Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20.12.2005)
Wien, am 20.12.2005Tierschutz mobilisiert gegen EU-Kommission!
Kommission will Bundestierschutzgesetz bzgl. Zirkus aushebeln
VGT präsentiert neue Webseite mit Informationen und Protestmöglichkeiten für BürgerInnen aller EU-Länder
Internationaler Online-Protest: http://www.vgt.at/circus.php
Seit 1996 wurden vom Tierschutz in Österreich in einer großangelegten Kampagne sowohl die Öffentlichkeit als auch der Gesetzgeber überzeugt, im Rahmen des Tierschutzgesetzes die Wildtierhaltung in Zirkussen grundsätzlich zu verbieten. Am 1. Jänner 2005 trat dieses Gesetz nach 2 jähriger Übergangsfrist in Kraft. Weil einigen deutschen Zirkussen mit Tigern und Elefanten daraufhin aufgrund ihrer Wildtiere die Einreise nach Österreich verwehrt wurde, beschwerten sie sich offenbar bei der EU-Kommission. In einem Mahnschreiben des EU-Kommissars für den Binnenmarkt an Österreich vom 12. Oktober 2005 wurde moniert, dass das österr. Wildtierverbot im Zirkus die EU-Dienstleistungsfreiheit unzulässig einschränke. Österreich wurde aufgefordert binnen 2 Monaten, also bis 12. Dezember 2005, darauf zu antworten. Nach Informationen aus dem Tierschutzministerium hat Österreich um eine Verlängerung dieser Frist gebeten.
Die EU-Kommission möchte, dass Österreich sein Wildtierhaltungsverbot im Zirkus dahingehend abändert, dass es nur mehr für österreichische aber nicht mehr für ausländische Zirkusse gilt. Die Dienstleistungsfreiheit würde bedeuten, dass ein Dienstleister wie ein Zirkus, der in einem Land seine Dienstleistung anbieten darf, in jedem anderen Land der EU ohne Behinderung dieselbe Dienstleistung anbieten können muss. Nach Ansicht der Kommission genügt es also, dass ein einziges EU-Land die Wildtierhaltung im Zirkus erlaubt, damit Zirkusse von dort in allen anderen EU-Ländern ihre Wildtiernummern vorführen dürfen. Nun verbietet ja das Wildtierhaltungsverbot nicht Zirkusvorführungen generell, sondern verlangt nur, dass ein Zirkus nicht Wildtiere mitführen und/oder sie auftreten lassen darf. Allerdings meint die EU-Kommission, dass das für einen ausländischen Zirkus in Österreich eine unzumutbare Einschränkung seiner Tätigkeit wäre.
Der Tierschutz in Österreich, aber auch europaweit, mobilisiert nun gegen dieses Vorgehen der EU-Kommission. Der VGT präsentiert heute eine eigene Webseite in verschiedenen EU-Sprachen, die automatische Protestemails an die zuständigen Stellen ermöglicht und bis ins Detail über die Situation informiert. International ist man sich in Tierschutzkreisen nämlich einig, dass die Wildtierhaltung im Zirkus nicht tiergerecht möglich ist. Die Eurogroup für Tierschutz, der Zusammenschluss aller Tierschutzvereine der EU, hat sich in dieser Hinsicht bereits geäußert. Auch im EU-Parlament wird das österr. Tierschutzgesetz verteidigt: der SPÖ-Europaabgeordnete Jörg Leichtfried betonte am 13. Dezember bei einer Rede vor dem anwesenden EU-Kommissar, dass der Schutz und das Wohlergehen der Tiere im Vordergrund stehen müssen. Mit dem Wildtierhaltungsverbot nimmt Österreich also eine Vorreiterrolle im Tierschutz ein.
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch kommentiert: „Es ist unglaublich, dass die durch keine Wahlen legitimierte EU-Kommission unser Bundestierschutzgesetz verändern will, das in unserem Parlament durch die gewählten VolksvertreterInnen einstimmig beschlossen worden ist. Abgesehen davon hat die EU offenbar falsche Prioritäten: der Tierschutz darf doch nicht der Dienstleistungsfreiheit geopfert werden. Was könnte spanische Stierkämpfer daran hindern, mit demselben Argument in Österreich Stierkämpfe zu veranstalten? Die EU-Kommission hat uns bereits vor 5 Jahren unser vorbildliches Tiertransportgesetz genommen. Damals haben wir das ohne großen Widerstand akzeptiert. Doch wenn jetzt unser mühsam erkämpftes Bundestierschutzgesetz zerstört werden soll, dann lassen wir uns das nicht mehr gefallen. Der VGT mobilisiert nun europaweit gegen diesen Vorstoß der EU und wir finden überall Bestürzung über das Vorgehen der EU-Kommission und Sympathie gegenüber unserem Anliegen. Der Tierschutz ist heute ein derart wichtiges öffentliches Anliegen geworden, dass auch die EU das nicht mehr länger ignorieren kann!“