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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.08.2022)

Wien, am 03.08.2022

Ergebnis der Kampagne des VGT gegen österreichische Pelzfarmen

Zur Überraschung der weltweiten Tierschutzszene gelang es dem Tierschutz in Österreich Bundesland für Bundesland alle Pelzfarmen zu schließen, bis am 17. 11. 1998 Österreich keine Pelzproduktion mehr hatte.

Tierpelz ist seit dem Mittelalter in Europa ein Statussymbol. Den Pelz gewisser Tierarten zu tragen, war nur der Aristokratie vorbehalten, z.B. Hermelin nur dem Hochadel. Als das Großbürgertum, nicht zuletzt durch die bürgerliche Revolution von 1848, an die Macht drängte, wollte man es der Aristokratie nachmachen. Eine Bürgerfamilie hat es in der Gesellschaft zu etwas gebracht, so das Narrativ, wenn sie einen Pelzmantel erstehen konnte. Präsident:in und Vizepräsident:in des Verfassungsgerichtshofs in Wien z.B. haben Hermelinpelz am Talar. Wie die König:innen des Mittelalters.

Die früheste Erwähnung vom Kürschnerhandwerk in Wien stammt von 1272. Ab 1909 gab es die Wirtschaftsgenossenschaft der Kürschnerinnung Österreichs, die mit Modeschauen, Werbekampagnen und Pelzausstellungen ihre Produkte in Umlauf brachte. Im Jahr 1938 wurden mehr als 1.000 Kürschnereien in Wien geführt.

Um der Ausrottung von Pelztierarten aufgrund der großen Nachfrage nach Pelz entgegen zu wirken, begann man in Kanada bereits in den 1890er Jahren mit der Pelztierzucht auf Farmen. Seit 1922 ist die erste Pelzfarm in Österreich, eine Farm mit Silberfüchsen, das ist eine Züchtung aus dem Rotfuchs, verbürgt.

Erste Proteste gegen Pelz in Österreich

In den 1970er Jahren sah man die französische Schauspielerin Brigitte Bardot auf den Fernsehschirmen in Österreich, wie sie mit Robbenbabies auf kanadischen Eisschollen lag und um ihren Schutz bat. Auch der grausame Fang der Pelztiere mit Tellereisen, der bis heute in Kanada gängige Praxis ist, wurde bekannt. Proteste dagegen mündeten in Europa in Handelsverbote (Jungrobbenfelle 1982, Tellereisenverordnung 1991).

In Österreich hatte die Pelzkampagne der Tierschutzorganisationen im Jahr 1988 ihre Initialzündung. In einer Nacht wurden alle 188 Pelzgeschäfte Wiens mit roter Farbe bemalt. Dazu gab es Pelz-Sprühaktionen, verklebte Türschlösser und zerbrochene Scheiben. Die Kürschnerinnung reagierte mit einer Großdemo für Pelz in der Wiener Innenstadt. Doch das konnte nichts daran ändern, dass der Pelzhandel in Österreich im Jahr 1988 um 90 % einbrach. Im selben Jahr gab es aber Schätzungen zufolge noch immer 60 bis 80 Pelzfarmen in Österreich, mit Füchsen, Nerzen (der amerikanische Mink) und Sumpfbibern. Mangels Meldepflicht, einer Bewilligungspflicht oder auch nur einer statistischen Erfassung, sind keine genaueren Angaben möglich.

Die Vier Pfoten besetzten 1988, 1989 und 1990 österreichische Pelzfarmen und wurden dabei von einem Besitzer mit einem Holzprügel attackiert. Es kam auch zu einer offenen Befreiung von 4 Füchsen aus einer Pelzfarm und zu einem Brandanschlag auf die Garage einer Nerzfarm. Der Wiener Tierschutzverein übernahm eine Pelzfarm mit Sumpfbiberzucht, öffnete die Käfige und machte daraus einen Lebenshof, bis alle Tiere eines natürlichen Todes gestorben waren.

Auftritt der ÖVP-Umweltministerin Marlies Flemming (1987-1991)

Ausgerechnet eine ÖVP-Bundesministerin begann, Tierpelz zu einem Thema für gesetzliche Veränderungen zu machen, obwohl damals Tierschutz Landessache war und es für Pelztiere keinerlei Vorschriften gab. Flemming gründete 1990 eine Tierschutzarbeitsgruppe im Ministerium, ließ vom damals allseits bekannten Veterinärmediziner Helmut Pechlaner (bis 1991 Direktor des Alpenzoos, danach bis 2007 Direktor des Zoos Schönbrunn in Wien, von 1990 bis 1994 Moderator der ORF-Sendereihe „Treffpunkt Natur“) im Jahr 1991 eine Studie über das Tierleid in Pelzfarmen erstellen und produzierte Flugblätter und Plakate gegen Pelzfarmen. Flemming war an der Besetzung der Hainburger Au beteiligt gewesen und hatte sich öffentlich als Gegnerin des Kernkraftwerks Zwentendorf profiliert. Während ihrer Amtszeit als Ministerin wurden das Chemikaliengesetz, das Luftreinhaltegesetz und das Smogalarmgesetz beschlossen. Im Jahr 1991 wurde sie wegen Arbeitsaufträgen der Regierung an die Firma ihres Mannes von der Opposition zum Rücktritt gezwungen. Doch ihre Aktivitäten gegen Pelzfarmen hatten eine nachhaltige Wirkung. Im Verlauf der 1990er Jahre sahen sich sämtliche Landesregierungen gezwungen, wenigstens irgendwelche Bestimmungen für die Pelztierhaltung zu erlassen.

