Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.10.2011)
Wien, am 03.10.2011VGT: Welttierschutztag sollte für Nutztierleid sensibilisieren
Die Idylle vom Leben auf dem Bauernhof, im Freien im Gras unter der Sonne, gibt es schon lange nur mehr in Bilderbüchern
Von der künstlichen Besamung über die Geburt bis hin zur Schlachtung ist alles durchorganisiert und geplant. Kälber, die sofort von ihren Müttern getrennt werden, Hühnerküken, die nach der Geburt getötet werden, weil sie das falsche Geschlecht haben oder Ferkel, die auf Betonboden ohne Einstreu zur Welt kommen – all das ist längst Alltag in österreichischen Ställen. Die Interessen sogenannter Nutztiere zählen nicht. Zu einer Produktionseinheit, sogenannten „Großvieheinheiten“ degradiert, wird ihnen das Ausleben artgemäßer Bedürfnisse nur insoweit sie unbedingt für Reproduktion und Existenz notwendig sind, zugebilligt.
Im Produktionskreislauf – von der Geburt bis zum Tod
Wenn ein Kalb geboren wird, wird es sofort von der Mutter getrennt – es ist ja schließlich der Mensch, der die Milch trinken will.
Wenn ein Legehuhn schlüpft – sollte es tunlichst weiblich sein. Wenn es männlich ist, wird es sofort getötet – vergast, zermust, je nach Brüterei. Ein männliches Huhn legt bekanntlich keine Eier – und, um Fleisch zu produzieren, dazu ist es nicht gezüchtet. In Österreich werden fast ausschließlich Hybride gezüchtet, also Fleischrassen und Legerassen. Wie der Name schon sagt, legen die einen zu wenige Eier, die anderen werfen zu wenig Fleisch ab. Und wenn man sie nicht nutzen kann, dann werden sie ohne viel Federlesen getötet.
Wenn ein Schwein geboren wird, lebt es üblicherweise immerhin 28 Tage bei seiner Mutter, wenn auch zumeist ohne Einstreu auf perforiertem Boden. Allerdings ist die Mutter in einen körpergroßen Metallkäfig gesperrt, das sogenannte Abferkelgitter, und kann sich daher nicht aktiv um die Ferkel kümmern. Noch ist bei Schweinen das Trinken bei der Mutter der effektivste Weg, Ferkel groß zu ziehen – allerdings ist nach rund einem Monat Schluss: die Muttersau soll wieder „rauschig“ werden, also einen Ebersamen, den sie mittels Pipette eingesetzt bekommt, auch aufnehmen. Wenn sie keine Säuglinge mehr versorgen muss, geht das ruck-zuck.
Natürlich wird in der modernen Landwirtschaft auch die Befruchtung nicht dem Zufall – und auch nicht dem männlichen Tier allein überlassen. Den „Natursprung“, bei dem ein Stier, ein Hahn oder ein Eber direkt zum Einsatz kommt, ist extrem unüblich und kommt de facto eher bei wenigen Hobbyzüchtern denn bei Bauern vor, die die Tierproduktion kommerziell betreiben.
Ein paar besonders „wertvolle“ Tiere – zumindest so lange sie ihren Qualitätssamen abliefern – werden dafür eigens in diversen „Besamungsstationen“ gehalten, wo sie auf kleinem Raum unter hohen Quarantänemaßnahmen leben und mehrmals in der Woche künstlich abgesamt werden. Mittels Phantom (also einem Gestell, das den jeweiligen weiblichen Part simulieren soll) oder auch mittels lebender Artgenossen (egal, ob männlich oder weiblich). Statt sich wirklich zu paaren, wird der Same in künstlichen Behältern aufgefangen, tiefgefroren und weiterverkauft.
Und selbst wenn Kühe auf der Weide oder Hühner und Schweine im Auslauf leben dürfen – ihre natürliche Lebenserwartung erreichen sie niemals. Statt 10-20 Jahre alt zu werden, werden sie in der modernen Nutztierhaltung zwischen 8 Wochen(!) wie das Huhn, 6-10 Monate wie das Rind oder 6-12 Monate wie das Schwein.
„Den Wert einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht“. In Anlehnung an dieses Zitat von Nelson Mandela möchte Harald Balluch, der Geschäftsführer des VGT aufrütteln:
„Wir müssen aufhören so zu tun, als gäbe es kein Problem! Wir sollten nicht vergessen, dass es da draußen Millionen von fühlenden Lebewesen gibt, die unser Mitgefühl und unseren Schutz genauso dringend brauchen wie z.B. Hunde und Katzen, mit denen wir unser Leben teilen! Wir haben nicht das Recht Nutztiere respektlos zu behandeln und selbst ihre fundamentalsten Bedürfnisse zu ignorieren, nur weil wir sie nicht persönlich kennen und uns daher ihre individuellen Schicksale emotional nicht so nahe gehen!“