Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (27.11.2006)
Wien, am 27.11.2006Skandal: BH Gmunden deckt illegale Singvogelausstellungen
VGT zeigt 7 Ausstellungen in Gmunden, Ebensee, Bad Ischl und St. Wolfgang an
Das Gesetz ist eindeutig – §2 (2) der Tierschutz-Veranstaltungsverordnung des Bundestierschutzgesetzes besagt wörtlich: „Wildfänge mit Ausnahme von Fischen dürfen weder ausgestellt noch zum Kauf oder Tausch angeboten werden“. Da die beim traditionellen Singvogelfang gefangenen Vögel natürlich Wildfänge sind, wurden dadurch die Vogelausstellungen eindeutig verboten. Möchte man meinen.
Deshalb kontrollierten am letzten Wochenende AktivistInnen des VGT und anderer Tierschutzorganisationen die üblichen Ausstellungsräume im oö Salzkammergut – und wurden fündig. An zumindest 7 verschiedenen Orten in Gmunden, Ebensee, Bad Ischl und St. Wolfgang wurden Vogelausstellungen mit gefangenen Singvögeln abgehalten, als gäbe es kein Gesetz dagegen. Selbst im Rathaussaal in Ebensee gab es eine derartige Ausstellung.
Die TierschützerInnen riefen die zuständige Bezirkshauptmannschaft Gmunden an, und der Beamte im Journaldienst kam sogleich. Er überzeugte sich, dass auch tatsächlich Vögel ausgestellt wurden, griff dann aber nicht ein. Seine Begründung: Alle Personen, die die Ausstellungen besuchen, würden automatisch Mitglied im Singvogelfängerverein bis Ende 2006 werden. Dadurch seien die Ausstellungen keine öffentlichen Veranstaltungen sondern privat, und würden daher nicht mehr unter obiges Gesetz fallen!
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch, der auch vorort war, kommentiert: „Das ist wirklich unglaublich! Das eindeutige Verbot, das im Bundestierschutzgesetz und seinen Verordnungen steht, wird hier mit einer derartig fadenscheinigen Ausrede umgangen, und die Bezirkshauptmannschaft beugt sich dem Terror der Vogelfänger und toleriert diesen offenen Gesetzesbruch. Ist Österreich eigentlich noch ein Rechtsstaat? Wozu werden Tierschutzgesetze erlassen, wenn eine kleine Minderheit aggressiver Vogelfänger genügt, um die mit der Exekution des Gesetzes betrauten Beamten so einzuschüchtern, dass sie das Gesetz nicht exekutieren!“
Und weiter: „Ein Tierschützer konnte inkognito ungehindert die Ausstellung besuchen. Vom Beamten der BH Gmunden wurde ihm zu seiner Überraschung mitgeteilt, er sei jetzt Mitglied in einem Vogelfangverein. Einerseits ist es also offensichtlich Betrug, diese Ausstellungen als privat zu bezeichnen. Andererseits leiden die Vögel in ihren winzigen Käfigen bei diesen Ausstelungen genau gleich, ob die sie angaffenden Leute formal Mitglied in einem Vogelfangverein sind oder nicht.“
In der Tat hat sich der von der zuständigen oö Landesrätin beauftragte objektive wissenschaftliche Gutachter, Dr. Johannes Fritz, ganz eindeutig gegen die Vogelausstellungen ausgesprochen: „Demzufolge sind die Prämierung und die öffentliche Ausstellung als unverhältnismäßig starke Stressbelastung für die Vögel zu beurteilen.“
DDr. Balluch: „Wozu gibt es dieses Gutachten, wenn dann einfach vollkommen konträr zu diesen wissenschaftlichen Ergebnissen das tierquälerische Ausstellen von wildgefangenen Vögeln toleriert wird?“
Aber eigentlich ist ja bereits der Vogelfang an sich schon nach dem Tierschutzgesetz verboten. In den letzten Tagen wurde in Villach in Kärnten ein Mann beim Fang von Singvögeln wie Gimpel und Stieglitz mit Fallen und Lockvögeln in seinem Garten beobachtet und angezeigt. Er hatte auch etwa 30 dieser Vögel in Gefangenschaft. Die Exekutive reagierte prompt, liess die Lockvögel frei und beschlagnahmte die Fallen. Ein Verfahren wegen Tierquälerei nach dem Tierschutzgesetz wurde eingeleitet.
DDr. Balluch dazu: „Aha, plötzlich gilt das Tierschutzgesetz doch für den Fallenfang von Wildvögeln. Plötzlich kann die Exekutive sehr wohl eingreifen, Fallen beschlagnahmen und Lockvögel freilassen. Plötzlich gibt es doch ein Verfahren wegen Tierquälerei gegen einen Vogelfänger. Wieso gilt dasselbe Bundestierschutzgesetz eigentlich nur in Kärnten und nicht in OÖ? Man muss die Antwort deutlich aussprechen: der Terror der Vogelfänger schüchtert die Behörden im Salzkammergut derartig ein, dass sie die Gesetze nicht exekutieren. Das ist die traurige Wahrheit – im angeblichen Rechtsstaat Österreich!“