Sachverhaltsdarstellung zur Pöttelsdorfer Schweinemastbetriebsges.m.b.H. - vgt

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Sachverhaltsdarstellung zur Pöttelsdorfer Schweinemastbetriebsges.m.b.H.

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.06.1997)

03.06.1997

An die
Staatsanwaltschaft Eisenstadt
Wiener Str.9
7000 Eisenstadt

Laaben, den 2. 6. 1997

Einschreiter:   VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN
Verdächtigte:   Acht (oder mehr?) Betreiber der "Pöttelsdorfer Schweinemastbetriebsges.m.b.H."
7023 Pöttelsdorf
wegen:   § 222 StGB

SACHVERHALTSBEKANNTGABE

Der Staatsanwaltschaft wird folgender Sachverhalt zur Kenntnis gebracht mit dem Ersuchen um Überprüfung, ob der geschilderte Sachverhalt dem tatbildmäßigen Verhalten des § 222 StGB entspricht. Darüber hinaus wird ersucht, die für die Ahndung der landesrechtlichen Tierschutzbestimmungen (§ 2 (1), (2) und (3) Abs 1, 3 und 6, § 3 (1) und (2), §8 sowie § 13 und 14 Bgld. Tierschutzgesetz 1990)) zuständigen Stellen in die Ermittlungen einzubeziehen.

Die Verdächtigten oben genannter Pöttelsdorfer Schweinemastanstalt wurden von uns bereits am 7. November 1995 nach anonymer Zuspielung eines Videos sowie diverser Fotomaterialien wegen Tierquälerei angezeigt. Nun liegt uns neues Material vor, welches wiederum Zustände offenkundig werden läßt, die dem Tatbestand der professionell betriebenen Tierquälerei entsprechen dürften.

Ich möchte zunächst nochmals ganz allgemein die "Tier-Ungerechtheit", welche mit einer derartigen Art der Schweine-"Produktion" verbunden ist, folgendermaßen begründen: Schweine haben natürlicherweise ein sehr ausgeprägtes Verhaltensrepertoire und gehören zu den geselligsten und intelligentesten unter den Nutztieren. Sowohl ihre Intelligenz, als auch ihr Geruchssinn sind mit denen eines Hundes vergleichbar. Schweine suhlen sich gerne im Schlamm, nicht weil sie den Dreck so lieben, sondern als Abkühlmechanismus und zur natürlichen Parasitenbekämpfung. Der Schlamm wird dann an Bäumen abgekratzt, wodurch auch der Juckreiz behoben wird. Das Suhlen hat also hygienische Gründe.

Wenn man das Schwein seinen natürlichen Verhaltensweisen entsprechend leben läßt, so beweist es seinen Sauberkeitssinn: Es trennt Schlaf-, Freß- und Kotplatz so weit als möglich voneinander. Abends wird ein gemeinsames Schlafnest aus weichen Materialien errichtet; Stroh eignet sich dazu am besten. Der Kotplatz ist möglichst weit entfernt an einer höher gelegenen Stelle, um die Ausscheidungen nicht riechen zu müssen. Entsprechend ist die Qual der intensiv gehaltenen Schweine, wenn diese lebenslang über dem Gestank der eigenen Exkremente, auf nacktem Beton oder Spaltenböden eingepfercht sind.

Mehrere Stunden am Tag sind natürlich gehaltene Schweine aktiv, sie laufen herum, suchen nach Nahrung, wühlen, graben und fressen. In den Betonbunkern bekommen sie nur ein- bis zweimal täglich ihre eintönige Suppe in den Trog, den sie in wenigen Minuten leergefressen haben. Daraus resultiert dann u.a. auch ihr unbefriedigter Kautrieb sowie allgemein das gestörte Erkundungs- und Nahrungsaufnahmeverhalten. Auch sämtliche andere natürlichen Verhaltensweisen sind unter derartigen Zuchtbedingungen mittel- bis hochgradig gestört, wie etwa das Sozial- und Sexualverhalten, die Fortbewegung, das Ausscheidungsverhalten sowie das Komfort- und Ruheverhalten. Wegen der rationellen Flüssigfütterung wird oft auch noch auf eine zusätzliche Wasserversorgung verzichtet, damit die Tiere mehr fressen, was bei den zumeist extrem heißen Umweltbedingungen in den Massenställen zu qualvollem Durst führen kann!

