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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (02.08.2022)

Wien, am 02.08.2022

Ergebnis der VGT-Kampagne gegen die Erhöhung der Besatzdichten bei Masthühnern und -puten

Seit Erstellung des Bundestierschutzgesetzes hat die Geflügelindustrie versucht, die Besatzdichten von Masthühner um 30 % und die von Puten um 50 % zu erhöhen – erst die massive VGT-Kampagne von 2014/15 beendete diese Diskussion nachhaltig.

Die sogenannte Besatzdichte bei Hühnern und Puten in den Masthallen ist ein entscheidender Parameter für ihr Wohlbefinden. Die Besatzdichte ist die Anzahl der Tiere pro Fläche oder auch das Lebendgewicht pro Fläche. Sie bestimmt nicht nur, wieviel Bewegungsmöglichkeit die Tiere haben, sondern auch, wie verkotet und feucht der Boden in der Halle ist. Mehr Tiere pro Fläche koten mehr. Und bei mehr und insbesondere feuchterem Kot, verätzen sich die Tiere ihre Beine und ihre Brust, wenn sie sitzen oder liegen.

Bei Erstellung des Bundestierschutzgesetzes wurden die nun bundesweit zu geltenden Bestimmungen, darunter die maximale Besatzdichte, verhandelt. Die Geflügelindustrie forderte zu diesem Zeitpunkt 2004 allen Ernstes, dass die maximal erlaubte Besatzdichte über der schlechtesten damals in den Ländern geltenden Besatzdichte liegen solle. Argumentiert wurde das mit der haarsträubenden Ansicht, dass sich ja niemand in der Realität an die maximale Besatzdichte halten würde und deshalb die Anpassung der Gesetzgebung an die gesetzwidrigen Zustände in den Mastbetrieben angezeigt sei.

Der 2. Verschlechterungsversuch 2009 abgewehrt

Ende Dezember 2008 wurde für den VGT überraschend ein Verordnungsentwurf für die Mastgeflügelhaltung in Begutachtung geschickt, der bereits detailliert ausformuliert zugelassen hätte, dass die eh schon vollgestopften Tierfabriken mit um ein Drittel mehr Hühnern und sogar um die Hälfte mehr Puten angefüllt hätten werden dürfen. Der VGT reichte am 11. Jänner 2009 im Parlament eine wissenschaftlich fundierte Stellungnahme dagegen ein. Da sich nach Ende der Begutachtungsfrist Anfang Februar 2009 aber keine ministerielle Ablehnung dieses Entwurfs abzeichnete, sah sich der VGT gezwungen, bundesweit Proteste auszurufen. Der VGT hielt ab Mittwoch den 11. Februar 2009 täglich 2 Demos vor dem Tierschutzministerium ab und schickte 7 Presseaussendungen aus. Die SPÖ, die mit Alois Stöger damals den Tierschutzminister stellte, zeigte sich aber gesprächsbereit und rief am 13. Februar 2009 eine Nachdenkpause aus. Die Besatzdichtenerhöhung war damit vorerst vom Tisch.

Der 3. Verschlechterungsversuch 2013 abgewehrt

Mitte Februar 2013 kam aus heiterem Himmel eine Presseaussendung der Qualitätsgeflügelvereinigung QGV heraus, in dem eine anstehende Erhöhung der Besatzdichten bei Masthühnern und -puten angekündigt wurde. Tatsächlich war bereits im Oktober 2012 eine entsprechende Eingabe eingereicht worden. Dem VGT wurde anonym dieses 34 seitige Schreiben der QGV an das SPÖ geleitete Tierschutzministerium zugesteckt, in dem für die Besatzdichtenerhöhung argumentiert wurde. Die QGV forderte darin eine Erhöhung der Besatzdichte von Junghennen von Legerassen von 14 auf 20 Tiere pro m², eine Reduktion der Weidefläche von Freilandlegehennen von 8 auf 4 m² pro Tier und Besatzdichtenerhöhungen bei Mastgeflügel. Masthühner sollen statt bisher bei maximal 30 kg Lebendgewicht pro m² (also z.B. 20 Hennen mit 1,5 kg pro m²) bei 38 kg/m² (also 26 Hennen mit 1,5 kg pro m²) in fenster- und strukturlose Hallen zu je zig tausenden hinein gepfercht werden dürfen! Und in der Putenfabrik soll die Besatzdichte sogar gleich um geschlagene 50% (!) von 40 kg Lebendgewicht pro m² auf 60 kg/m² ansteigen! Also ein Gesamtpaket der Nivellierung etablierter Tierschutzstandards bei Hühnern und Puten, wie es bis dahin noch nie vorgekommen ist.

