Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (07.05.2020)
Wien, am 07.05.2020Beschwerde eines Tierschützers gegen Bescheid der DSB: Bürgerjournalismus erlaubt
Die Datenschutzbehörde (DSB) hatte zwar Bürgerjournalismus als legitimen Grund zur Datenverarbeitung anerkannt, aber auf die Auskunftspflicht bestanden
Welche Auswirkungen die Datenschutzgrundverordnung der EU auf die außerparlamentarisch politische Arbeit von Einzelpersonen hat, wird jetzt gerade juristisch ausgefochten. Insbesondere gegen die Investigativrecherchen von Tierschützer_innen richten sich zahlreiche Beschwerden bei der Datenschutzbehörde (DSB) von Tiernutzer_innen, allen voran aus der Jägerschaft. Laut österreichischem Datenschutzgesetz § 9 (1) sind ausschließlich Medienunternehmen privilegiert, derartige Recherchen durchführen zu dürfen, ohne denjenigen, über die sie recherchieren, etwas davon zu sagen. Nach der Anzeige eines Jägers gegen einen einzelnen Tierschützer hat die DSB entschieden, dass dieser für seine journalistische Arbeit z.B. für einen Blog oder einen Facebookbericht zwar Daten erheben darf – in diesem Fall eine Jagd filmen –, aber im Gegensatz zu einem Medienunternehmen müsse er darüber jene Personen, deren Daten er verarbeitet, wie z.B. die Jagdgesellschaft, darüber informieren, dass er das tue, warum er es tue, wer er selbst sei und was es für Rechte gebe, gegen ihn vorzugehen. Offensichtlich würde das allerdings echte undercover Recherchen verunmöglichen. Dagegen richtet sich also die Beschwerde des Tierschützers.
Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Fällen unzweideutig geurteilt, dass auch der Bürgerjournalismus für eine lebendige, liberale Demokratie sehr wichtig ist und daher nicht nur kommerzielle Medienunternehmen, sondern auch nicht-professionell journalistisch tätige Einzelpersonen aus der Auskunftspflicht nach dem Datenschutzgesetz auszunehmen sind. Der österreichische Gesetzgeber ist dem nicht nachgekommen. Um allerdings das österreichische Datenschutzgesetz EU-rechtskonform zu interpretieren, muss nur der Begriff „Medienunternehmen“ auch auf solche Einzelpersonen erweitert werden. Die Entscheidung über die Beschwerde des Tierschützers wird richtungsweisend für z.B. Blogger_innen sein, die nach dem Bescheid der DSB auch unter diese Auskunftspflicht fallen würden.
VGT-Obmann Martin Balluch dazu: Erfreulicherweise ist von der DSB bereits entschieden worden, dass der VGT und ähnliche Tierschutzorganisationen ein Medienunternehmen sind und damit das Medienprivileg nach dem Datenschutzrecht genießen, d.h. in ihrer journalistischen Tätigkeit nicht auskunftspflichtig sind. Aber auch der Bürgerjournalismus von Einzelpersonen gehört in dieser Weise geschützt. Es wäre ja absurd, großen Medienunternehmen mit viel Geld und Ressourcen derartige Privilegien zu geben, aber Einzelpersonen eine komplette Auskunftspflicht aufzubürden, auch wenn diese genauso ausschließlich aus journalistischen Gründen tätig sind. Das österreichische Datenschutzgesetz gehört in dieser Hinsicht dem EU-Recht angepasst.