Nachdem es sich in vorliegendem Fall um einen spezialisierten Mastbetrieb handelt, wird auf die Beschreibung der nicht artgerechten Haltungsbedingungen der modernen Vermehrungs- und Aufzuchtbetriebe großteils verzichtet. Dennoch sei darauf verwiesen, daß die Betreiber der obtgenannten Schweinmastanstalt in ihren Stammbetrieben Sauenzuchtanlagen betreiben, wo die Tiere zumeist in artwidrigen Kastenständen dahinvegetieren müssen. Nach dem zumeist viel zu frühen Absetzen von der Muttersau werden die Ferkel in Gruppen bis zu einem Alter von ca. 10 Wochen aufgezogen und dann erneut umgestallt; und zwar in den besagten Schweinemastbetrieb etwas außerhalb von Pöttelsdorf. Dies bedeutet zunächst neuerlich Streß durch Verladung, Transport und Entladung in den Endbetrieb (sieht man vom Schlachtbetrieb ab) mit entsprechenden Rangordnungskämpfen, Verletzungen und "Ausfällen". In diesen spezialisierten Mastanstalten steht den Schweinen dann bis zur Schlachtreife durchschnittlich nur wenig mehr als ein halber Quadratmeter "Lebensraum" zur Verfügung (das entspricht etwa dem Platz einer halben Telefonzelle!). In den meisten Fällen, so auch im vorliegenden Betrieb, wird diese Mastzeit auf sog. Beton-Vollspaltenböden verbracht, dauernd dem Ammoniak, sonstigen giftigen Dämpfen und den Aggressionen der Artgenossen ausgesetzt, denen sie sich nicht entziehen können.

Durch die negativen Haltungsbedingungen wie Reizarmut und sozialer Streß wird das Immunsystem des Einzeltiers zusätzlich stark geschwächt. Die hohe Besatzdichte in der intensiven Schweineproduktion ruft auch einen starken Keimdruck hervor. Die gesundheitlichen Folgen dieser Haltungsform können daher gravierend sein: chronische Erkrankungen der Atemwege, Husten und Lungenentzündungen, schmerzhafte Nasenverkrümmungen ("Schnüffelkrankheit"), Magen- und Darminfektionen sowie schwere Klauen-und Gelenksverletzungen sind nur einige Beispiele. Oft sieht man Tiere vor lauter Schmerzen nur noch im "Hundesitz" auf den Hinterschenkeln dahinvegetieren!

Bereits im Ferkelalter werden den Tieren die Schwänze kupiert, um späteren Verletzungen, bedingt durch Aggressionen, Reizarmut, schlechtes Stallklima und nicht artgemäße Fütterung "vorzubeugen". Dennoch kommt es unter derartigen Bedingungen gehäuft zum sog. Kannibalismus, wie auch im vorliegenden Betrieb durch diverses Bildmaterial belegt wurde: Die Tiere beißen sich offensichtlich gegenseitig Schwänze oder Ohren ab, bis sich die betroffenen Individuen nicht mehr zur Wehr setzen können (weil auch die nötigen Rückzugsmöglichkeiten fehlen). Die Folgen sind eitrige Entzündungen bis hin zu Abszessen im Rückenmark, welche zu Querschnittslähmungen führen (die Tiere robben dann nur mehr auf den Vorderbeinen dahin!), an deren Folgen sie meist langsam und qualvoll verenden.

Im verdächtigten Betrieb wurden wiederholt sämtliche der oben beschriebenen Tierquälereien beobachtet: Die Tiere werden durchwegs ohne Einstreu oder auch nur sonstiger Beschäftigungsmöglichkeiten auf Beton-Vollspaltenböden gehalten. Viele Tiere leiden offensichtlich auch an chronischem Husten. Einige Tiere waren offenbar so geschwächt oder verletzt, daß sie nicht mehr aufstehen konnten. Bei mindestens drei Tieren wurden Anzeichen von "Kannibalismus" festgestellt, d.h. die Schwänze oder Ohren waren angebissen. Ein Tier hatte auf der linken Seite ein komplett und rechts ein teilweise abgebissenes Ohr, welche allerdings schon vernarbt waren.