Der VGT reagierte mit Protesten insbesondere beim von SPÖ-Minister Alois Stöger geleiteten Tierschutzministerium, aber auch bei ÖVP-Landwirtschaftsminister Berlakovich. In 5 VGT-Presseaussendungen wurde auf die drohende Gefahr für den Tierschutz hingewiesen. Am 6. Mai 2013 gab das SPÖ-Tierschutzministerium bekannt, dem Antrag der QGV vom Oktober 2012 nicht nachkommen zu wollen. Der nächste Angriff war abgewehrt.

4. Verschlechterungsversuch 2014

Im März 2014 wurde bekannt, dass eine neue Verordnungsänderung für Mastgeflügel in der Pipeline sei. Beamte des Tierschutzministeriums und der Chef der Vier Pfoten erklärten dem VGT-Obmann, dass die Sache gegessen sei, die Änderung sei nun beschlossene Sache und unabänderlich. Sie werde im April 2014 in Begutachtung gehen.

Diesmal hatte die QGV die Forderungen auf Mastgeflügel reduziert und ein ihrer Ansicht nach sehr schmackhaftes Angebot gemacht. Eine Verschlechterung der Besatzdichten insbesondere bei Puten sei notwendig, sonst würden die Betriebe bankrott gehen. Man wolle eine Reduktion der Abgabe von Antibiotika und eine flächendeckende Teilnahme am Tiergesundheitsdienst bieten.

Die QGV nannte es all in one Programm: Neben der Einschränkung der Antibiotika und der Maßnahmen gegen Campylobacter und Salmonellen, sollte eine Erhöhung der maximalen Besatzdichten bei Masthühnern von 30 kg/m² auf 38 kg/m² und bei Mastputen von 40 kg/m² auf 58 kg/m² erfolgen. Diese sei jedoch an Tierschutzindikatoren gekoppelt. Man müsse, so die QGV, von den cm² Zahlen bei gesetzlichen Bestimmungen zu Tieren abkommen und die Tiergesundheit als Ganzes betrachten.

Konkret hieß das: wenn die Mortalitätsrate bei 3 Mastdurchgängen hintereinander eine gewisse, noch festzulegende Höhe übersteige, und wenn gleichzeitig am Schlachthof bei diesen 3 Mastdurchgängen die Ätzungswunden an den Fußballen der Tiere im Mittel über 1 cm groß seien, dann müsste die Besatzdichte reduziert werden. Sind die Ätzwunden an den Fußballen im Mittel 1 cm groß, dann könne die Besatzdichte bleiben. Und wenn die Ätzwunden im Mittel unter 1 cm groß sind, dann dürfe die Besatzdichte angehoben werden. So würde sichergestellt, dass die Ätzwunden an den Fußballen der Tiere im Mittel 1 cm groß sind! Unfassbarer Weise wurde das als die neue Tierschutzlinie nicht nur der QGV, sondern auch der SPÖ verkauft.

Der VGT rief deshalb am 13. März 2014 sein neues bundesweites Fokuskampagenziel aus: keine Verschlechterung der Besatzdichten bei Mastgeflügel!

Status Quo

Zu Beginn der VGT-Kampagne war die Besatzdichte bei Masthühnern mit 30 kg/m² begrenzt. Üblicherweise wurde in der Mast ein sogenanntes Splitting verwendet. Dafür ließ man die Hühner ein Gewicht von ca. 1,5 kg erreichen, sodass die Besatzdichte 20 Tiere pro m² betrug. Die geplante Erhöhung hätte 26 Tiere pro m² erlaubt. Dann, nach ca. 4-5 Wochen, wurde die Hälfte der Tiere geschlachtet und der Rest noch 1-2 weitere Wochen auf über 2,5 kg gemästet. Die Erhöhung der Besatzdichte würde die Produktionskosten um 4-5 % senken, aber für 2,1 Millionen zusätzliche Hühner pro Jahr den Tod während der Mast bedeuten.

Für Puten war die maximale Besatzdichte mit 40 kg/m² festgelegt. Beim Einstallen sind das etwa 3 Puten/m³. Bei einer Erhöhung der Besatzdichte auf die geplanten 58 kg/m² würden etwa 4 ½ Puten/m² eingestallt werden können. Nach 16 Wochen erreichten die weiblichen Tiere 13 kg und die Grenze der Besatzdichte ist erreicht. Deshalb werden die weiblichen geschlachtet. Die verbliebenen männlichen Tiere mästete man insgesamt 22 Wochen auf 22 kg und hat zuletzt eine Besatzdichte von 3 Puten/2m². Die Erhöhung würde über 2 Puten/m² erlauben.

