Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (14.02.2019)
Wien, am 14.02.2019Expert_innen auf VGT-Pressekonferenz: es gibt viel zu viele jagdliche Wildtierfütterungen
VGT kritisiert Instrumentalisierung des Tierschutzes durch die Jägerschaft: verheimlichte Kehrseite der Fütterung ist der Massenabschuss im Herbst und ein viel zu hoher Jagddruck
Anlässlich der breiten Diskussion zur Gatterjagd, die bundesweit in Verbote mündete, sah die Jägerschaft offenbar die Notwendigkeit, ihr Image aufzupolieren. Dazu nutzte sie den heftigen Schneefall im Jänner in Österreich und verkaufte ihre massiven Winterfütterungen als den besseren Tierschutz. Manche Tierschützer_innen fielen darauf herein. Dabei hat gerade die Problematik Jagdgatter gezeigt, was für Tiertragödien die Fütterungen mit sich bringen. Nicht nur, dass sich die durch die Fütterungen überhohen Bestände in den Gattern ihre eigene Lebensgrundlage, den Wald, völlig zerstören. Zwingend kommt es im Herbst dann zu den großen Massakern auf der Treibjagd. Und das ist der eigentliche Grund dieser Fütterungen, nicht der Tierschutz: um möglichst viele kapitale Trophäenträger zum Abschuss im Revier zu halten.
Der VGT versucht daher, mehr Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen und lud für heute 3 anerkannte Expert_innen zu einer Pressekonferenz über die jagdlichen Fütterungen trophäentragender Wildtiere ins Cafe Landtmann:
Der ehemalige langjährige Jäger und Amtstierarzt, Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer, erzählte von den Jagdausflügen mit seinem Vater aus seiner Kindheit, als noch nicht gefüttert wurde. Und dennoch haben die Rehe und Hirsche damals die viel schneereicheren Winter überlebt. Er warnte vor der Domestizierung der Wildtiere durch die Fütterungen und forderte, dass ab dem 21. Dezember jede Jagd zu ruhen habe. In anderen Ländern ohne Revierjagdsystem würde die Jagdzeit deutlich kürzer sein. In Österreich dagegen werde das ganz Jahr über gejagt.
Universitätslektor i.R. der Veterinärmedizin Dr. Hans Frey erinnerte daran, dass es früher neben Reh und Hirsch auch den Elch, zwei gewaltige Wildrinderarten und Wildpferde in unseren Breiten gegeben habe, und dennoch sei eine erhebliche Artenvielfalt an Bäumen und anderen Vegetationsformen möglich gewesen. Doch Flora und Fauna würden heute nurmehr auf wirtschaftlich und jagdlich nutzbare Arten reduziert. Der Rothirsch habe Kultstatus. Auch er selbst sei in jungen Jahren von der Jägerschaft unter Druck gesetzt worden, jagdkritische Erkenntnisse aus der Ökologie zu verschleiern, damit die Jagd auf große Trophäenträger ungestört fortgeführt werden kann.
Zuletzt sprach Wildbiologin Dr. Karoline Schmidt und bezeichnete die Fütterungen als Gift. Sie würden nicht nur zu einer Zerstörung des Waldes, sondern auch zu großen Nachteilen für die gefütterten Wildtiere selbst führen. Erstens steige mit der Populationsgröße der Jagddruck und natürlich die Anzahl der erschossenen Tiere, und zweitens würde man damit die Hirsche und Rehe in naturwidrige Verhaltensweisen drängen, wie Nachtaktivität, frühe Flucht vor dem Menschen und den Aufenthalt in ungeeigneten Biotopen. Hirsch und Reh seien gut an den Winter angepasst und könnten ihn auch ohne Fütterung überstehen, wenn die Populationsgrößen angepasst wären und die Tiere im Winter nicht durch die Jagd gestresst würden.
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch will der Jägerschaft ihre Tierliebe nicht glauben: „Warum werden nur Hirsch und Reh, aber nicht z.B. Wildschwein oder Fuchs gefüttert? Alle Tiere haben im Winter größere Probleme, sich zu ernähren. Stattdessen werden Füchse ganzjährig geschossen. Und das völlig sinnlos, wie das Beispiel der Stadt Wien zeigt: da hat man auf 58.000 ha die Fuchsjagd völlig eingestellt, mit positiven Auswirkungen auf die Natur. Die rücksichtslose Fuchsjagd auch im Winter zeigt: die Fütterung von Reh und Hirsch dient bloß dem Trophäenkult, aber sicher nicht dem Tierschutz.“
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