Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (04.05.2012)
Wien, am 04.05.2012Haustier Aktuell Wr. Neustadt - 21. und 22. April 2012
Wie dehnbar der Begriff der Tierliebe ist, zeigte diese Messe mit angeschlossener Reptilien- und Amphibienbörse auf drastische Weise
Unzählige Menschen stürmen in ihrer Freizeit diese Messe; bezahlen dafür, dass Tiere in winzigen Käfigen oder sogar Plastikbecherln für sie eingesperrt werden. Tiere degradiert zu Schauobjekten, würde mehr Achtung und Respekt für alle Lebewesen die vermeintliche Tierliebe ersetzen, würden diese Tierschauen bald ihr Ende nehmen.
AktivistInnen des Verein Gegen Tierfabriken waren an beiden Tagen vorort und wurden ZeugInnen unzähliger gesetzlicher Übertretungen und einer teilweise kaum zu überbietenden Ignoranz gegenüber Tierleid.
Verletzter Leguan – Farmzuchten
In der Welt der Grünen Leguane existieren keine Plastikwände. In Gefangenschaft laufen Leguane bei ihren ständigen Fluchtversuchen gegen die Plastik- oder Glaswand, offene Wunden auf ihrer Mundspitze sind die Folge. Und einer dieser verzweifelten, verletzten Tiere saß in einer Plastikbox auf der Börse. Hunderte Menschen sehen seine Wunde, sein Leid. Das Tier wird, obwohl es ganz offensichtlich in seiner Anpassungsfähigkeit überfordert ist, nicht aus dem Verkauf genommen.
Aber auch zwei Wasseragamen, die sich bereits in einem äußerst kritischen Ernährungszustand befanden, mussten die zusätzlichen Strapazen dieser Börse über sich ergehen lassen.
Die Färbung dieser Tiere lässt erkennen, dass sie wenn keine Wildfänge, dann doch aus sogenannten Farmzuchten kommen. Wildfänge dürfen auf Börsen nicht ausgestellt und verkauft werden, sehr wohl aber Tiere die aus „Farmzuchten“ in der Region ihres natürlichen Verbreitungsgebiets stammen. Da solche Tiere aber von Wildfängen praktisch nicht zu unterscheiden sind, unterläuft dieser Umstand die vorher genannte Bestimmung. Daher ist es dringend notwendig „Farmzuchten“ rechtlich Wildfängen gleichzustellen und deren Verkauf auf Börsen zu verbieten.
Fußfesseln für Papageien
Besonders erschreckend war auch die Tatsache, dass auf dieser Messe eine strengstens verbotene und äußerst tierquälerische Haltungsmöglichkeit für Papageien verkauft wurde. Dabei handelt es sich um eine Sitzstange die mit Fußfesseln ausgestattet ist. Die Papageien können so nur ein ganz kleines Stück auffliegen. Der Verkäufer pries diese Tierquälerei auch ganz offen an und betonte wie praktisch das doch sei, weil die Vögel dann nicht alles verdrecken könnten.
Huskys in Anbindehaltung
Als besondere Darbietung wurden an beiden Tagen Schlittenhunderennen angeboten. Dass die dafür angekarrten Huskys die Zeit zwischen den Rennen angebunden und somit eindeutig gesetzeswidrig gehalten wurden, schien hier allerdings niemanden zu stören. Das Tierschutzgesetz sagt eindeutig aus, dass Hunde auch nicht kurzfristig angebunden gehalten werden dürfen.
Zirkus Liberta
Als weitere „Attraktion“, vor allem für die kleinsten BesucherInnen, war der Katzenzirkus Liberta vorort. An beiden Tagen gab es je zwei Vorstellungen. Und auch hier schien das Tierschutzgesetz keinerlei Relevanz zu haben. Zwischen den Vorstellungen wurden die mitwirkenden Tiere einfach in ihre Transportbehältnisse gesteckt. Eine der Katzen hatte sogar Junge, die noch gestillt wurden, so saßen sie mit einer weiteren Leidensgenossin in ihrem Transportkäfig ohne Trinken und Essen und ohne ein Katzenklo. Dasselbe Schicksal teilte ein Haushuhn und eine kleine Maus.