Aktivitäten

Der VGT deckte im Laufe der nächsten Monate die Zustände in einigen Masthühner- und Mastputenfabriken auf und erstellte einen Kampagnenfilm. Der VGT erstellte Postkarten mit SPÖ kritischer Botschaft und warf sie in zigtausende Postkästen. Es gab auch eine Positivkampagne mit Video und Flugblättern von den Hühnern am Schottenhof bei Wien, um zu zeigen, wie intelligent diese Tiere sind und wie emotional komplex sie agieren.

Lokale Delegationen des VGT besuchten alle Landesorganisationen der SPÖ und wurden großteils in ihrer Kritik bestärkt. Es gab 3 Aktionen mit toten Masthühnern, vor der Landwirtschaftskammer Österreich (30. Jänner 2014), vor der SPÖ Zentrale in Graz (21. Mai 2014) und am Stephansplatz in Wien (10. Juli 2014). Zusätzlich wurden hunderte Kundgebungen gegen die SPÖ abgehalten. Am 30. März 2014 sprach sich die Opposition von Grünen und FPÖ in einer Sitzung der Tierschutzkommission gegen die geplante Verschlechterung aus. Im April 2014 ging jedenfalls keine Verordnung zur Geflügelhaltung in Begutachtung.

Am 14. Mai 2014 deckte der VGT auf, dass SPAR Putenfleisch aus Deutschland importierte, das aus einer deutlich schlechteren Haltung, als die österreichische Besatzdichte vorschreibt, stammte und veröffentlichte, dass SPAR deshalb die Demontage der österreichischen Bestimmungen begrüße. REWE dagegen sprach sich sehr deutlich gegen die Erhöhung der Besatzdichten aus. SPAR wandte sich nach Veröffentlichung umgehend an den VGT und sprach von einem Missverständnis. Man habe sich nur alle Standpunkte anhören wollen und sei selbstverständlich gegen die Besatzdichtenerhöhung.

Am 21. Mai 2014 veröffentlichte der VGT ein Gutachten zur Besatzdichtenerhöhung von Mastgeflügel, das von einem englischen Wissenschafter erstellt worden war.

Im August 2014 tourte der VGT mit einem Masthuhnkostüm von CIWF aus England durch Österreich.

Das Europäische Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO) kontrollierte Mitte 2014 Tierschutzstandards in Österreich. Die EU-InspekteurInnen kritisierten dabei u.a., dass die zentrale zuständige Behörde in Österreich weder sicherstelle, dass die in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegte maximale Besatzdichte für Puten über den gesamten Produktionszyklus eingehalten werde, noch, dass kranke und verletzte Puten mit einem Lebendgewicht von mehr als 5 kg nur nach Betäubung mit einer erlaubten Methode im Betrieb getötet würden.

Im September 2014 wurde der SPÖ-Tierschutzminister Alois Stöger durch die SPÖ-Tierschutzministerin Sabine Oberhauser ersetzt. Am 20. Jänner 2015 konnte der VGT mit der Ministerin sprechen, ihr 2 Petitionen mit insgesamt 78.000 Unterschriften übergeben und ihr die Sachlage erklären. Sie sagte unmissverständlich, dass es mit ihr keine Erhöhung der Besatzdichte bei Mastgeflügel geben werde. Wenig später wurde bekannt, dass sie an einem tödlichen Krebs erkrankt ist (sie starb am 23. Februar 2017).

Im Februar 2015 schränkte die Geflügelindustrie ihre Forderungen auf die Besatzdichte bei Puten ein. Dort müsse etwas geschehen, der Selbstversorgungsgrad sei so gering. Der VGT veröffentlichte daraufhin einige Aufdeckungsvideos aus verschiedenen Putenfabriken. Letztlich erstellte der VGT sogar eine eigene Studie über die Bewegungslosigkeit von Puten in der Mast aufgrund der hohen Besatzdichte. Die Ergebnisse wurden am 17. Juni 2015 in einer weiteren Pressekonferenz präsentiert. Damit endete die Kampagne des VGT erfolgreich. Insgesamt hat der VGT 54 Presseaussendungen zu diesem Thema ausgeschickt.

Ergebnis

Sämtliche Verordnungsänderungen für eine Erhöhung der Besatzdichte bei Masthühnern und Mastputen wurden ein für alle Mal ad acta gelegt.

Die Geflügelindustrie erklärte, dass sie sich an die alten Vorgaben halten werde und keine Verschlechterungen mehr anstrebe. Zahlreiche Putenbetriebe wendeten sich an die Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! und verbesserten ihre Haltung noch dahingehend, dass den Puten ein Außenbereich, erhöhte Sitzstangen und ein Strohballen geboten wurde. Auch die Wachstumsgeschwindigkeit der Rasse wurde herabgesetzt.

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