Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (26.05.2014)
Wien, am 26.05.2014Tierschutzprozess: Letzte Selbstanzeigen Nötigung Pelzkampagne eingebracht: 678
Letzte Runde der Neuauflage des Prozesses beginnt morgen Dienstag am LG Wr. Neustadt: Anklage Nötigung; unterdessen wurde gegen einen Selbstanzeiger Strafantrag gestellt
Der Freispruch wegen Nötigung aufgrund einer Kampagnenankündigung gegen Escada im Tierschutzprozess vom letzten Montag ist nun rechtskräftig. Der Richter hat klargestellt, dass er einen Schaden im strafrechtlichen Sinn aufgrund von legalen Demonstrationen für denkunmöglich hält. Abgesehen davon seien für einen Boykott eines Geschäfts die KonsumentInnen verantwortlich, und nicht die TierschützerInnen, die lediglich an deren Gewissen appellieren. Mit Moralappellen an KonsumentInnen könne man nicht drohen. Morgen Dienstag wird in der letzten Runde des Tierschutzprozesses über die Kampagnenankündigungen gegen Kleider Bauer und Fürnkranz verhandelt. Doch mit dieser Entscheidung müssten auch diese Vorwürfe wegen Nötigung vom Tisch sein, zu parallel ist die Faktenlage.
Der VGT hat Ende letzter Woche nun die restlichen Selbstanzeigen wegen Nötigung der Staatsanwaltschaft übergeben. Insgesamt 678 Personen haben an die Firma Sport Eybl genau jene 6 inkriminierten Emails geschickt, die dem Angeklagten Mag. Felix Hnat im Tierschutzprozess morgen vorgeworfen werden, weil er sie an Fürnkranz geschickt hatte. Dass der Vorwurf der Nötigung für Kampagnenankündigungen trotz der Entscheidungen des Richters noch immer in den Hirnen mancher Staatsanwaltschaften herumspukt, zeigt die Reaktion der Staatsanwaltschaft Salzburg. Der Salzburger Tierschutzverein RespekTiere hatte sich selbst angezeigt, nachdem er an ,,Madeleine Mode" ein höfliches Email mit der Ankündigung einer legalen Kampagne, sollte dieses Geschäft nicht aus dem Pelzhandel aussteigen, geschickt hatte, siehe Martin Balluchs Blog für den original Wortlaut. Am 8. Mai 2014 stellte die Staatsanwaltschaft deshalb tatsächlich einen Strafantrag, wollte also anklagen, zog dieses Vorhaben aber nach dem ersten Urteil des Richters im Tierschutzprozess Mitte Mai wieder zurück, siehe Martin Balluchs Blog.
VGT-Obmann DDr. Martin Balluch ist zuversichtlich: ,,Die ältere Generation der Justiz in Österreich scheint noch immer der Auffassung anzuhängen, dass die Zivilgesellschaft keine Kampagnen führen oder zumindest ankündigen darf, die Einfluss auf die Wirtschaft nehmen. Das haben wir im OLG-Berufungsurteil gesehen und von so manchen älteren Semestern in der Justiz gehört, die gerade in Pension gehen - wie auch die Senatsvorsitzende am OLG Wien, die für dieses Urteil zuständig war. Doch die jüngere Generation in der Justiz sieht das anders, wie der Richter im Tierschutzprozess - und die Menschen in Österreich sowieso, wie unserer IFES-Umfrage zu entnehmen ist, laut der 70% der Bevölkerung derartige Kampagnen begrüßen. Abgesehen davon ist Tierschutz nun Staatsziel in der Verfassung. Auch das Streikrecht musste sich erst von unten durchsetzen, jetzt erstreiten wir uns eben auch ein Kampagnenrecht."