Es liegen uns Aufnahmen von einem schwerkranken Tier (mit schwer entzündeten Gelenken, es war nicht mehr fähig, aufzustehen), sowie von mehreren verendeten Tieren vor dem Stallgbäude (in der freien Natur - bitte um Überprüfung wegen Seuchenrecht!) bzw. im Müllcontainer vor. Desgleichen besitzen wir Beweisaufnahmen von zwei Jungschweinen mit einem kindskopfgroßen Nabelbrüchen und einem mit einem offensichtlichen Hodenbruch als Folge einer laienhaften Kastration.

Neben dem toten Schwein in freier Natur war auf dem Bildmaterial ein lebendes, offenbar ein sog. Kümmererschwein mit extrem aszitisch aufgetriebenem Bauch und eingefallener Brust zu sehen. Offensichtlich wurde dieses Tier zu dem Zweck nach draußen gebracht, um es zugleich mit den bereits toten Artgenossen von der Tierkörperverwertung abholen zu lassen...

Das neueste Foto- und Videomaterial, welches auch vom ORF und von mehreren Fotoreportern dokumentiert wurde, zeigt, wie wiederum ein totes Schwein in der Wiese völlig ungeschützt hinter den Stallungen liegt und bereits schwerste Anzeichen von Kannibalismus aufwies: Das halbe Hinterteil war regelrecht muldenförmig in die Gedärme hinein angefressen! Es könnte sich hierbei entweder um eine (haltungsbedingte) Extremform von Kannibalismus handeln, oder um das - wohl ebenso ungesetzliche - Verbringen der Tierleichen in die freie Natur, wo sie von Wildtieren angefressen wurden...

Beweis: * Fotos, die wir auf Wunsch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellen können
beizustellende Videoaufnahmen
  * Lokalaugenschein
  * Dr. Franz-Joseph Plank
  * beizustellende Literatur über das Verhalten der Schweine, wie z.B.:
A. Haiger, R. Storhas, H. Bartussek: NATURGEMÄSSE VIEHWIRTSCHAFT. Ulmer 1988
Alternative Konzepte Bd. 78: ARTGEMÄSSE SCHWEINEHALTUNG. Verlag CF. Müller 1992
M. Rist u.a.: ARTGEMÄSSE NUTZTIERHALTUNG, Verlag Freies Geistesleben Stuttgart 1987
H.H. Sambraus, E. Boehncke (Hrsg.): ÖKOLOGISCHE TIERHALTUNG. C.F. Müller 1986
Arbeitsgemeinschaft Kritische Tiermedizin: ANFORDERUNGEN AN DIE ARTGEMÄSSE HALTUNG LANDWIRTSCHAFTLICHER NUTZTIERE, AGKT 1991,
G. Martin, D.W. Fölsch: ARTGEMÄSSE NUTZTIERHALTUNG UND ÖKOLOGISCH ORIENTIERTE LANDWIRTSCHAFT, TH 19, Birkhäuser 1989
A. Horstmeyer, A. Vallbracht: ARTGERECHTE SCHWEINEHALTUNG - EIN MODELL. TH 20, Birkhäuser 1990

Die tierschutzrelevante Vernachlässigung und somit rohe Mißhandlung der Tiere, die mit unnötigen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist, ist in gegenständlichem Fall offensichtlich (§ 2 (2) Bgld TSG). Desgleichen besteht der dringende Verdacht, daß beim Halten der Tiere des Verdächtigten deren Unterbringung, Tränkung (keine Tränkenippel!) und deren Pflege so stark vernachlässigt wurden, daß den betroffenen Tieren offensichtlich Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt wurden. Zudem wurde das artgemäße Bewegungsbedürfnis unnötig eingeschränkt (§ 2 (3) Bgld TSG).

Der Einschreiter stellt daher den

A n t r a g

die Staatsanwaltschaft Eisenstadt möge den beschriebenen Sachverhalt untersuchen und unter dem Blickpunkt der § 222 StGB würdigen, um in der Folge gegen die Verantwortlichen entsprechende Strafverfahren einzuleiten. Desgleichen wird angeregt, etwaige Verletzungen des Wasser- bzw. Umweltrechts zu überprüfen, die mit dem Verbringen von verwesenden Tierleichen in die freie Natur verbunden sind.

VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN
vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Franz-Joseph Plank

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