Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (17.07.2015)
Wien, am 17.07.2015Lobbyerfolg der Nutztierindustrie: Oberösterreich verbietet Filmen in Tierfabriken
VGT kritisiert: keine seriöse Tierschutzarbeit ohne Information, keine Demokratie ohne informierte BürgerInnen; was hat der ÖVP-Bauerbund zu verbergen?
„Ag-gag“-Gesetze, also Knebelungsgesetze für KritikerInnen der Agrarindustrie, nennt man weltweit jene Gesetzesinitiativen, die darauf abzielen, das Filmen in Tierfabriken und Tierversuchslabors zu verbieten. Diese Seuche, so der VGT, grassiert insbesondere in den USA, wo die Großkonzerne traditionell das Sagen haben und KritikerInnen mit schärfsten Mitteln mundtot machen. Seit 1. Juli sitzt dort eine Tierschützerin namens Amber Canavan für 1 Monat im Gefängnis, weil sie heimlich in einer Gänsestopfleberfarm gefilmt und durch die Veröffentlichung einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte. Nun folgt Österreich auf den Fuß, zunächst in NÖ und jetzt auch in OÖ, den Hochburgen der ÖVP-Tierindustrielobby, indem sie das Filmen in Tierfabriken, ohne Schaden anzurichten oder Spuren zu hinterlassen, zur Verwaltungsstraftat erklärt.
VGT-Obmann Martin Balluch dazu: „Der kürzlich verstorbene langjährige ORF-Generalintendant Gerd Bacher, Österreichs Journalist des 20. Jahrhunderts, hatte einmal gesagt, dass ein Gramm Information mehr wiegt als 1 Tonne Meinung. Und recht hatte er. Als seriöser Tierschutzverein müssen wir Informationen verbreiten, keine Meinungen und Heilslehren. Doch dafür sind wir auf anonyme Zuspielungen von Videomaterial und Daten angewiesen, nicht unähnlich zu Wikileaks im politischen Bereich. Und nicht unähnlich zu Wikileaks weltweit werden wir in Österreich verfolgt. Eine Demokratie kann aber nur auf der Basis einer informierten Öffentlichkeit funktionieren, daher sind Pressefreiheit und undercover Recherchen zentrale Stützpfeiler dieser Staatsform. Mit dieser Entscheidung, das Filmen in Tierfabriken in OÖ explizit zu verbieten, ist Österreich wieder ein Stückchen in Richtung einer Gesellschaft gerückt, in der nur die Großkonzerne und Agrarindustrielobbys das Sagen haben.“
Und weiter: „Die Tierindustrie geht – zurecht – davon aus, dass Informationen aus Tierfabriken, die an die Öffentlichkeit kommen, ihrem Profit schadet. Wer sein Geld an brutalem Tierleid verdient, scheut die Öffentlichkeit wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. In Österreich haben wir große Mehrheiten gegen die Intensiv- und Massentierhaltung in der Bevölkerung. Dass diese Mehrheitsmeinung nicht Gesetz wird, ist nur durch undemokratisches Vorgehen zu verhindern. Eines der Mittel dazu ist es, die KritikerInnen als unsachlich und uninformiert hinzustellen, ein anderes sie zu kriminalisieren. Das neue Gesetz soll der Zivilgesellschaft in Österreich nur noch die Wahl lassen, in welche dieser beiden Schubladen sie fallen will.“