Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (11.11.1999)
Das wahre Schicksal der Martini-Gans
Wie jedes Jahr wird man auch heuer wieder vor fast jedem Gasthaus mit marktschreierischer Propaganda für die traditionelle "Martini-Gansl" zwangsbeglückt. Doch was ist eigentlich an dem, zum Gedenken an den Landespatron des Burgenlandes, abgehaltenen Festmahl noch traditionell?
Die "glückliche" Freiland-Gans vom Nachbarbauern kommt ja schon seit langem nicht mehr auf den Tisch. Es gibt zwar in Österreich praktisch keine Gänse-Massentierhaltungen, wie man sie von anderen Tierarten kennt, und auch die brutale "Behandlungsmethoden", wie das Lebendrupfen oder Stopfen, sind in Österreich verboten. Doch nur knapp 8% des österreichischen Bedarfs werden von heimischen Betrieben gedeckt. Der Rest wird importiert, zumeist aus Frankreich, Ungarn, Bulgarien, Polen oder Israel. Und dort sind die Gänse keineswegs durch Gesetze geschützt.
Bei der üblichen Gänsemast in diesen Ländern müssen die Tiere viele Grausamkeiten erdulden, bevor sie auf unseren Tellern landen (immerhin 280.000 Tiere wurden letztes Jahr bei uns verspeist). Damit die möglichst schnell zunehmen, werden viel zu viele Tiere auf engstem Raum in unnatürlicher, schädigender Umgebung gehalten. Bereits durch die Hochleistungszucht wird nur auf möglichst schnelle Gewichtszunahme Wert gelegt, mit all den schmerzhaften Nebenwirkungen - Gelenksentzündungen, Knochenbrüche, Atemnot, etc. Die Mastdauer, bei Freilandgänsen mindestens 20 Wochen, wird auf ca. 10 Wochen reduziert.
Zumeist sind die Martini-Gänse auch LieferantInnen für die Gänsestopfleber, ein besonders grausames Produkt menschlicher Genußsucht: Bevor diese pathologischen Organe auf den Tellern herzloser Gourmets landen, müssen die Gänse ein mehrwöchiges Martyrium über sich ergehen lassen. Mehrmals täglich wird ihnen ein ca. 50 cm langes Metallrohr durch den Hals bis in den Magen eingeführt. Durch dieses Rohr wird täglich 1 kg verquollener, stark gesalzener Maisbrei in den Magen gepumpt. Diese Menge entspricht ca. 20% des Körpergewichts der Tiere. Stellen Sie sich vor, Sie müßten täglich 1/5 Ihres Gewichts essen! Bei dieser Prozedur kommt es häufig zu schweren Verletzungen der Speiseröhre. Bei falscher Dosierung der Futtermenge platzt der Magen der Tiere, worauf sie grausam verenden. Die krankhaften Lebern der Stopfgänse wiegen mit über 1 kg bis zu 13-mal soviel wie gesunde Organe (ca. 100g). Das hat zur Folge, daß sich ihre Leber um mehr als das Zehnfache vergrößert. Auf einen Menschen umgelegt, würde das ein Lebergewicht von 20 Kilogramm bedeuten. Man kann sich vorstellen, welche Qualen das für die Tiere mit sich bringt.
Zusätzlich werden sowohl Mast- als auch Stopfgänse, ohne Betäubung (!), gerupft um Daunen zu gewinnen. Dabei werden den Tieren sämtliche weichen Federn vom Leib gerissen. Durch die Akkordarbeit und die entsprechende Rücksichtslosigkeit werden häufig große Hautstücke mit ausgerissen.
Der Verein gegen Tierfabriken nimmt das bevorstehe Fest des Heiligen Martin wieder zum Anlaß, ein Importverbot für Stopflebern ("foie gras") und Daunen von lebendgerupften Gänsen und Enten zu fordern. Es darf nicht länger sein, daß im Inland verbotene Produkte und Produktionsweisen (wie z.B. auch die Tierpelze), durch den "Markt ohne Grenzen" einfach importiert werden. Die Konsumenten fordern wir auf, Gänsestopflebern zu meidem und - wenn schon Martini-Gans - nur Tiere von österreichischen Biobauern zu kaufen, um damit artgemäßere Haltung zu unterstützen und ein Zeichen gegen die Importe tierquälerischer Produkte zu setzen. Eine Liste der Biobauern der jeweiligen Region ist beim VGT kostenlos erhältlich.