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Fitness Check der EU Tierschutzgesetze im Rahmen der Farm to Fork Strategie

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (31.07.2020)

31.07.2020

Im Rahmen der Farm to Fork Stategie, einem Eckpfeiler des European Green Deal, werden die EU-Tierschutzgesetze einem Fitness Check unterzogen. Der VGT hat dazu eine Stellungnahme eingebracht.

Die Farm to Fork Strategie (dt.: Vom Hof auf den Tisch) der Europäischen Kommission ist ein Eckpfeiler des European Green Deal, also dem Versuch, zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden. Mit der Strategie soll ein gesünderes und nachhaltigeres EU-Lebensmittelsystem geschaffen werden. Wichtige Punkte sind dabei die sichere Versorgung der Europäer_innen mit erschwinglichen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln, die Bekämpfung des Klimawandeln, der Schutz der Umwelt und Erhalt der Biodiversität, gerechte Einkommen in der Lebensmittelkette sowie die Ausweitung des ökologischen Landbaus.

Fitness Check

Das Europäische Parlament hat die Europäische Kommission im Zuge der Farm to Fork Strategie dazu aufgefordert, die bestehenden Tierschutzbestimmungen für sogenannte Nutztiere in der EU zu überprüfen. Danach wird überprüft, welche weiteren Aktionen notwendig sind, um die Tierschutz- und Nachhaltigkeitsziele des Green Deals bzw. der Farm to Fork Strategie zu erreichen. EU-Bürger_innen und Stakeholder wurden dazu aufgerufen, eine Bewertung dazu abzugeben. Der VGT war einer von insgesamt 170 Vereinen, Organisationen und Personen, die eine Stellungnahme eingebracht haben.

Evaluiert wurden die vier EU-Richtlinien zum Schutz von Tieren in der Landwirtschaft, Legehennen, Masthühnern, Schweinen und Kälbern sowie die zwei EU-Verordnungen zu Tiertransporten und zur Schlachtung.

Der VGT hat in seiner Stellungnahme vorweg auf das Vollzugsdefizit im europäischen Tierschutz hingewiesen, dem durch ein Verbandsklagerecht abgeholfen werden kann. Tiere können ihre Rechte nicht einklagen und es kann dies nach der aktuellen Rechtslage auch niemand in ihrem Namen tun. Diesen Missständen könnte durch ein Verbandsklagerecht begegnet werden, das es einem Verband bzw. Tierschutzverein gestattet, Klagerechte im Namen der Tiere in Anspruch zu nehmen, inklusive einer Berufung zum Europäischen Gerichtshof. Das würde dem Staat nichts kosten, aber Rechtssicherheit schaffen und sicherstellen, dass die Gesetze im Sinne der Tiere angewandt werden.

In weiterer Folge wurde auf fehlende Gesetze und Regelungen eingegangen. Nicht zu allen Tierarten gibt es eigene Spezies-spezifische EU-Mindestanforderungen. Diese müssen z.B. für Milchrinder, Mastrinder, Schafe, Ziegen, Puten, Wachteln, Enten, Gänse, Kaninchen und Fische ergänzt werden. Bei Milch- und Mastrindern muss insbesondere Regelungen bzw. ein Verbot von Anbindehaltung und Vollspaltenböden hinzugefügt werden.

Die allgemeine Nutztier-Richtlinie 98/58/EG muss um Verbote der Käfighaltung, Pelzfarmen und Qualzuchten erweitert werden und Eingriffe an Tieren nur noch unter Betäubung und Schmerzausschaltung erlaubt sein. Die negativ formulierten „fünf Freiheiten“ als Grundlage der EU-Tierschutzgesetze müssen durch die positiv formulierten „fünf Maßnahmen und Tierschutzziele“ ersetzt werden, um Tieren auch positive Erlebnisse und Wohlbefinden zuzusprechen.

Die Legehennen-Richtlinie 1999/74/EG muss um die Tierart der Wachteln, Junghennen und Elterntiere erweitert werden. Außerdem müssen Käfighaltungen für Legehennen, einschließlich ausgestalteter Käfige und Volieren mit Seitenwänden, grundlegend verboten werden. Das Schnabelkupieren, die erzwungene Mauser und das Töten von Eintagskücken muss verboten werden. Außerdem muss die Richtlinie den gesamten Lebenszyklus der Legehennen von der Brüterei bis zur Schlachtung umfassen.

Die Masthuhn-Richtlinie 2007/43/EG muss um die Tierarten der Enten und Puten und Elterntiere erweitert werden. Die Besatzdichten der Masthühner müssen herabgesetzt, Qualzucht verboten werden. Der Zugang zu Wasser und Einstreu muss gewährleistet sein, Sitzstangen und Außenraum müssen vorgeschrieben werden.

Die Schweine-Richtlinie 2008/120/EG muss den Schweinen mehr Platz zuschreiben. Eingriffe ohne Betäubung müssen verboten werden. Vollspaltenböden müssen explizit verboten und Einstreu vorgeschrieben werden. Kastenstände müssen verboten und durch freie Abferkelsysteme ersetzt werden.

Die Kälber-Richtlinie 2008/119/EG muss so überarbeitet werden, dass die Haltung in Einzelboxen, Vollspaltenböden und eine eisenarme Ernährung zur Erlangung weißen Kalbfleischs verboten wird. Außerdem müssen genauere Regelungen zu Eingriffen an Tieren geschaffen und dabei insbesondere die Enthornung verboten werden. Ein Systemwandel hin zu muttergebundener Aufzucht wäre ein wünschenswerter Schritt.

Die Tiertransporte-Verordnung Nr. 1/2005 ist unverständlich und widersprüchlich formuliert. Die meisten Bestimmungen sind nicht ausreichend determiniert und es kommt zu unzähligen verschiedenen Auslegungen. Die Verordnung muss daher dringend umformuliert bzw. neu geschrieben werden.

Die Schlacht-Verordnung Nr. 1099/2009 wird vielerorts nicht korrekt durchgeführt und eingehalten. Einige Problembereiche werden von der Verordnung nur unzureichend reguliert. Die Regelungen müssen so verschärft werden, dass Gewalt gegenüber Tieren am Schlachthof deutlich eingeschränkt und sanktioniert wird. Tierleid verursachende Methoden der Betäubung müssen verboten werden. Jeder Tötung muss eine Betäubung voran gehen. Auch das Töten von Wildtieren in der Jagd muss von der Verordnung umfasst werden.

Die gesamte Stellungnahme des VGT kann auf der Seite der europäischen Kommission nachgelesen werden. Eine umfassendere und noch tiefergehende Stellungnahme zum Thema Tiertransporte wurde aufgrund der Dringlichkeit des Themas außerdem in englischer Sprache vom VGT eingebracht.

Sendung zum Thema im Tierrechtsradio

In der Tierrechtsradio-Sendung vom 31. Juli 2020 erzählt Tierschutzreferentin Ines Haider über die Stellungnahme, die der VGT eingebracht hat. Die Folge kann hier als Podcast nachgehört werden:

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