Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (08.06.2020)
Wien, am 08.06.2020Blutstuten
Tausende Stuten werden in Südamerika für das Sexualhormon PMSG in ihrem Blut brutal ausgebeutet und misshandelt. Auch in Österreich kommt dieses Hormon in der Schweinezucht zum Einsatz.
Bei sogenannten Blutstuten handelt es sich um Stuten, die zur Gewinnung eines Keimdrüsen stimulierenden Sexualhormons gehalten werden. Dafür werden die Tiere immer wieder geschwängert und ihr Blut abgenommen. Das Hormon wird vor allem zur Synchronisation der Sexualzyklen von Sauen in der Landwirtschaft eingesetzt.
Definition
Equines Choriongonadotropin (auch PMSG, vom Englischen pregnant mare‘s serum gonadotropin) ist ein Hormon, das in der Plazenta von schwangeren Pferden gebildet wird. Es zirkuliert im Blut, kann im Urin allerdings nicht gemessen werden. Es wird vor allem in der frühen Schwangerschaftszeit (40. bis 140. Tag) gebildet. Wird das PMSG anderen Säugetieren verabreicht, tritt bei vielen Arten eine hormonelle Wirkung ein. Daher wird es zum Beispiel zur Brunstsynchronisation in der Schweinehaltung eingesetzt. Es sorgt also dafür, dass alle Schweine gleichzeitig in die Brunst kommen und zur gleichen Zeit schwanger werden, wodurch auch alle Ferkel ungefähr zu selben Zeit geboren werden. Da das PMSG für die meisten Tiere ein Fremdprotein darstellt, können durch die Verabreichung auch allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock auftreten. Eine Nebenwirkung kann außerdem die Bildung von Antikörpern sein, wodurch die erzielte Wirkung abnimmt1.
Gewinnung von PMSG
Die deutsche Animal Welfare Foundation und der Tierschutzbund Zürich haben das Blutgeschäft in Südamerika 2015 aufgedeckt und recherchieren und berichten seither regelmäßig über das Thema. In Südamerika, genauer gesagt in Argentinien und Uruguay, gibt es Blutfarmen, in denen mehr als 10.000 Stuten brutal misshandelt und ausgebeutet werden. Die Pferde werden immer wieder geschwängert. Da das Hormon nur in der frühen Schwangerschaftsphase produziert wird und die Fohlen nicht gebraucht werden, werden die Föten dann aber wieder abgetrieben. Den Stuten wird systematisch das Blut abgenommen, aufgrund dieses hohen und wiederholten Blutverlusts sind die Tiere anämisch und leiden oft an anderen Mangelkrankheiten. Verletzte, kranke und abgemagerte Stuten bleiben unversorgt und auf weiten Waldweiden sich selbst überlassen. Etwa 30 Prozent der Tiere scheiden jedes Jahr aus den Blutfarmen aus, weil sie entweder auf den Weiden sterben oder an Schlachthöfe verkauft werden, wenn sie nicht mehr schwanger werden. Diese Vorgänge werden in Uruguay und Argentinien nicht nur staatlich toleriert, sondern teilweise sogar subventioniert und von europäischen Pharmaunternehmen profitabel genutzt. Die europäischen Ferkelproduzenten setzen laut Animal Welfare Foundation PMSG für die Brunstinduktion und -synchronisation bei Sauen ein. Es soll außerdem zu einer Steigerung der Wurfgröße und Auslösung der Pubertätsentwicklung führen2.
Situation in Österreich
Auch in Österreich wird PMSG in der Schweinehaltung eingesetzt. In der EU ist es zwar verboten, Stoffe mit hormonaler Wirkung zu Mastzwecken zu verwenden, erlaubt ist allerdings die Verabreichung bestimmter Stoffe zu therapeutischen oder tierzüchterischen Zwecken. Es ist erlaubt, hormonelle Stoffe zur sexuellen Inversion und Brunstsynchronisation einzusetzen3. In Österreich regelt die Hormonverordnung den Einsatz von Hormonen in der tierischen Erzeugung. Demnach ist es in Österreich erlaubt, zugelassene Arzneispezialitäten zur Brunstsynchronisation einzusetzen4.
In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung durch das Gesundheitsministerium 2018 wird darauf hingewiesen, dass eine eigenständige nationale Regelung zur Vermeidung von PMSG nicht möglich ist, weil der Import von tierischen Erzeugnissen in die EU unionsrechtlich geregelt ist. Arzneispezialitäten, die PMSG enthalten, sind in Österreich zugelassen und damit auch im Einsatz. Allerdings haben die europäischen Hersteller von PMSG laut dieser Anfragebeantwortung bereits reagiert und beziehen das Blutplasma nur noch aus Europa und legen den Lieferanten bestimmte Verpflichtungen zum Schutz der Pferde auf. Außerdem gibt es bereits synthetisch hergestellte Alternativen. Welches Mittel in der Praxis zum Einsatz kommt, entscheidet der behandelnde Tierarzt. Die Anwendung von PMSG kann erst dann unterbunden werden, wenn es europaweit entsprechende praxistaugliche Alternativen gibt5. Wie die Erzeugung von PMSG in Europa aussieht wird allerdings nicht näher erläutert und es gibt keine Informationen darüber, welche Verpflichtungen zum Schutz der Pferde von den PMSG Herstellern verlangt werden.
Einkauf
Wer österreichisches Schweinefleisch kauft, kann also nicht ausschließen, dass bei der Erzeugung PMSG zum Einsatz kam. Eine Alternative bietet Bio-Fleisch. Im Bio-Bereich wird kein PMSG eingesetzt6. Label, die garantieren, dass kein PMSG zum Einsatz kam, wie sie in der Schweiz seit 2016 üblich sind7, gibt es in Österreich leider nicht. Wer auf einen gänzlich tierleidfreien Einkauf achten will, kann im Zweifel auf vegane Alternativen zurückgreifen.
Quellen
1 Flexikon: Equines Choriongonadotropin
2 Animal Welfare Foundation: Blutfarmen
6 LandSchafftLeben: Tiergesundheit und Antibiotika Schwein
7 Pferde-Revue: Blutfarmen: Wie hinter Mauern das Qualgeschäft weiter läuft