Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (11.07.2011)
Wien, am 11.07.2011Tierversuchsstatistik 2010 veröffentlicht
Am 29. Juni 2011 wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die Tierversuchsstatistik des Jahres 2010 veröffentlicht
Damit wurde dem § 16 des Österreichischen Tierversuchsgesetzes Rechnung getragen. Dieser schreibt nämlich eine alljährliche Veröffentlichung der Zahl derjenigen Tiere vor, die von der Tierversuchsindustrie im letzten Jahr verwendet wurden
2010 wurden 187.236 Wirbeltiere erstmals und 320 erneut in den Laboren der EU eingesetzt. Tiere verwendet dazu, um Experimente und Tests an ihnen durchzuführen, die mit Angst, Schmerz, Leid oder dauerhaften Schäden verbunden waren.
Keine wirkliche Trendwende ersichtlich
Das sind 20.502 Tiere weniger als im Vorjahr – allerdings im Vergleich zu den Werten vom Beginn dieser Statistik vor 11 Jahren (165.000 Tiere) sind es 22.236 Tiere mehr, deren qualvolles Leben im Versuchslabor endete.
Im
September 2010 gab die EU eine neue Richtlinie
zum Schutz der für wissenschaftliche
Zwecke verwendeten Tiere heraus, nutzte
aber die Chance nicht, dauerhaft etwas
für die Tiere zu verbessern. Die jetzige
Fassung ist nur mehr ein Bruchteil von
dem, was sie ursprünglich war – zusammengestrichen,
gekürzt, mit viel Interpretationsspielraum
für die Experimentatoren und mit wenig
für die Versuchstiere.
Und obwohl eine EU-weite Umfrage schon
im Jahr 2008 eindeutig den Wunsch der
Bevölkerung nach Alternativen und weitaus
besseren Schutz der Labortiere erkennen
ließ, dürfen Zellkulturen und andere
Ersatzmethoden erst nach jahrelangen
Prüfverfahren angewandt werden. Fast
scheint es, als ob man damit den Weg
erschweren wolle.
Anzahl der verwendeten Tiere nach ihrer Art
- 1. Mäuse führen die Liste an – von ihnen wurden 148.567 erstmals und 103 erneut verwendet.
- 2. Kaninchen – von ihnen wurden 16.584 erstmals und 47 erneut verwendet.
- 3. Ratten – von ihnen wurden 9.281 erstmals und 8 erneut verwendet.
Desweiteren wurden verwendet:
Meerschweinchen (5.065), Schweine
(2.206, + 22 erneut
verwendet), Fische (2.095),
Vögel (1.307, +35 erneut verwendet), Hamster (1.032),
Rinder (378, +17 erneut verwendet)
Schafe (212, +22 )
Amphibien (215),
Hunde (137,
+8), Pferde/Esel/Kreuzungen
(40, +38), Katzen (38, +17 ), Ziegen (31, +3 ), Marder
(28) und „andere Nager“ (20).
Von folgenden Arten wurden
gegenüber 2009
mehr Tiere im Versuch eingesetzt:
Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen, Fische, „Andere“
Vögel, Hamster, Rinder, Schafe,
Hunde, Ziegen.
Von folgenden Arten wurden gegenüber 2009 weniger
Tiere im Versuch eingesetzt: Mäuse, Schweine, Amphibien,
Pferde/Esel/Kreuzungen,
Katzen, Marder, „andere
Nager“
Mehr Tiere im Versuchslabor als offiziell anerkannt
Ein weiteres Problem ist, dass die Tierversuchsstatistik gar nicht alle Tiere erfasst!
Nicht angeführt sind nämlich
- Tierembryonen/Föten
- Wirbellose
- Tiere, die als Überschuss getötet werden, ohne dass direkt an ihnen Versuche durchgeführt wurden
- Tiere, die ihr Dasein in Experimenten fristen, die nach Einschätzung des Experimentators nicht mit Leid, Angst, dauerhaften Schäden oder Schmerz verbunden sind
- Tieren, die vor dem Versuch zum Zweck der Gewinnung – etwa von Organen, Gewebe oder Zellen – getötet wurden
- Tierversuche, die von Österreich in einem anderen Land in Auftrag gegeben oder als (auch mit österreichischen Forschungs- bzw. Steuermitteln gefördertes) Forschungsprojekt quasi in ein anderes Land ausgelagert werden sowie
- Tiere, die in Versuchen im Rahmen der tierexperimentellen Gentechnik eingesetzt werden, Klonexperimente und der Einsatz von transgenen Tieren
Eine
lange Liste von Fällen und „Ausnahmen“,
die statistisch sozusagen unter den Teppich
gekehrt werden oder deren konkrete Quantitäten
aufgrund mangelnder Differenzierung in
den Bilanzen nicht nachvollziehbar dargestellt
werden.
