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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (19.02.2020)

Wien, am 19.02.2020

Tierversuche ... Wie lange noch?

Der VGT lädt zu einer Vortragsreihe mit Expert_innen ein, die von bahnbrechenden Entwicklungen in der tierfreien medizinischen Forschung berichten.

Die öffentliche Diskussion über Tierversuche ist in den letzten Jahren fast verstummt. Hat man sich damit abgefunden, dass sie nun einmal notwendig wären? Ist bei Tierversuchen alles in Ordnung, bestens kontrolliert und streng überwacht? Mitnichten. Die Kritik an Tierversuchen ist aktueller denn je. Gerade in den letzten Jahren wurden aufsehenerregende neue Methoden entwickelt, die für die Zukunft eine dramatische Änderung der Tierversuchspraxis versprechen.

In dieser Vortragsserie kommen Expert_innen aus verschiedenen Fachbereichen zu Wort. Ein Tierschützer, der undercover in einem Tierversuchslabor war, berichtet aus erster Hand von seinen Erfahrungen. Wissenschafter_innen der technischen Uni Wien und der Med Uni Graz stellen die aktuellsten Alternativen zu Tierversuchen vor. Und Kritiker_innen von Tierversuchen fassen den momentanen Status von Tierversuchen zusammen:

Nach 50 Jahren vorbei – wie das LPT in drei Monaten besiegt wurde

Friedrich Mülln

Friedrich Mülln

Friedrich Mülln / SOKO Tierschutz

Zeit
30. April 2020, 18:30 – 19:30 Uhr
Ort
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Das LPT ist Deutschlands berüchtigstes Tierlabor. Es macht Vergiftungsversuche für die Pharma- und Chemieindustrie weltweit. Auch österreichische Einrichtungen wie die Uni Wien ließen dort Hunde vergiften. Seit 50 Jahren wird das LPT bekämpft, es erschien aussichtslos und das Labor expandierte zunehmend, z.B. in die Primatenhaltung. Doch 4 Monate undercover Recherche und eine kurze, mächtige Kampagne, gestützt von der Kraft der Bilder, brachten die Wende. Das Labor ist Geschichte und die meisten Tiere konnten gerettet werden.

Friedrich Mülln ist seit 26 Jahren für Tierrechte aktiv und als Journalist und Tierschutzermittler auf undercover Einsätze in der Nutztierhaltung spezialisiert. Die Reportagen über Schlachthöfe, Tierlabore und Mastanlagen führten zu massiver Medienberichterstattung und großen Erfolgen wie der Schließung von sechs Schlachthöfen und zwei Tierlaboren.

Tierversuchsfreie Forschung im 21. Jahrhundert

Tamara Zietek

Dr. Tamara Zietek

Dr. Tamara Zietek / Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Zeit
12. Mai 2020, Einlass: 18:30 Uhr – 19:30 Uhr
Ort
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Heutige In-vitro-Modelle, die für die biomedizinische Forschung genutzt werden, sind komplexer und physiologischer denn je. Sie reichen von dreidimensionalen Zellkulturen über Organoide bis hin zu Multi-Organ-Chips, auf denen mehrere Organmodelle kombiniert und mit einem simulierten Blut- und Urinkreislauf miteinander verbunden werden. Diese humanen Zellmodelle können aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) gezüchtet werden, sowohl von gesunden Spender_innen als auch von Patiente_innen. Vor allem als Krankheitsmodelle und für die Entwicklung von Medikamenten oder giftigen Substanzen sind sie hoch relevant. Als Ersatzmethoden zum Tierversuch wurden bereits viele dieser Systeme erfolgreich validiert, insbesondere für den regulatorischen Bereich wie die Sicherheitsprüfung von Chemikalien. Kontinuierliche Optimierungen, u.a. hinsichtlich der Integration von Blutgefäßen und Immunsystem, führen dazu, dass die humanbasierten In-vitro-Modelle die Problematik der mangelnden Übertragbarkeit von Tierversuchen auf den Menschen überwinden können. Die Gründe, warum immer noch so viele Tierversuche durchgeführt werden, sind nicht wissenschaftlicher Natur, sondern haben strategische Ursachen, die in erster Linie von den Gesetzgebern angegangen werden müssen.