Der Sturz eines Einsiedlerkrebses
Einem neuen offensichtlichem Trend entsprechend, Taschenkrebse oder Einsiedlerkrebse als Haustiere zu halten, werden diese immer häufiger bei Börsen zum Kauf angeboten. Die Einsiedlerkrebse werden in offenen Plastikboxen ausgestellt und türmen sich in Ecken zusammen. Ein Tier krabbelte am Samstag auf die Gehäuse der anderen und erreichte so den Boxenrand. Auf diesem hielt es eine kurze Zeit die Balance und fiel kurz darauf einen guten Meter hinunter auf den harten Betonboden. Ein Knall war zu hören, eine geschockte Messebesucherin teilte ihre Beobachtung dem Verkäufer mit. Dieser reagierte völlig phlegmatisch, hob das Tier auf, untersuchte es in keinster Weise auf evtl. Verletzungen, sondern setzte es in eine Extrabox, die wieder offen war, nur etwas tiefer auf einer Bank stand.
Über die Intelligenz und das Schmerzempfinden von Zehnfußkrebsen gibt es eine Reihe von anerkannten wissenschaftlichen Studien, diese waren Anlass, dass alle Paragraphen des Tierschutzgesetzes für Wirbeltiere und Zehnfußkrebse gelten. Ein Verfassungsgerichtshofurteil aus dem Jahr 2010 schreibt vor, wie diese Tiere ihrer Art entsprechend zu halten sind und ebenso müssten sie auch auf der Börse ausgestellt werden, mit Rückzugsmöglichkeit und Bodensubstrat.
Börsendauer
Auch
diese wurde auf sehr geschickte Art und
Weise umgangen. Die gesetzliche Zeitregelung
von höchstens 12 Stunden inklusive Ein-
und Ausbringen gilt nur für Wirbeltiere.
Die Börse wird trotz allem für zwei Tage
angemeldet, einer für Schlangen, der
andere für Echsen und Amphibien. Wirbellose,
die einen immer größeren Anteil der ausgestellten
Tiere einnehmen, können an beiden Tagen
ausgestellt und verkauft werden. Die
meisten AusstellerInnen haben ihren Verkaufsstand
für beide Tage gemietet. Dass vor allem
diese, die einen sehr weiten Anreiseweg
hinter sich haben, gleich alle Tiere
mitnehmen und diese die gesamte Zeit
über in den kleinen Ausstellungsbehältnissen
ausharren müssen, ist nahe liegend.
Sehr offen hingegen wurde die gesetzliche
Börsendauer mit dem Verkauf von vielen
verschiedenen Lurchen und aquatilen Fröschen
verletzt. Diese Tiere wurden an beiden
Tagen ausgestellt und zum Kauf angeboten.
Futtertiere
Mit der Haltung von Reptilien hängt auch das Leid von unzähligen sogenannten Futtertieren zusammen. Ein schauriges ununterbrochenes Klopfgeräusch ertönte schon weit vor einem Verkaufsstand mit „Futtertieren“. Heuschrecken in verschiedenen Größen, wurden tausendfach angeboten. Diese armen Tiere wurden dichtest zusammengedrängt in winzige Plastikboxen gesteckt. Die Tiere, die noch stark genug sind versuchten zu fliehen, bei jedem ihrer Hüpfer prallten sei gegen den Deckel, tausende mussten es sein, die es Stunde um Stunde probierten. Andere waren schon zu schwach, verletzte und tote sind in diesen Bechern immer zu sehen. Sie liegen zwischen ihren ArtgenossInnen und haben den Kampf um ihr Leben bereits verloren. Der Paragraph des Verbotes der Tierquälerei gilt für alle Tiere, also auch für Wirbellose, und alle Tiere haben, zumindest in der Theorie, das Recht ihrer Art entsprechend untergebracht zu werden.
Die leider schon üblichen Gesetzesübertretungen
bei solchen Veranstaltungen wie zu
kleine Ausstellungsbehältnisse, Katzen
in nicht geschützten Käfigen, fehlende
Rückzugsmöglichkeiten und Futter sowie
das Herumreichen von Tieren wurden
ebenso dokumentiert. Eine Anzeige mit
27 Gesetzesübertretungen wurde den
Behörden übermittelt.