Beginn der Kampagne des VGT gegen Pelzfarmen

Mit der Gründung des VGT im Jahr 1992 begannen auch schon die Aktionen gegen Pelz. Es war der richtige Zeitpunkt. Aufgrund von der Vorarbeit der ehemaligen ÖVP-Umweltministerin Flemming, konnten die Landesregierungen unter Druck gesetzt werden, um über Pelzfarmverbote zu sprechen. Wie gesagt, es gab zu diesem Zeitpunkt nicht einmal eine Melde- oder eine Bewilligungspflicht für die Pelztierhaltung.

Im Jahr 1993 wurde vom VGT eine Bestandsaufnahme von Pelzfarmen durchgeführt. Nach Meldungen aus der Bevölkerung und persönlichen Recherchen, gab es damals mindestens 43 Pelzfarmen in ganz Österreich.

Status Quo

In den österreichischen Pelzfarmen wurden die Nerze in Drahtgitterkäfigen der Größe 30 cm x 90 cm oder 40 cm x 50 cm mit jeweils einer Nestbox gehalten. Füchsen wurden Drahtgitterkäfige der Größe 1 m x 1 m geboten. Die Tiere mussten auf dem Gitterboden stehen und hatten keine Beschäftigungsmöglichkeit. Weil es sich bei Füchsen und Nerzen um territoriale Beutegreifer handelt, die sich in der Natur gegenseitig vertreiben, waren die Tiere aufgrund der Nähe der Artgenossen extrem gestresst. Viele verstümmelten sich aus Verzweiflung selbst. Alle diese Fakten wurden von Pechlaner in seiner Studie wissenschaftlich belegt.

Die Nahrung für die Füchse und Nerze war ein Fleischbrei, der u.a. aus zermahlenen Tieren bestanden hat, die anderweitig gestorben sind. Der Brei wurde oben auf das Gitter der Käfige geschüttet. Zur Tötung im November hat man den Füchsen Elektroden in Mund und After gesteckt und eine Stromladung durch ihre Körper geschickt. Die Nerze wurden in Behältern oder am Anhänger des Traktors mit dessen Auspuffgasen vergiftet. Nerze können als Wassertiere 8 Minuten die Luft anhalten. Entsprechend war der Tod eine quälend langwierige Angelegenheit.

Aktivitäten

Im Rahmen der Kampagne organisierte der VGT Nacktläufe, Nacktumzüge und zahlreiche Lieber nackt als Pelz Aktionen auch in Pelzgeschäften. Regelmäßig wurden Infostände und Medienaktionen (Pelzverbrennungen, Schauschlachtungen, Pelzung von Aktivist:innen und Pelzbeschüttungen) durchgeführt. Ab 1997 begannen die täglichen Dauerdemos vor dem Pelzgeschäft Liska (damals am Stock-im-Eisen Platz in Wien). Jede einzelne Pelzmodeschau, von denen es sehr viele gab, wurde von Aktivist:innen, die auf die Bühne stürmten, gestört, insbesondere die 5 tägige Pelzmodeschau bei der Frauenmesse in der Wiener Stadthalle. Und es gab große Demoumzüge durch verschiedene Landeshauptstädte und Wien mit bis zu 300 Personen.

Zusätzlich kam es zur Besetzung von Pelzfarmen. Einmal wurde während einer Besetzung das deutsche TV-Team, das die Aktion begleitete, vom Pelzfarmer mit einer Leuchtrakete getroffen. Insgesamt wurden 3 Mal Befreiungen von Nerzen durchgeführt.

Presseaussendungen seitens des VGT waren damals noch eine seltene Ausnahme. In der Kampagne des VGT gegen Pelzfarmen in Österreich wurden insgesamt nur 9 Mal die Medien informiert.

Erste Fortschritte

Ein Bundesland nach dem anderen erließ in den 1990er Jahren Verordnungen zur Pelztierhaltung. In Vorarlberg, Tirol, OÖ, der Steiermark und Wien waren das explizite Pelzfarmverbote. In diesen Bundesländern gab es kaum Pelzfarmen. In Salzburg, Kärnten und dem Burgenland wurden Pelzfarmen unter der Auflage erlaubt, dass Füchse Zugang zu einem natürlichen Boden zum Graben haben, und Nerze zu Schwimmwasser. Das führte zur Schließung zahlreicher Farmen, im Jahr 1996 betraf das auch die letzte Fuchsfarm Österreichs. Schließlich blieb nur NÖ als einziges Bundesland mit Nerzfarmen und ohne gesetzlicher Regelung.

