Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20.06.2007)
Wien, am 20.06.2007Demokratieabbau im Tierschutzrat
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Protestkundgebung des vereinten Tierschutzes vor dem Parlament
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Die geplante Entmündigung des Tierschutzrates soll heute vom Gesundheitsausschuss bestätigt werden
Heute trafen sich die VertreterInnen unzähliger Tierschutzvereine, um vor dem Parlament gegen die geplante Entmündigung des Tierschutzrates zu demonstrieren. Mit per Megaphon gehaltenen Reden, plastischen Aktionen und Transparenten wurde die Öffentlichkeit über die Aktivitäten der Regierung informiert.
Das österreichische demokratische System bewirkt in der politischen Praxis eine enorme Machtkonzentration bei der Regierung. Diese hat nicht nur die gesamte Exekutivgewalt inne, sie hat im Allgemeinen auch bequeme Mehrheiten im Parlament, wodurch dieses, das eigentlich eigenständig die Legislativgewalt inne haben sollte, auf eine Art Notariatsfunktion reduziert wird.
In einem System mit derartigem Machtmonopol ist jegliches Gremium, das eine öffentliche Funktion erfüllt und das in gewisser Unabhängigkeit von der Regierung agieren kann, ein seltenes, vor allem aber, schützenswertes Gut. Beim Tierschutzrat handelte es sich bisher um ein solches.
Durch die nun im Gesundheitsausschuss beschlossene Gesetzesnovelle soll der Einfluss der Regierung auf den Rat allerdings entscheidend verstärkt werden.
Der Rat wird massiv personell mit Verwaltungsbeamten aufgestockt.
Es sollen nun die 9 Landesveterinärdirektoren zusätzlich Mitglieder im Rat werden. Der Rat wird durch die Erweiterung um letztlich weisungsgebundene Beamte nicht nur regierungskonformer werden, auch Interessenskonflikte sind damit vorprogrammiert. Schließlich wäre es eine Hauptaufgabe des Tierschutzrates den Vollzug des Tierschutzgesetzes zu evaluieren. Durch diese Neuerung entsteht nun aber die Situation, dass gerade jene Beamte, die für den Vollzug verantwortlich wären, ihre eigene Arbeit kritisch hinterfragen sollten. Dass diese Konstellation nicht besonders glücklich gewählt sein kann, liegt wohl auf der Hand.
Tierschutzrat als Propagandainstrument der Regierung?
Alle Ratsmitglieder, die nicht Staatsorgane sind, oder von Ministerien entsendet werden, dürfen zwar von regierungsunabhängigen Körperschaften namhaft gemacht werden, die Bestellung dieser Ratsmitglieder bleibt aber dem Tierschutz-Ministerium selbst vorbehalten. Die "unabhängigen" Mitglieder werden auf diese Weise also dem Ministerium verpflichtet.
Die gummiartige Formulierung des §42(3)3 ermöglicht es dem Ministerium nun ein namhaft gemachtes Mitglied abzulehnen oder seines Amtes zu entheben, wenn dieses "nicht in der Lage ist, die Verpflichtungen, die sein Amt mit sich bringt, ordnungsgemäß zu erfüllen". Nicht nur, dass das Ministerium hier den Objektivitätsanspruch hat, also autonom bestimmen kann wann und wodurch diese Klausel erfüllt ist, das Ministerium, das neuerdings auch noch die Ermächtigung bekommt die Geschäftsordnung des Tierschutzrates festzulegen, kann damit die Verpflichtungen der Mitglieder auch noch selbst definieren.
Das Ministerium bekommt auf diese Weise ein Instrumentarium in die Hand, um kritische Stimmen erst gar nicht in den Rat aufnehmen zu müssen bzw. sie auch wieder los zu werden.
Die Regierung schottet den Rat ab und sichert sich die Informationshoheit
Von der in Zukunft nun durch das Ministerium vorgeschriebenen Geschäftsordnung ist auszugehen, dass sie den Mitgliedern vollkommene Geheimhaltung über die Beschlüsse des Tierschutzrats auferlegen wird (auch gegenüber den sie namhaft gemachten Organisationen). Und durch die neue Regelung, dass alle Anfragen an den Tierschutzrat hinsichtlich seiner Tätigkeit und seiner Beschlüsse nur mehr über das Tierschutz-Ministerium erfolgen dürfen, ist die Abschottung gegenüber der Öffentlichkeit endgültig perfekt. Das Ministerium hat damit die alleinige Hoheit über den Informationsfluss vom Rat an die Öffentlichkeit.
Auf diese Weise hat sich die Regierung die Möglichkeit eröffnet, den Tierschutzrat als politisches Propagandamittel für sich zu instrumentalisieren. Kritische Beschlüsse können geheim gehalten werden, regierungskonformes Lob darf die Öffentlichkeit erfahren. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Regierung von diesem Potenzial keinen Gebrauch machen wird.