Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (09.10.2007)
Wien, am 09.10.2007Tier und Wir
Haustiermesse in Tulln
Vom 29.- 30. September 2007 fand in Tulln die
Hautiermesse „Tier & Wir“ statt. Dort wurden
Hunde, Katzen und Kleintiere in zahlreichen,
riesigen Hallen ausgestellt und prämiert.
Für uns TierschützerInnen war der Besuch dieser
Haustiermesse mit gemischten Gefühlen verbunden
– leider aber nur im negativen Sinn. Unsere
Emotionen reichten von Entsetzen über Lachkrämpfe
bis hin zur Fassungslosigkeit, aufgrund dessen
was uns dort geboten wurde.
Hunde
Kurz nach dem Eintritt in diese Messe gab
es einige Parcours, in denen Hunde vorgeführt
wurden, Bei jedem Parcours wurde eine andere
Rasse nach bestimmten Züchtungsmerkmalen prämiert.
Rund um die verschiedensten Vorführringe warteten
Besitzer mit ihren Hunden auf ihren Auftritt.
Hier zeigte sich ein wirklich absurdes Bild.
Hunde wurden gekämmt und gebürstet und mit Spangerl,
Lockenwicklern und Zopfringerl im wahrsten Sinne
des Wortes bearbeitet. Die Hunde saßen auf eigenen
Frisiertischen und mussten diese Prozedur über
sich ergehen lassen. Bei einigen „Hundebesitzern“
hatten wir das Gefühl, dass sie entweder ihren
Beruf verfehlt haben oder noch immer gerne mit
Barbiepuppen spielen wollen. Wir wussten wirklich
nicht ob wir weinen sollten, weil wir Mitleid
mit den armen Tieren hatten, oder ob wir lachen
sollten, da es wirklich ein perverser Anblick
war, diese Frisiersalonatmosphäre zu sehen.
Das I- Pünktchen waren die kleinen Jäckchen
für Hunde in verschiedensten Rosatönen mit Mascherl
und Glitzersteinchen, von Lack und Lederjacken
bis hin zu Ballkleidartigen Kostümierungen war
dort alles zu finden.
Viele Hunde mussten im Käfig sitzend auf ihren
Auftritt warten, höchstwahrscheinlich, damit
ihre Frisur nicht zerstört wird, oder damit
ihre Füße nach sicherlich zahlreichen Waschungen
nicht mehr schmutzig werden. Manche durften
außer zu den Vorführungen im Parcours keinen
Schritt auf ihren eigenen Füßen gehen, wurden
vom Parkplatz in die Halle und wieder zurück
in den Käfigen sitzend gerollt. Zu unserem Erschüttern
waren aber einige Käfige so klein, dass sich
die Hunde nicht einmal aufrichten konnten.
Danach kam eine zweite Halle, weitere Vorführringe,
mit weiteren verstörten Hunden.
Beim Vorführen laufen die „Besitzer“ mit den
Hunden im Kreis. Kaum ein Hund war mit Brustgeschirr
anzutreffen. Die meisten hatten Kettenhalsbänder,
viele hatten dünne Vorführleinen mit denen man
den Kopf leicht heben kann, weil diese den Hund
so einschnüren, dass er jeder Bewegung folgen
muss. Mit Hilfe dieser Leinen wurden viele Hunde
vorgeführt und ihre Köpfe hochgehalten. Andere
zerrten bei der Trabrunde um den Ring an ihren
Ketten. Es kam kaum Hunde, die die Vorführung
entspannt über die Bühne brachten. Wenn solche
Vorführungen schon einem besseren Zuchtstandard
dienen sollten, so bleibt rätselhaft weshalb
das Aussehen soviel wichtiger als die richtige
Sozialisierung, die Vorbereitung auf eine solche
Vorführung, die Zusammenarbeit mit der Bezugsperson,
die Stresstoleranz und das Wesen im Allgemeinen
sind! Zur Schlussaufstellung muss natürlich
jedes Fußerl in der richtigen Position sein
und der Schwanz und Kopf ebenso. Die vorführenden
stolzen BesitzerInnen packen hierfür kräftig
zu, damit der Hund die für die RichterInnen
„ordentliche“ Haltung einnimmt. Hauptsache er
entspricht dem gewünschten Schönheitsstandard.
Obwohl in Österreich verboten, ist der Anblick
von kupierten Ohren und Schwänzen bei solchen
Vorführungen und Prämierungen immer noch Alltag.
