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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (08.05.2006)

Wien, am 08.05.2006

Gutachten der oö Landesregierung: "Singvogelfang ist Tierquälerei"

Offener Brief an Tierschutz-Landesrätin

Sehr geehrte Frau Landesrätin,

da das von Ihnen in Auftrag gegebene Gutachten nun eingegangen ist, und auch einige der Verfahren wegen Tierquälerei §222 StGB aufgrund unserer Anzeigen gegen Vogelfänger bereits eingestellt wurden, laufen nun die Verwaltungsstrafverfahren an. Ich möchte Sie daher gerne fragen, wie Sie als oberste Vollzugsbehörde des Tierschutzgesetzes zur Grundfrage, ob der Vogelfang das Tierschutzgesetz verletzt, stehen.

1) Da ist zunächst der FANG der Vögel in Fallen.

§5 (2) 10. Bundestierschutzgesetz:
„[Es ist verboten] ein Tier […] einer Bewegungseinschränkung auszusetzen und ihm dadurch […] schwere Angst zuzufügen“

Ich zitiere aus Ihrem Gutachten:

"Zweifellos stellen der Vogelfang, das Verwahren im Leinensack und im Fangkäfig, sowie der anschliessende Abtransport einen hohen unmittelbaren Stressfaktor dar. Argument dafür ist insbesondere die wissenschaftliche Nutzung dieser Situation als standardisierte Stresssituation mit ausgeprägten physiologischen Reaktionen.

Die Trennung sozialer Bindungen durch den Wegfang von Individuen kann bei den in Freiheit belassenen als auch bei den gefangenen Vögeln zu ausgeprägten Stressreaktionen führen und die Überlebensfähigkeit sowie den Fortpflanzungserfolg beeinträchtigen.

Beim Fang ist allgemein unvermeidbar, dass die Tiere einer hohen Stressbelastung sowie einer gewissen unmittelbaren Verletzungs- und Todesgefahr ausgesetzt sind."

Zusammengefasst haben wir also eine "unvermeidbare hohe Stressbelastung", sowie "eine gewisse unmittelbare Verletzungs- und Todesgefahr" beim Fallenfang selbst. Der Abstransport im Fangkäfig wird als "hoher unmittelbarer Stressfaktor" eingestuft und die soziale Trennung von FreundInnen führt zu "ausgeprägten Stressreaktionen". Damit ist der §5 (2) 10 klar übertreten.

2) Die HALTUNG der Vögel in Einzelkäfigen zur Eingewöhnung, sowie in den Volieren.

§ 16 (1) Bundestierschutzgesetz:
„ [In der Haltung] darf die Bewegungsfreiheit eines Tieres nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier […] Leiden zugefügt werden, oder es in schwere Angst versetzt wird“

Ich zitiere aus Ihrem Gutachten:

"Die anfängliche Haltung frisch gefangener Vögel in Einzelkäfigen im Zeitrahmen von 2 Wochen bedingt eine erhebliche Bewegungseinschränkung.

Die anschliessende Eingewöhnung in die Gemeinschaftsvoliere und die Gemeinschaftshaltung selbst verursachen eine Reihe von Stressoren. Einzelne Individuen können chronischem Stress mit den genannten Folgen ausgesetzt sein.

In der Regel tritt keine oder nur eine geringe Gewöhnung der Tiere an derartige Stressoren [wie z.B. menschliche Annäherung und Fang als Äquivalent zur Raubfeindattacke] ein. Zum Beispiel reagieren Stare 2 oder 12 Monate nach dem Fang in gleicher Weise mit deutlichen Stressparametern (Corticosteron- und Herzschlaganstieg) auf die Annäherung von Menschen.

Eine hohe Dichte an Tieren oder die Gemeinschaftshaltung von mehreren Arten können insbesondere bei niederrangigen Individuen zu ausgeprägten und anhaltenden Stressreaktionen mit den genannten Folgen führen. Jede Veränderung der Gruppenzusammensetzung führt temporär zu einer Destabilisierung der Rangordnung und damit zu einer Verstärkung sozialer Stressoren, insbesondere bei neu hinzukommenden Tieren.

An das wiederholte Fangen mit Netzkäschern gewöhnen sich die Vögel nicht oder nur in geringem Umfang. Es stellt in jedem Fall eine akute Stresssituation dar. Die Reaktion der Vögel ist vergleichbar mit jener auf eine Raubfeindattacke."