Dr. Zietek hat in Bochum Biochemie studiert und anschließend ihre Doktorarbeit (ebenfalls in Biochemie) in Köln gemacht. Danach war sie acht Jahre lang als Forschungsgruppenleiterin und Dozentin an der TU München (Ernährungsphysiologie) tätig und hat dort auch selbst an menschlichen Mini-Därmen (Darm-Organoiden) geforscht. Seit 2018 arbeitet sie bei Ärzte gegen Tierversuche in Köln. Hier ist sie Wissenschaftskoordinatorin und Expertin für tierversuchsfreie Forschungsmethoden. Außerdem ist sie zuständig für die EU-politische Arbeit in Hinblick auf Ersatzmethoden zum Tierversuch.

Tierversuche in Österreich – Unreguliert und unkontrolliert

DDr. Martin Balluch

DDr. Martin Balluch

DDr. Martin Balluch / VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN

Zeit
28. Mai 2020, (genaue Uhrzeit noch unbekannt)
Ort
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Alles ist nicht so, wie es scheint

Die Tierversuchsindustrie setzt auf Intransparenz und Diskussionsverweigerung. Gibt es öffentliche Kritik an konkreten Tierversuchen, wird sofort zivilrechtlich geklagt. So gelang es, in der Öffentlichkeit die falsche Vorstellung zu etablieren, dass alle Tierversuche dem Schutz menschlichen Lebens dienten, unabdingbar seien und darüber hinaus bestens kontrolliert. Die Wahrheit sieht aber ganz anders aus: jeder beantragte Tierversuch in Österreich wird genehmigt, das Tierversuchsgesetz schreibt keinerlei Kommission zur Genehmigung von Tierversuchen vor und es gibt niemanden, der wegen Übertretung des Tierversuchsgesetzes behördlich bestraft wurde. Zusätzlich dienen sehr viele Tierversuche gänzlich anderen Zielen, als dem Schutz menschlichen Lebens. Und Tierversuche sind auch gar nicht effektiv, um neue Medikamente zu entwickeln. Selbst das unabhängige, tierversuchsfreundliche Wissenschaftsmagazin New Scientist konstatiert eine Krise der Tierversuchsmethode. Der Ausweg kann nur die Entwicklung wissenschaftsbasierter Experimente ohne Tiere sein. Und das erste Strafverfahren wegen Übertretung des Tierversuchsgesetzes ist beim zuständigen Höchstgericht anhängig.

Martin Balluch studierte Mathematik, Physik, Astronomie und Philosophie, und arbeitete 12 Jahre lang als Universitätsassistent an den Unis Wien, Heidelberg und Cambridge. Bereits 1985 begann er sich gegen Tierversuche zu engagieren, veröffentlichte kritische Berichte über Tierversuche z.B. am Institut für Experimentelle Psychologie der Uni Cambridge und sitzt seit 2012 in der Bundestierversuchskommission. Er war führend an den erfolgreichen Kampagnen für ein Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen und für einen verpflichtenden Kriterienkatalog im Genehmigungsprozess für Tierversuche beteiligt.

Organe am Chip: tierversuchsfreie Forschungsansätze in der Biomedizin

Peter Ertl

Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Peter Ertl

Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Peter Ertl / Fakultät für Technische Chemie Technische Universität Wien

Zeit
Termin verschoben
Ort
Wird noch bekanntgegeben

Ein neuer Ansatz in der Biomedizin ist die Integration von lebenden menschlichen Zellsystemen in Biochips, welche die Untersuchung von Gewebestrukturen unter physiologisch relevanten Bedingungen im Scheckkartenformat ermöglichen. Die Erzeugung miniaturisierter Gewebe- und Krankheitsmodelle im Rahmen sogenannter Organs-on-a-Chip-Systeme verspricht nicht nur eine Verringerung der Abhängigkeit der pharmazeutischen Industrie von Tierversuchen, sondern ist auch ein wichtiger Fortschritt in der personalisierten Medizin. Die Bedeutung der Technologie wurde auch vom council on emerging technologies des World Economic Forums bestätigt, die Organ-on-a-Chip Systeme als eine der Top 10 emerging technologies in 2016 präsentierte. Organ-on-a-Chip repräsentieren zwar nur die kleinste funktionale Einheit (z.B. ein Hunderttausendstel einer Leber) eines oder mehrere Organe, trotzdem gibt es Grund zur Annahme, dass Chip-basierte menschliche Miniaturorgane die Vorhersagbarkeit unerwünschter Nebenwirkungen von z.B. Medikamenten verbessern. Im Rahmen des Vortrages werden die Vor- und Nachteile von Chip-basierten Mikrogewebe für den Ersatz von Tierversuchen und in der personalisierte Medizin anhand zweier praktischer Beispiele Gelenk- bzw Parkinson’s am Chip dargelegt.