Darüber hinaus ist der Statistik auch
nicht zu entnehmen, wie viele Versuche
ein einzelnes Versuchstier insgesamt
bis zu seinem oft qualvollen Tod über
sich ergehen lassen musste. Es wird lediglich
die Zahl der erneut verwendeten Tiere
angeführt.
ZIELE DES VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN (VGT)
1. Reformen des veralteten Tierversuchsgesetz
Insbesondere soll das Tierversuchsgesetz, welches bereits 1988 – also vor über 20 Jahren! – erlassen wurde, einer grundlegenden Reform unterzogen werden – im Hinblick auf eine Anpassung an die heute gehobenen Tierschutzstandards (etwa im Rahmen des relativ neuen bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes) und das ausgeprägtere Tierschutzbewusstsein in der Bevölkerung. Die Grundsätze des Bundestierschutzgesetzes und die Kompetenzen der Tierschutzombudspersonen, die bisher davon ausgenommen sind, müssen sich auch auf Tierversuche erstrecken.
2. Definition von Tierversuchen realitätsgemäß ausweiten
Nicht nur aus Gründen der statistischen wie ethischen Redlichkeit sollte die Definition von Tierversuchen jegliche Versuche an allen Tieren umfassen, auch Experimente am getöteten oder „terminal narkotisierten“ Tier, unabhängig von der Einschätzung der Experimentator_innen, ob der Versuch das Tier ernsthaft belastet und unabhängig davon, ob es sich um ein Wirbeltier handelt oder nicht.
3. Reduktion von Tierversuchen durch alternative, tierleidfreie Versuchsmethoden
Zentrales Ziel ist die Verpflichtung zum Ersatz von Tierversuchen in Forschung wie Industrie durch alternative, tierleidfreie Versuchsmethoden wie beispielsweise Computersimulationen, Zellkulturen und so genannte In-Vitro-Tests, wo immer das möglich ist – und die gesetzliche Anerkennung der Gleichwertigkeit dieser Methoden. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die großzügige Bereitstellung von öffentlichen Geldern, aber auch nicht-staatlichen, von Industrie und Wirtschaft generierten Forschungsmitteln zur Finanzierung der Entwicklung neuer Alternativmethoden bzw. auch für deren wissenschaftliche Validierung. Österreichs PolitikerInnen und die EU-Kommission, aber auch die Industrie sind aufgerufen, mehr Förderprogramme zu bewilligen und finanzielle Mittel für Alternativmethoden bereitzustellen!
4. Zentrale Tierversuchsdatenbank
Weiters
ist eine zentrale Tierversuchsdatenbank
Gebot
der Stunde, in der alle
in Österreich genehmigten
und durchgeführten
Versuche
registriert werden müssen.
Die heutige Situation,
wo sinnlose Doppelversuche
mangels derartiger Datenbanken
nicht ausgeschlossen
werden können,
ist
untragbar. Durch insgesamt,
sage und schreibe,
13 verschiedene Stellen,
die für die Genehmigung
von Tierversuchen zuständig
sind, wird die Unübersichtlichkeit
und Intransparenz
noch gesteigert.
Forschung der Zukunft
ohne Tierleid
Es ist im Sinne der betroffenen Tiere wie auch einer ethischen Entwicklung unserer Gesellschaft, unsere Kraft und unser Bemühen in eine Forschung zu setzen, die leidensfreie Methoden in den Vordergrund rückt und durch die entsprechende Bereitschaft zur Finanzierung auch tatsächlich gängige Praxis werden zu lassen. Jeder Tierversuch, der durch Alternativmethoden ersetzt werden könnte, ist einer zu viel! Die Zukunft sollte der Forschung ohne ausuferndes Tierleid gehören!
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