Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (04.04.2014)
Wien, am 04.04.2014Narrenfreiheit für die Polizei bei verdeckten Ermittlungseinsätzen
Vier Jahre nach der Maßnahmenbeschwerde gegen den verheimlichten und nicht genehmigten Einsatz der verdeckten Ermittlerin ,,Danielle Durand" im Rahmen des Tierschutzprozesses kam die erste öffentliche Verhandlung zu dem ernüchternden Ergebnis: ,,Nicht zuständig."
Kurz nachdem 2010 inmitten des laufenden Tierschutzprozesses bekannt wurde, dass die ,,SOKO Kleider Bauer" sowie der anklagende Staatsanwalt Wolfgang Handler versucht hatten die Existenz einer - massiv entlastenden - verdeckten Ermittlerin mit der Legende ,,Danielle Durand" zu verheimlichen, brachten einige der damaligen Angeklagten eine Maßnahmenbeschwerde.
Doch die Behörden verweigerten die Bearbeitung, Verwaltungssenate und die Datenschutzkommission schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Erst der Verfassungsgerichtshof zwang die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Legitimität dieses Ermittlungseinsatzes zu prüfen. Daher kam es erst jetzt - knapp vier Jahre nach der ersten Beschwerde! - zu einer ersten mündlichen Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien.
Richter Dr. Helm zeigte deutlich Verständnis für das Anliegen der beschwerdeführenden TierschützerInnen, doch er führte gleich eingangs aus, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit nur für sicherheits- nicht aber kriminalpolizeiliche Verfehlungen zuständig sei. Doch genau die letzgenannten verdeckten Ermittlungen gemäß Strafprozessordnung waren ja rechtswidrig. Der Verwaltungsrichter stellte zwar fest, dass die verdeckte Ermittlerin ,,Danielle Durand" nicht nur im Sinne der Gefahrenabwehr - also sicherheitspolizeilich - sondern sehr wohl auch im Sinne der Aufklärung von Straftaten - also kriminalpolizeilich - vorgegangen war. Immerhin hatte die Beamtin ,,Danielle Durand" insgesamt drei mal PET-Flaschen der mittlerweile freigesprochenen TierschutzaktivistInnen zum Zweck einer DNA-Prüfung entwendet, mit einem Angeklagten ging ihr Verhältnis - angeblich zur Wahrung ihrer ,,Legende" - auch über reinen Tierschutzaktivismus hinaus und sie verblieb ganze 19 Monate im AktivistInnenkreis des Verein gegen Tierfabriken wo sie sich auch an zahlreichen Gesetzesübertretungen im Sinne zivilen Ungehorsams beteiligte; Aber alles ohne auch nur dem kleinsten Hinweis auf kriminelle Aktivitäten.
Die Beklagtenvertreter vom Innenministerium - darunter auch der damalige SOKO-Leiter Mag. Erich Zwettler - bestanden während der siebenstündigen Verhandlung auf der Legalität des Ermittlungseinsatzes: Zwettler verstieg sich sogar zu der Behauptung, eine verdeckte Ermittlerin dürfe ,,bis auf präventives Erschießen fast alles" und nachdem der Staatsanwalt einen großen Lauschangriff genehmigt hatte, nahm Zwettler an, dass auch der verdeckte Ermittlungseinsatz genehmigt worden wäre. Einen entsprechenden Antrag, geschweige denn einen positiven Beschluss, für die genehmigungspflichtige verdeckte Ermittlung gab es freilich nie.
Obwohl das gegenständliche Urteil des Verwaltungsgericht nicht rechtskräftig und eine ordentliche Revision noch zulässig ist, bleibt ein äußerst beunruhigendes Gefühl: Möglicherweise gestattet die hier zu Tage getretene Gesetzeslücke im Rechtsschutzverfahren der Kriminalpolizei Narrenfreiheit beim Infiltrieren. Die Gesetzgebung täte gut daran, Opfern polizeilicher Willkür lückenlosen Rechtsschutz zu garantieren, anstatt demokratische Grundfreiheiten durch ein ausartendes Spitzelwesen zu unterminieren.