Und gegen den erbitterten Widerstand einiger Zirkusbesitzer hat Kolumbiens Haupstadt Zirkussen, die Tiere einsetzen, ein Auftrittsverbot erteilt. Die Entscheidung für den Tierschutz fiel, nachdem dem Stadtparlament von Bogota Videos von Zirkustieren außerhalb der Manege gezeigt wurden. Auch die brasilianische Stadt Porto Alegra verbietet Auftritte von Wildtieren im Zirkus.

Entwicklungen, die eindrucksvoll vor Augen führen, dass Tierschutz und Tierrechte auf der ganzen Welt im Kommen sind. Der globale, weltweite Fortschritt im Tierschutz ist nicht aufzuhalten.

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