Peter Ertl leitet die Forschungsgruppe CellChip Technologien und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von miniaturisierten, diagnostischen Systemen, Biosensoren, Lab-on-a-Chip und Organs-on-a-Chip-Technologien. Dr. Ertl hat einen Abschluss als Dipl.-Ing. in Lebensmittel- und Biotechnologie (1997, BOKU, Österreich) und promovierte in 2001 im Fachbereich Analytischer Chemie an der University of Waterloo, Kanada. Nach dem Chemie-Studium verbrachte er mehrere Jahre als Biophysiker an der UC Berkeley (USA). Im Jahr 2003 mitgründete er RapidLabs Inc. (Kitchener, Ontario, Kanada) ein Start-up Unternehmen für medizinische Diagnosegeräte auf dem Gebiet der bakteriellen Erregererkennung und Antibiotikaresistenzen. In 2006 wechselte er ans Austrian Institute of Technology (AIT), wo er bis 2015 als Senior Scientist an der Entwicklung von Lab-on-a-Chip-Systemen arbeitete. Während seiner Tätigkeit am AIT habilitierte Dr. Ertl sich 2011 im Bereich Nanobiotechnologie an der University of Life Sciences (BOKU), Wien, und war als Gastwissenschaftler an mehreren internationalen Institutionen tätig, darunter als Fulbright-Scholar an der University of California in Berkeley in 2012, als Gastforscher an der Nangyang Technological University (Singapore) 2013 und an der Medical School der University of California San Francisco, USA, im Jahr 2014. Im Jahr 2016 wurde Dr. Ertl an die Fakultät für Technische Chemie der Technischen Universität Wien berufen, wo er eine Arbeitsgruppe leitet. Seit 2017 ist Dr. Ertl weiters Chief Technology Officer der SAICO Biosystems KG, einem von ihm gegründeten Wiener Unternehmen, das sich auf die Mikrofabrikation von Biosensoren und Lab-on-a-Chip-Systemen für biomedizinische Anwendungen konzentriert.

Umsetzung der 3R in der Forschung

Birgit Reininger-Gutmann

Dr. Birgit Reininger-Gutmann

Dr. Birgit Reininger-Gutmann / Medizinische Universität Graz

Zeit
Termin verschoben
Ort
Wird noch bekanntgegeben

Die Gesellschaft zur Förderung von alternativen Biomodellen, The RepRefRed Society, stellt sich vor.

Spätestens mit der Revision des Tierversuchsgesetzes in Österreich 2012 wurden die 3R nach Russell und Burch 1959 zu einem wesentlichen und unumgänglichen Thema in der biomedizinischen Forschung. Die 3R stehen für Replacement (Vermeidung), Reduction (Verringerung) und Refinement (Verfeinerung) von Tierversuchen. Um diese 3R in allen Belangen zu fördern, haben wir, das sind Forschende der drei Medizinischen Universitäten Österreichs, 2016 den Verein Gesellschaft zur Förderung von alternativen Biomodellen (The RepRefRed Society) gegründet. Zusammen mit Tierärzt_innen, Tierpflegepersonal und Forschenden aus den Bereichen der biomedizinischen Forschung und der Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch, organisiert die RepRefRed Society Kongresse, Tagungen und Workshops, um eine Plattform für Kommunikation und Wissenstransfer im Bereich der 3R zu bieten. Damit trägt die RepRefRed Society u.a. zur Verbesserung von Protokollen bei, ermöglicht Forschenden das Erlernen innovativer Alternativtechniken und fördert damit den Ersatz, die Reduzierung und die Verfeinerung von Tierversuchen.

Seit 2006 ist Dr. Reininger-Gutmann Leiterin der Abteilung für Biomedizinische Forschung an der Medizinischen Universität Graz. Sie ist die Gründerin und Präsidentin von The RepRefRed Society.

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