Das Finale

In NÖ gab es noch einige Nerzfarmen im Waldviertel, so eine große Farm in Franzen (deren Hallen heute noch unverändert stehen), in Zwettl (1.000 Nerze) und in Au bei Heidenreichstein (mit 5.000 Nerzen). Nur dieses Bundesland hatte noch keine Verordnung zur Pelztierhaltung. Am 1. Juli 1997 wurde gegen heftige Proteste des VGT eine solche erlassen, die die ganz normale Käfighaltung einfach so zuließ. Der VGT schickte daraufhin 70.000 Postkarten an Haushalte in NÖ und sammelte zuletzt 35.000 Unterschriften für ein Pelzfarmverbot.

Aufgrund des öffentlichen Drucks hatten bis dahin alle Pelzfarmen in NÖ geschlossen, außer jener in Zwettl und jener bei Heidenreichstein. Da starb der Pelzfarmer aus Zwettl und es blieb nur noch eine Farm übrig.

Am 9. Februar 1998 stürmten 18 Aktivist:innen in das Büro des Landeshauptmanns von NÖ, Erwin Pröll, und ketteten sich mit Fahrradschlössern in der Oktopus-Position an. 1 ½ Stunden später kam es zu einem Gespräch mit dem Landeshauptmann über das Pelzfarmverbot und unmittelbar darauf mit dem SPÖ-Landesrat, der die nö Pelztierhaltungsverordnung erlassen hatte. Das Gespräch war zunächst unergiebig, weil der Landesrat meinte, er habe die letzten beiden Pelzfarmen besucht und habe sie „gar nicht so schlimm“ gefunden, wie er erwartet hätte. Doch Landeshauptmann Pröll wandte sich direkt an den Landesrat und drängte ihn im Sinne des Tierschutzes alle Möglichkeiten zur Schließung der letzten Farm auszuschöpfen. Daraufhin wurde die VGT-Besetzung freiwillig beendet.

Ergebnis der VGT-Kampagne gegen Pelzfarmen in Österreich

Am 17. Februar 1998 beschloss der NÖ Landtag einstimmig, ein Pelzfarmverbot zu erlassen und die letzte Pelzfarm zu schließen.

Am 1. Oktober 1998 verkündete die NÖ Landesregierung, dass der letzte Nerzzüchter Niederösterreichs, der seit 30 Jahren seine Pelzfarm betreibe, am 30. November 1998 die Zucht schließen werde. Vertraglich wurde vereinbart, dass er 4,7 Millionen Schilling erhalte, sich dafür aber verpflichte, keine Pelztiere mehr in Österreich zu züchten oder zu halten sowie sein Wissen über die Pelztierzucht nicht weiter zu geben.

Die im Februar 1998 auf der Pelzfarm vorhandenen 900 Zuchtnerze hatten sich bis dahin zu insgesamt 5.000 Nerzen vermehrt. Der Pelzfarmer konnte diese Tiere bis 17. November 1998 noch töten und ihre Pelze verkaufen. An diesem Tag schloss er seine Farm. Heute steht noch das Häuschen am Pelzfarmgelände, wo die Nerze vergast worden sind. Der Rest ist zu einem Wäldchen zugewachsen.

Damit gab es in Österreich ab dem 17. November 1998 keine Pelzfarmen mehr.

Das Nachspiel

Der letzte Pelzfarmer Österreichs wanderte nach Tschechien aus und gründete dort die größte Pelzfarm des Landes. Die Kompensation von 4,7 Millionen Schilling sind in Euro 340.000, inflationsbereinigt in heutiger Kaufkraft € 560.000. Mit diesem Geld war es ihm möglich, eine neue Nerzfarm zu gründen.

Am 26. Mai 2010 trat der ehemals letzte Pelzfarmer Österreichs als Zeuge der Anklage im Tierschutzprozess auf. Er sollte bezeugen, dass die Angeklagten eine kriminelle Organisation gegründet hatten, um Personen wie ihn zu nötigen, nicht mehr Tiere zu quälen.

Doch auch in Tschechien holten ihn die Tierschützer:innen ein. Am 7. Juni 2017 beschloss das Parlament dort ein Pelzfarmverbot, am 2. August 2017 trat es in Kraft, bis Anfang 2019, also innerhalb von 16 Monaten, mussten alle Pelzfarmen schließen.

Mit 1. Jänner 2005 wurde das Bundestierschutzgesetz in Österreich in Kraft gesetzt, das die Haltung von Pelztieren zur Gewinnung von Pelz grundsätzlich bundesweit verbietet.

Seit Ende 1998 kann man durch Österreich fahren und trifft auf keine Pelzfarmen mehr. Dort, wo einst diese Farmen gestanden sind, meistens auf Wiesen, sogar im Wald versteckt, jedenfalls abseits von Dörfern, ist nichts mehr von ihnen zu sehen (mit Ausnahme der Farm in Franzen im Waldviertel). Die Natur hat diese Plätze zurück erobert.

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