Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (05.08.1999)
Wegen Tierquälerei zu 1000 Mark Strafe verurteilt
Viehhändler transportierte verletzten Jungbullen / Notgeschlachtet
Wegen Tierquälerei verurteilte das Amtsgericht einen Viehhändler zu einer Geldstrafe von 1000 Mark. Der Angeklagte soll einen Jungbullen mit einem offenen Schienbeinbruch zum Schlachthof transportiert haben, obwohl das Tier als transportunfähig gelten musste. Das Tier hätte notgeschlachtet werden müssen.
Der Viehhändler aus Stamsried war zu einem Landwirt gerufen worden, um einen Jungbullen zum Schlachthof zu bringen. Dem Bauern war beim morgendlichen Füttern aufgefallen, dass der knapp einjährige Bulle lahmte. Daraufhin entschied er sich, das Tier zum Schlachten zu geben. Der Viehhändler hingegen hatte nicht bemerkt, dass das Tier verletzt war. Im Gegenteil. Vielmehr sei der Bulle aus freien Stücken auf den Viehhänger gegangen.
"Wenn ich in der Woche 30 bis 50 Stueck Vieh transportiere, kann ich beurteilen, ob ein Tier transportfähig ist oder nicht", sagte der Angeklagte. "Der Bulle war transportfähig." Einen offenen Schienbeinbruch habe er nicht erkennen können. Als der Transporter drei Stunden später nach einem Zwischenstop beim Schlachthof ankam, lag das Tier im Hänger und konnte nicht mehr aufstehen. Der zuständige Tierarzt diagnostizierte eine offene Fraktur und entschied, das Tier müsse notgeschlachtet werden.
Das Gericht warf dem Angeklagten vor, die Schwere der Verletzung nicht erkannt zu haben. Der Viehhändler hätte wissen müssen, dass der Jungbulle noch auf dem Hof des Besitzers hätte notgeschlachtet werden müssen. Als Hinweis, dass der Bulle schon vor seinem Transport schwer verletzt gewesen sein müsse, wertete das Gericht die Tatsache, dass das Tier im Alter von einem Jahr noch nicht ausgemästet gewesen sei. Normalerweise würden Bullen erst zwischen 16 und 18 Monaten geschlachtet. Es müsse also für den Landwirt ein wichtiger Grund vorgelegen haben, dass er den Bullen so früh habe schlachten lassen.
Der angeklagte Viehhändler vermutete, dass sich der Bulle seinen Bruch bei der Fahrt auf dem Hänger zugezogen habe. Eine Möglichkeit, die auch der Tierarzt vom Schlachthof nicht ganz ausschließen konnte. Letztlich konnte die Richterin dem Viehhändler nicht beweisen, dass er die Verletzung beim Aufladen übersehen hatte.
Der Staatsanwalt hinterfragte die Praxis, beim Lahmen nicht den Tierarzt zu Rate zu ziehen, sondern das Tier gleich zum Schlachthof zu bringen. "Es ist traurig genug, dass ein Tier nur den kaufmännischen Betrachtungen des Landwirtes und nicht des Tierschutzes unterliegt." Er forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 80 Mark.
Vieles spreche dafür, dass der Bruch erst nach Verlassen des landwirtschaftlichen Betriebes aufgetreten sei. Und dafür könne der Transporteur nichts, meinte der Verteidiger. Ausserdem sei die Tierschutztransportverordnung noch sehr jung. Er forderte für seinen Mandanten eine geringe Geldstrafe.
Der Viehhändler stand nicht zum ersten Mal wegen des Vorwurfs der Tierquälerei vor Gericht. Vergangenes Jahr wurde er aufgrund eines ähnlichen Vergehens zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Richterin war davon überzeugt, dass der Viehhändler von der Verletzung vor dem Transport etwas bemerkt haben müsse. Eine vorsätzliche Tierquälerei konnte das Gericht jedoch nicht beweisen.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung, 04.08.1999