Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (14.12.2006)
Wien, am 14.12.2006Polizei bedroht massiv Demo für Meinungsfreiheit
Nach Untersagungen aller Pelzkundgebungen gegen Kleider Bauer werden sogar Demos zur Meinungsfreiheit verboten und Polizeigewalt angedroht!
Der VGT-Obmann hatte eine Kundgebung nahe der Kleider Bauer Filiale in der Mariahilferstrasse in Wien angemeldet. Sie wurde von der Behörde untersagt, weil die öffentliche Sicherheit gefährdet wäre. Also fanden sich am Donnerstag um 15:30 Uhr ca. 40 Menschen am selben Ort ein, um für die Meinungsfreiheit in Österreich zu demonstrieren. Einige Zeit später erschien die Polizei und wollte die Kundgebung unterbinden. Als Begründung wurde eine Weisung „von oben“ genannt, zumal die DemonstrantInnen völlig friedlich und still herumstanden.
Doch gegen 17:30 Uhr tauchten plötzlich ca. 40 PolizistInnen mit einem Arrestwagen und einer leitenden Person von der Versammlungsbehörde Wien auf. Letzterer wollte offenbar unbedingt die Auflösung der Kundgebung erreichen. Also drängten die Beamten vor, worauf sich die TierschützerInnen auf den Boden setzten und gewaltfreien, passiven Widerstand leisteten. Viele PassantInnen solidarisierten sich mit der Demonstration und beschwerten sich bei der Exekutive über ihre bedrohliche Pose. 4 Männer setzten sich sogar spontan zu den TierschützerInnen dazu. Bevor die Situation allerdings weiter eskalierte wurden Gespräche aufgenommen und die anwesende Tierschutzsprecherin der Grünen, Mag. Brigid Weinzinger, konnte vermitteln.
Die DemonstrantInnen wollten wenigstens bis 18:30 Uhr vor Ort bleiben, die Polizei bestand auf 18:15 Uhr. An diesen lächerlichen 15 Minuten sollte es nicht scheitern, und so zog sich die Polizei vollständig zurück und die AktivistInnen packten zusammen und verließen den Versammlungsort.
VGT-Obmann DDr. Balluch dazu: „Die Demonstrationsfreiheit ist ein wahnsinnig wichtiges Gut, das wir uns nicht einfach nehmen lassen dürfen. Schon vor 200 Jahren wurde im Rahmen der Aufklärung ein Demonstrationsrecht gefordert, aber vom Metternichschen Polizeistaat unterbunden. Erst eine Revolution hat 1848 ein Demonstrationsrecht und eine demokratischere Struktur mit einem Abgeordnetenhaus und einem Herrenhaus – seit 1867 in den 2 Kammern des Reichsrats vereint – errungen. Die noch immer sehr beschränkten politischen Möglichkeiten des Volkes konnten sich erst nach dem 1. Weltkrieg durch allgemeine freie Wahlen entfalten. Allerdings war das Volk offenbar noch zu unreif für eine Demokratie, und so wurden Demonstrationsfreiheit und Demokratie im Austrofaschismus und dann dem Dritten Reich ertränkt. Die neue 2. Republik hatte zunächst noch die Bürde einer postfaschistoiden Gesellschaft zu tragen. Erst die 1968er Bewegung verhalf dem Demonstrationsrecht zum Durchbruch, mit der Folge, dass die Ablehnung von Rassismus und Sexismus zunehmend zum gesellschaftlichen Konsens wurde. Der neue soziale Konflikt des 21. Jahrhunderts zwischen Tierschutz und Tiernutz hat wieder Konfliktlinien aufgebrochen, für deren gewaltfreie Bewältigung die Demonstrationsfreiheit unabdingbar ist. Wenn die Polizei und die Behörde Demonstrationen grundsätzlich verbieten, bringt sie damit den sozialen Frieden in Gefahr, der lange Zeit das Markenzeichen österreichischer Politik war. Ich rufe daher alle Menschen auf, denen die Grundrechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, sowie der soziale Frieden, wichtig sind, nicht zuzulassen, dass sich die demokratiefeindlichen Bestrebungen der Mächtigen durchsetzen. Man will offenbar erreichen, dass der vorweihnachtliche Kaufrausch nicht durch Kritik und ethische Bedenken „gestört“ werde. Aber Ethik und Grundrechte gehen vor wirtschaftlichen Interessen. Wir werden mit den klassisch gewaltfreien Methoden nach Gandhi für diese Grundrechte kämpfen.“