Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (30.07.2010)
Wien, 30.07.2010
Blauhelme bringen die großen Menschenaffen im Kongo in Sicherheit
Blauhelme bringen die großen Menschenaffen im Kongo in Sicherheit
„Wir
                                        machen uns große Sorgen, denn die Gorillas
                                        verschwinden schneller, als wir sie schützen
                                        können“, klagt Experte Christian Nellemann
                                        vom UN-Umweltprogramm. 
                                        Die Gesamtpopulation der Gorillas wird
                                        auf rund 100.000 Tiere geschätzt, die
                                        sich allerdings sehr unterschiedlich
                                        auf die einzelnen Populationen verteilen.
                                        Der Westliche Flachlandgorilla ist die
                                        bei weitem häufigste Unterart, ihr Bestand
                                        wird auf über 90.000 Tiere geschätzt,
                                        von den besonders seltenen Berglandgorillas
                                        gibt es nur rund 700 Tiere.
Lebensraumzerstörung
                                        durch Rodung der Wälder und Jagd setzen
                                        den Menschenaffen seit Jahrzehnten stark
                                        zu.
                                        Dazu kommen bürgerkriegsartige Konflikte
                                        in Teilen ihres Verbreitungsgebietes,
                                        die die erforderlichen Schutzmaßnahmen
                                        erschweren und eine effiziente Überwachung
                                        von Schutzgebieten und Nationalparks
                                        vereiteln. Auch Krankheiten ziehen die
                                        bereits angegriffenen Populationen weiter
                                        in Mitleidenschaft, insbesondere der
                                        Ebola-Virus. Die Jagd auf die Menschenaffen
                                        wegen ihres Fleisches – sogenanntes „Bushmeat“
                                        – fordert ebenfalls einen blutigen und
                                        artgefährdeten Tribut. 
Dem
                                        immensen Gefährdungsszenario, das die
                                        Art an den Rand der Ausrottung gebracht
                                        hat, soll nun mit einer neuen Strategie
                                        begegnet werden: Im Osten der Demokratischen
                                        Republik Kongo ist ein neues Reservat
                                        für die Tiere entstanden.
                                        Bei der Umsetzung der An- und Umsiedelung
                                        sind erstmals Mitarbeiter der UN-Friedenstruppen
                                        im Einsatz. Mehrere Flachlandgorillas
                                        wurden bereits von den Gorilla-Rettern
                                        mit dem Blauhelm mittels Helikopter aus
                                        der Stadt Goma in ein Naturschutzgebiet
                                        im Norden der kongolesischen Provinz
                                        Kivu gebracht.
Die Gorillas waren zuvor aus der Gewalt von Schmugglern befreit worden, die die Menschenaffen quasi als „lebende Fleischkonserve“ gefangen hielten. Das Fleisch der Primaten hätte auf lokalen Märkten verkauft werden sollen.
Eine Reise auf dem Landweg in der von bürgerkriegsähnlichen Unruhen erschütterten Region versuchten die das Projekt betreuenden ForscherInnen zu vermeiden, da sie zu gefährlich und traumatisch für die Tiere sei.
Die vier in einer ersten „Charge“ transportierten Gorillas sind vier und fünf Jahre alt. Ihre Eltern wurden von Wilderern getötet. Im Juni sollten sechs verwaiste Jungtiere aus dem benachbarten Ruanda in das Naturreservat geflogen werden.
Die Flachlandgorillas sind - wenn auch nicht ganz so drastisch - ebenso wie die Berggorillas vom Aussterben bedroht. Im Kongo leben laut Schätzungen etwa 2000 bis 3000 Flachlandgorillas. Die Rückzugsgebiete der Menschenaffen werden immer wieder von Kriegsparteien heimgesucht. In den Nationalpark-Gebieten werden von Soldaten, die auf die Selbstversorgung angewiesen sind, regelmäßig Wildtiere wie Gorillas, Nilpferde, Antilopen und Elefanten getötet, um sich zu ernähren. Von Wilderern wiederum werden die besonders menschenähnlichen Affen gejagt, um sie als sogenanntes „Buschfleisch“ auf Märkten zu verkaufen. Das "Buschfleisch landet immer häufiger auch auf Tellern in Europa und den USA, wo es teuer als Spezialität gehandelt wird.
Ralph Chaloupek vom VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN zu dem richtungsweisenden UN-Einsatz: „Dass die Gorillas, die als Menschenaffen zu unseren nächsten Verwandten gehören, jetzt auch von der UNO proaktiv geschützt werden ist ein eindrucksvolles Zeichen, dass der Schutz von Tieren bzw. nichtmenschlichen Lebewesen einen zunehmend größeren Stellenwert einnimmt, auch im internationalen Kontext und auf der Ebene der Vereinten Nationen.
Es
                                        zeigt sich, dass Tieren, insbesondere
                                        seltenen, vom Aussterben bedrohten und
                                        solchen, die dem Menschen evolutionär
                                        besonders nahe stehen, zunehmend ein
                                        ernsthafter Eigenwert, eine Selbstzweckhaftigkeit
                                        beigemessen wird. Man schützt die Tiere
                                        um ihrer selbst Willen, statt nur ihren
                                        instrumentellen Wert als Objekte zum
                                        Gebrauch der Menschen zu würdigen – erste
                                        Ansätze eines neuen Paradigmas, das in
                                        der Umsetzung des Konzepts von Tierrechten
                                        seine Vollendung finden könnte. Die UNO-Einsätze
                                        für unsere imposanten Verwandten im Kongo
                                        und der Menschenaffen-Personenstatus-Prozess
                                        in Österreich sind wichtige Schritte
                                        in dies Richtung!“