Die anfängliche Haltung in Einzelkäfigen ist eine "erhebliche Bewegungseinschränkung" und der Umzug in die Voliere verursacht "Stress", u.U. sogar "chronischen". Die Annäherung von Menschen bleibt ein "Stress", "äquivalent zur Raubfeindattacke". Das Herausfangen der Tiere aus der Voliere bleibt eine "akute Stresssituation", "vergleichbar mit einer Raubfeindattacke". Den Tieren wird also Leid zugefügt und sie werden in schwere Angst versetzt, immerhin ist eine Raubfeindattacke ja die grösste Angstsituation, die sich denken lässt.

3) Die ÖFFENTLICHE AUSSTELLUNG der Singvögel.

§2 (2) Tierschutz Veranstaltungsverordnung:
"Wildfänge [...] dürfen weder ausgestellt, noch zum Tausch oder Verkauf angeboten werden."

Zitat:

"Die Prämierung und öffentliche Ausstellung unterbricht in gravierender Art die sukzessive Eingewöhnung der Vögel und setzt die Tiere einer Vielzahl von Stressoren aus. [...] Demzufolge sind die Prämierung und öffentliche Ausstellung als unverhältnismässig starke Stressbelastung für die Vögel zu beurteilen. Die öffentliche Ausstellung bedingt zudem zumindest für einen Teil der Vögel einen verlängerten Aufenthalt in Einzelkäfigen, was als ungerechtfertigte starke Stressbelastung zu beurteilen ist."

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

4) Die FREILASSUNG der gefangenen Singvögel.

§5 (1) Tierschutzgesetz:
"Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen [...]."

Zitate Gutachte:

"Für Kreuzschnäbel bedeutet die Haltung über den Winter jedenfalls eine Verminderung der Fitness (Fortpflanzungserfolg) durch den Verlust der winterlichen Brutperiode.

Kommt es zu einer Verschiebung, etwa der Gonadenreife, migrationsbezogener Rythmen oder der Mauser, kann das die Fitness des Vogels mindern und auch tödliche Folgen haben.

Insbesondere Verfettung und Muskelatrophie sind Folgen von Käfighaltung, die das Bewegungsvermögen und das Reaktionsvermögen gegenüber Predatoren beeinträchtigen können."

Das Aussetzen kann also auch "tödliche Folgen" haben, womit jedenfalls Schmerzen, Leiden und Schäden verbunden sind.

5) Schlussfolgerung:

Das von Ihnen selbst in Auftrag gegebene, wissenschaftliche Gutachten insgesamt stellt dem Vogelfang also ein vernichtendes Urteil aus und besagt eindeutig, dass der Singvogelfang dem Tierschutzgesetz widerspricht. Es ist mir bewusst, dass der Gutachter einige seiner obigen Aussagen etwas relativiert, indem er z.B. sagt der Fang mit Netzkloben sei "weniger stressig" als der Fang mit Japannetzen, aber das ändert nichts an der von ihm selbst bestätigten Tatsache, dass der Fang an sich "eine unvermeidbar hohe Stressbelastung" - und damit tierschutzgesetzwidrig - ist. Wenn das öffentliche Interesse als Rechtfertigung angegeben werden soll, warum den Tieren derartige eine schwere Angst, ein derartiges Leiden und derartige Schäden zugefügt werden dürfen, dann ist das sehr fragwürdig:

i) Wie im Gutachten selbst bestätigt, ist der Singvogelfang kein Brauchtum, es besteht also kein derartiges öffentliches Interesse.

ii) Ein etwaiges öffentliches Interesse an Ausstellungen von Singvögeln kann nicht angeführt werden, weil die Ausstellungen in jedem Fall explizit verboten sind und auch von Gutachter am negativsten beurteilt werden ("ungerechtfertigte starke Stressbelastung").

iii) Das öffentliche Interesse in Österreich ist mit Sicherheit in erster Linie jenes am Tierschutz, dass nicht einfach Singvögel gefangen werden dürfen.

Ich möchte Sie daher gerne fragen, wie die Behörden in OÖ sowohl mit den 22 Verwaltungsstrafverfahren gegen in flagranti erwischte Vogelfänger als auch mit der Ausstellung von Fangerlaubnissen in der nächsten Singvogelfangsaison umgehen werden. Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Hochachtungsvoll,

DDr. Martin Balluch
Obmann des Verein Gegen Tierfabriken

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