Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (05.12.2008)
Wien, am 05.12.2008Große Untersuchung der EU-Schweinehaltung: furchtbare Zustände
ECFA hat von März-September 2008 insgesamt 60 repräsentative Schweinebetriebe in 5 EU-Staaten besucht und flächendeckend Gesetzesübertretungen festgestellt
Bei einer Studie der Zustände in den Schweinebetrieben der EU wurden überall tierquälerische Bedingungen und Gesetzesübertretungen gefunden. Die allermeisten Zuchtsauen leben in engen Gitterkäfigen, sodass sie sich nicht einmal umdrehen können. Die allermeisten Mastschweine sind in enge, überfüllte Buchten mit Vollspaltenböden ohne Stroh gesperrt.
Konkret wurde gefunden:
- Fast 100% der Schweine hatten routinemäßig kupierte Schwänze – obwohl das in der EU verboten ist!
- Sehr viele Betriebe hatten kein Beschäftigungsmaterial – obwohl das in der EU für seit 2003 gebaute Betriebe vorgeschrieben ist!
- Weiterhin werden trächtige und säugende Zuchtsauen in Kastenstände gesperrt – in der EU noch bis 2013 erlaubt!
Die Studie wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten (März – September 2008) durchgeführt und umfasste 5 EU-Staaten und insgesamt 60 Schweinebetriebe: 19 in Deutschland, 10 in Ungarn, 9 in Holland, 11 in Spanien und 11 in England. Der VGT hat bereits 2006 in Österreich eine große Studie mit 125 untersuchten Schweinebetrieben durchgeführt, und ähnliche Ergebnisse gefunden, siehe: http://www.vgt.at/schweine. Auf Basis der Resultate dieser beiden Studien ruft die ECFA die EU-Kommission und die Regierung von Österreich dazu auf, die EU-Richtlinien zu erfüllen und insbesondere sicherzustellen, dass den Tieren Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt wird, und dass die Schwänze der Ferkel nicht mehr routinemäßig kupiert werden. Sowohl die EU-Richtlinien als auch das österreichische Tierschutzgesetz müssen verschärft werden, um das Leid der Schweine zu verhindern.
EU-Gesetzgebung
Schwanzkupieren: Die Schwänze von Ferkeln werden abgeschnitten (kupiert), um das Schwanzbeißen zu vermeiden. Die EU verbietet das routinemäßige Schwanzkupieren – und dennoch wurde es in bis zu 100% aller Schweinebetriebe in manchen Ländern, wie z.B. in Österreich, gefunden. Auch die European Food Safety Authority hat in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 festgestellt, dass über 90% aller Ferkel kupierte Schwänze haben. Schwanzbeißen tritt dann auf, wenn die Tiere gelangweilt sind und in strukturlosen Buchten leben müssen.
Beschäftigungsmaterial: Das zur Verfügung Stellen von Kaumaterial und Stroh würde das Auftreten von Schwanzbeißen auch ohne Schwanzkupieren verhindern. Laut EU-Gesetz muss Beschäftigungsmaterial in allen Betrieben, die seit 2003 um- oder neugebaut wurden, geboten werden. In der großen Mehrheit der Betriebe ist das aber nicht der Fall.
Kastenstand: Körpergroße Gitterkäfige für trächtige Mutterschweine (Kastenstand bzw. Abferkelgitter) sind ab 2013 in der EU nur mehr in den ersten 4 Wochen der Schwangerschaft erlaubt. Schweden und England haben Kastenstände völlig verboten. Dennoch wurden Kastenstände für die gesamte Schwangerschaft bei den allermeisten Schweinebetrieben festgestellt. Nach dem Gebären kommt das Mutterschwein für 3-4 Wochen in ein Abferkelgitter, in dem sie ähnlich eng eingesperrt ist. Es gibt auch dafür viele funktionierende Alternativsysteme, in denen das Muttertier Zugang zu Nestbaumaterial hat.
2009 kommt neue EU-Schweine-Direktive
Im Jahr 2009 wird die bestehende EU-Direktive zu Schweinen einer Überarbeitung unterzogen. Die ECFA und der VGT fordern, dass folgende Verbesserungen in diese Direktive eingearbeitet werden:
- Ein komplettes Verbot von Kastenständen ab 2013 für die gesamte Schwangerschaft
- Ein Verbot von Abferkelgittern
- Ein Verbot schmerzhafter Eingriffe – Zähnekupieren und Kastration
- Durchsetzung des Verbots von Schwanzkupieren
- Vorschrift von Beschäftigungsmaterial verbessert und durchgesetzt
- Stroheinstreu und Verbot von Vollspaltenböden
- Mehr Platz
Die Europäische Nutztierschutzvereinigung ECFA ist ein Zusammenschluss von Tierschutzvereinen in der EU unter Koordination von Compassion in World Farming CIWF in England, die sich um den Schutz sogenannter Nutztiere kümmern. Die alleinige Österreich-Vertretung der ECFA ist der Verein Gegen Tierfabriken VGT.
Die gesamte Studie in Englisch