Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (05.05.2010)
Wien, am 05.05.2010Pressekonferenz der Grünen zur Tierschutzcausa
„Ungleichgewicht in den Ermittlungsmaßnahmen ist ein Fall für den Verfassungsgerichtshof“
Frau
Mag. Christiane Brunner, Umwelt- und
Tierschutzsprecherin, betonte einmal
mehr die gravierenden Auswirkungen der
jetzigen Anwendung des § 278a, nicht
nur für die Leute auf der Anklagebank,
sondern für alle Menschen, die sich politisch
engagieren. Es sei nicht die Intention
des § 278a StGB gewesen, gegen zivilen
Ungehorsam vorzugehen.
All die Aktivitäten, für die sich die
Leute seit nun mehr 9 Wochen vor Gericht
verantworten müssen, werden genau in
derselben Weise weitergeführt. Wenn es
hier tatsächlich einen kriminellen Tatbestand
geben sollte, müsste diese Arbeit sofort
abgestellt werden.
Das Charakteristische an den Tätigkeiten
von gemeinnützigen Vereinen ist der offene
Diskurs, eine ethisch-politische Zielsetzung
und angestrebte Verbesserungen für Schwächere.
Diese Vorgehensweise hebt sich ganz klar
vom Profil krimineller Organisationen
ab, die immer verdeckt manipulativ und
mit Bereicherungsabsicht ist.
Frau Mag. Brunner zitierte an dieser Stelle aus einem Fachartikel von Univ.-Prof. Eva Maria Maier vom Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien: „….der Versuch der Anwendung von gerade § 278 a StGB auf diese Aktivitäten enthält jedoch die Tendenz im großen Stil Organisation durch Ideologie zu ersetzen, und legt vor allem den Verdacht nahe, es gehe schlichtweg darum, den rechtsstaatlich notwendigen konkreten Nachweis einzelner Delikte gegenüber konkreten Tätern weitgehend auszuhebeln.“
Die
Grünen fordern eine Novellierung des
§ 278. Bei der jetzigen Interpretation
des Paragraphs könne jede NGO und Bürgerinitiative
verfolgt werden. Ein entsprechender Vorschlag
der Grünen für eine Änderung wurde bereits
beantragt:
http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/A/A_00017/fnameorig_143353.html
Frau Dr. Madeleine Petrovic, Landessprecherin der Grünen NÖ, beklagte vor allem das extreme Ungleichgewicht der Verfolgung von angezeigten Straftaten. Im Jahr 2007 gab es 711 Anzeigen wegen Tierquälerei und als Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins wisse sie, mit welcher Brutalität diese Tiere misshandelt werden. In lediglich 84 Fällen kam es zu rechtskräftigen Verurteilungen.
Ganz
anders verhält sich hier die Vorgehensweise
der Behörden, wenn es darum geht, TierschützerInnen
ein weiteres Delikt anzuhängen. Bei einer
Schweinebefreiung wurden angeblich Schweine
so sehr verletzt, dass sie gestorben
sind. Ein Gutachten der Veterinärmedizinischen
Universität Wien hat ergeben, dass der
Schweinehalter des genannten Betriebs
permanent gegen gesetzliche Bestimmungen
verstoßen hat. Die festgestellten Verletzungen
deuten auf eine grobe fahrlässige Tierhaltung
hin. Es stellt sich somit die Frage,
ob seitens der Staatsanwaltschaft auch
der Tierhalter angezeigt wurde, oder
ob der Tatbestand Tierquälerei nur gegen
TierschützerInnen im Zusammenhang mit
Tierbefreiungen verfolgt wird.
Die Grünen haben eine Anfrage an die
Innenministerin gestellt, ob gegen die
BetreiberInnen des genannten Schweinemastbetriebes
Anzeige wegen Tierquälerei erstattet
wurde und wenn nicht, wie sie diese äußerst
willkürliche Vorgehensweise rechtfertige.
So stellt sich für Frau Dr. Petrovic auch die Frage, ob bei Ermittlungen wegen Sachbeschädigungen mit dem gleichen Maß gemessen wird. Während Polizei und Staatsanwaltschaft Anzeigen wegen Sachbeschädigungen oft gar nicht mehr beachten, wird, wenn es um Sachbeschädigungen gegen die Firma Kleider Bauer geht, mit einem Aufwand, der Ermittlungskosten von 5 Millionen Euro bereits überschritten hat, vorgegangen. Wie erklärt sich die Innenministerin, dass Sachbeschädigungen in einem Fall zur größten Polizeiaktion der 2. Republik führen und Sachbeschädigungen und gefährliche Drohungen, die z.B. auch der VGT zu erleiden hat, einfach ignoriert werden?