Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.07.2013)
Wien, am 03.07.2013VGT mahnt: Reform 278a nur erster Schritt zur Absicherung der Demokratie
Die neue Waffe gegen legale, friedliche und konstruktive Tierschutzaktionen ist die Nötigung – wie in Tierschutzprozess und ÖVP-Aussendung deutlich wird
Die neue Waffe gegen legale, friedliche und konstruktive Tierschutzaktionen ist die Nötigung – wie in Tierschutzprozess und ÖVP-Aussendung deutlich wird
Der VGT, als Opfer einer nun schon 7 jährigen Verfolgung im Rahmen der nicht enden wollenden Tierschutzcausa, zeigt sich erfreut über die heute beschlossene Reform von § 278a. Damit ist eine Baustelle im Strafrecht, die wichtige und notwendige NGO-Arbeit gefährdet, beseitigt. Doch im neuen Urteil des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) zum Tierschutzprozess, das eine Neuauflage der Verhandlung in Wr. Neustadt erzwingt, wird gleich eine weitere Baustelle eröffnet: die Nötigung. Das OLG ist tatsächlich der Meinung, die Ankündigung einer legalen Kampagne mit Informationskundgebungen, Medienaktionen und kreativem Theater um den Pelzausstieg von Modehäusern zu erreichen sei sittenwidrig und mit bis zu 5 Jahren Gefängnis zu bestrafen.
„Diese Position“, so der VGT-Obmann Martin Balluch, „ist dermaßen unfassbar, dass sie noch nicht wirklich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen ist. Man kann es gar nicht glauben. Doch das Urteil wurde von uns veröffentlicht, auf den Seiten 39-50 ist das Argument ausgeführt: www.martinballuch.com/?p=2728. Konkret wird ein Tierschützer wegen schwerer Nötigung belangt, weil er 6 freundliche und höfliche E-Mails an die Firma Fürnkranz geschrieben hat (im vollen Wortlaut: www.martinballuch.com/?p=2800). Es kam nie zu auch nur einer einzigen Demo oder Aktion oder gar Sachbeschädigung gegen diese Firma. Es geht also ausschließlich um diese 6 E-Mails, die nach Ansicht des OLG bereits eine Nötigung darstellen sollen. Diese Rechtsansicht ist in Österreich nicht mehr juristisch bekämpfbar. Gleichzeitig ist sie für alle Menschen, die ‚billig und gerecht‘ denken, unerträglich.“
Und Balluch weiter: „Eine Nötigung ist nach § 105 (2) StGB nicht rechtswidrig, wenn ihr Zweck und das verwendete Mittel den guten Sitten entspricht. In diesem Fall ist der Zweck der Ausstieg aus dem Handel mit Pelzen, die man in Österreich gar nicht mehr herstellen dürfte, weil bereits seit 1998 Pelzfarmen verboten sind. Das Mittel sind legale, friedliche Informationskundgebungen, Medienaktionen und kreatives Theater, wie im Urteil attestiert wird. Weder Zweck noch Mittel können also in auch nur irgendeiner Form sittenwidrig sein. Dennoch wird das vom OLG behauptet und von ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath in einer heutigen Aussendung ausdrücklich begrüßt. Diese Rechtsmeinung zuende gedacht verhindert nicht nur jede klassische NGO-Kampagne gegen Firmen, die sich nicht an den ethischen Konsens im Land halten, sondern letztlich auch politische Kampagnen für Gesetzesverbesserungen, weil auch hier sowohl Zweck als auch Mittel dieselben sind. Zum Schutz der Demokratie wird also im Gesetz nachgebessert werden müssen, um offensichtlichen Missbrauch, wie im vorliegenden Fall, in Hinkunft zu verhindern!“