Um diese tierquälerische Prozedur durchführen
zu können, fahren verantwortungslose Menschen,
die meinen, dass nur ein Hund mit abgeschnittenen
Ohren würdig ist bei ihnen zu leben, in Länder,
in denen dies noch nicht verboten wurde. In
der Hundehalle haben wir auch einen kleinen
Hundewelpen mit noch dick einbandagierten Ohren
gesehen. Dieser musste offenbar erst kürzlich
diese Verstümmelung über sich ergehen lassen.
Eine Perversion sondergleichen und Tierqual
par Excellenze.
Leider erging es vielen Besuchshunden, die nicht
ausgestellt wurden nicht viel besser. An Ketten
oder dünnen Leinen wurden sie durch überfüllte
Hallen gezerrt, durch Menschenmassen und an
Hunden vorbei. Viele schmissen die Nerven, knurrten
andere Hunde an, bellten, hechelten stark oder
zitterten gar vor Angst. Völlig unklar blieb,
weshalb es überhaupt erlaubt ist Besuchshunde
auf das Gelände mitnehmen zu dürfen.
Ponyreiten und Streichelzoo
Im Streichelzoo wurden wehrlose Tiere permanent angegrapscht. Über ihnen hing ein Schild auf dem man lesen konnte: „Streichelzoo zu vermieten“. Den Pferden beim Ponyreiten schien es ebenso miserabel zu gehen. Während eines nach dem anderen mit Kindern am Rücken im Kreis geführt wurde, standen im Stall etliche, die von Besuchern umringt wurden – also auch hier keine Erholung von der Arbeit. Eines der Ponys stand bereits mit halbgeschlossenen Augen und gesenkten Kopf und schien zu versuchen sich aus dem Trubel auszuklinken. Das Pony daneben hatte eine sichtlich angeschwollene Fessel.
Katzen
Weiter in die nächste Halle kamen wir zum
Katzenteil der Messe. Lange Reihen von Käfigen,
wo Katzen bzw. ihre „Besitzer“ auf den großen
Auftritt warteten – die Preisverleihung. Die
Menschen nervös vor Aufregung, welchen Preis
sie mit ihrem Katzerl machen, die Katzen verstört
und ängstlich weil sie einer lauten, absolut
für Katzen ungeeigneten Umgebung ausgesetzt
waren. Dies zeigte sich auch, da viele Katzen
versuchten sich hinter Stofffetzen und Körbchen
zu verstecken, damit sie nicht von allen HaustiermessenbesucherInnen
angegafft werden. Hier wurden auch gesetzliche
Übertretungen festgestellt, die Katzen hatten
oft in ihren Käfigen nicht genug Sichtschutz,
eine saß bereits im letzten Eck in ihr Katzenklo
gekauert, eine andere hechelte vor lauter Aufregung,
usw. Diese Übertretungen – zumindest drei Seiten
des Käfigs müssten geschlossen sein - wurden
natürlich angezeigt.
Die Prämierung der Katzen war auch ein unfassbares
Erlebnis. Die Katzen kommen von „ihrem“ Käfig
in einen anderen, der keine Rückzugsmöglichkeiten
hatte. Dann wurde eine Katze nach der anderen
von diesem Käfig herausgenommen, und auf eine
Art und Weise in die Höhe gehalten, dass der
ganze Körper durchgestreckt und gedehnt wurde.
Manche Katzen maunzten herzzerreißend bei dieser
unfassbar dämlichen Prozedur.
Hinter uns unterhielten sich einige ZüchterInnen
über ihre Erfolge und welche Katzen so ganz
und gar nichts bringen und die sie demnächst
wieder loswerden möchten. Auf welche Weise dies
dann geschehen wird, wurde natürlich nicht erwähnt.
Kleintiere
In der nächsten Halle angekommen, hat man außer Käfigen kaum noch etwas gesehen. Dort waren die Kleintiere untergebracht. Kaninchen, Hasen, Meerschweinchen, Tauben, Geflügel, wie Hühner, Gänse und Enten, und verschiedenste Kleinvögel waren dort in sehr kleinen Käfigen eingesperrt. Sie hatten keine Möglichkeit sich vor den gierigen Augen der Zuschauer zu verstecken – kein Häuschen, kein Sichtschutz, keine Fluchtmöglichkeit –, sie mussten alles über sich ergehen lassen.
All dies zeigt, dass Haustiermessen nichts mit
Tierliebe zu tun haben sondern ausschließlich
der Selbstdarstellung dienen. Eigentlich lassen
sich die sogenannten Besitzer durch ihr Tier
küren, und laufen dann mit stolzgeschwellter
Brust mit den Preisplanketten und den Pokalen
herum. Was hat das Tier davon, außer Stress?
Nichts. Besser wäre es diese Messe nicht als
„Tier und Wir“ sondern als „Tier für mich und
mein Ego“ zu bezeichnen.