Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (25.02.2009)
Wien, am 25.02.2009Tierschutzcausa: 2 Gerichtsbeschlüsse gegen Polizei
Polizei muss VGT-Computerfiles zurückgeben und Beschuldigten Akteneinsicht gewähren; bisheriges Verhalten ist „mit rechtsstaatlichem Strafprozess nicht kompatibel“
Am 20. und 24. Februar sprach der Untersuchungsrichter erstmals in der Tierschutzcausa deutliche Worte gegen das Vorgehen der Polizei. Der Verein Gegen Tierfabriken VGT hat bis heute – also seit über 9 Monaten – noch immer keinen Zugang zu seinen essentiellen Mitgliederdaten, seinem Film- und Fotoarchiv und seiner Buchhaltung. Zusätzlich konnte bisher niemand der Beschuldigten Einsicht in die Polizeiakten nehmen. Gegen diese beiden Missstände wurde am Landesgericht Wr. Neustadt verhandelt. In beiden Fällen gab der Richter dem VGT Recht und fand deutliche Worte: „Auch die Diktion ‚Informationsvorsprung‘ und ‚Nachteil für die Ermittlungen‘ [der Polizei] zeigt die Intention, den Beschuldigten ‚im Dunkeln‘ zu lassen, ein Vorgehen, das mit einem rechtsstaatlichen Strafprozess nicht kompatibel ist.“
In der Verhandlung vom 20. Februar sprach der gerichtlich bestellte Gutachter davon, dass es sehr ungewöhnlich sei, jemandem derart lange keine Kopien seiner essentiellen Computerdaten auszuhändigen. Im Fall des VGT geht es da ja sogar um die Bedrohung mit dem wirtschaftlichen Ruin. Die Polizei wollte die Herausgabe von Kopien mit dem Hinweis verweigern, auf den VGT-Computerfiles könnte sich Kinderpornographie befinden. Der Richter ließ sich davon aber nicht beeindrucken und gab der Polizei den Auftrag, dem VGT entweder in Kürze Kopien oder die Originale zu übergeben.
Am 24. Februar stellte der Untersuchungsrichter eine Rechtsverletzung aufgrund der unbegründeten Verweigerung der Akteneinsicht durch die Polizei fest:
„Die Kriminalpolizei wird nunmehr umgehend die Rechte des Beschuldigten auf ein faires Verfahren zu akzeptieren und ihm bzw. seinem Verteidiger Einsicht in die von ihr geführten Akten zu gewähren haben.“ Aus der Begründung: „Schon allein die Tatsache, dass das Ermittlungsverfahren seit November 2006 anhängig ist und dem Beschuldigten im Oktober 2008 noch immer von der Polizei die Einsicht in den kompletten Akt verweigert wird, zeugt von einer maßlos überbordenden Heranziehung der als äußerst vorsichtig anzuwendenden Ausnahmebestimmung des §51 Abs 2 StPO.“
Der VGT-Obmann DDr. Martin Balluch freut sich: „Jahrelange Bespitzelung, brutale Hausdurchsuchungen, U-Haft, 9 Monate ohne essentielle Daten und volle Akteneinsicht – wir haben begonnen, an der Rechtsstaatlichkeit in Österreich zu zweifeln. Diese neuen Urteile geben Hoffnung, dass letztendlich doch die Gerechtigkeit siegen wird.“