Hintergrundwissen Tiertransporte
Zahlen und Fakten
Österreich exportierte laut TRACES Bericht im Jahr 2019 zirka 107.000 Rinder, 40.000 Schweine, 20 Millionen Geflügeltiere, 30.000 Schafe und Ziegen und 4.000 Pferde.
Bei 70 Prozent der sogenannten Zuchtrinderexporte werden die Tiere sogar über die EU-Grenze hinaus transportiert. Die meisten landen in der Türkei, Aserbaidschan, Usbekistan und seit April 2016 auch im Iran. Die Exportzahlen von Zuchtrindern sind mit 25 – 40.000 Tieren besonders hoch. Österreich ist gemessen an seiner Rinderpopulation der größte Exporteur von Zuchtrindern in ganz Europa.
Kälber gelten als „Abfallprodukte“ der Milchindustrie. Damit eine Kuh ständig Milch produziert, muss sie regelmäßig befruchtet werden und Kinder gebären. Für die „überschüssigen“ Kälber gibt es in Österreich keinen Bedarf. Deshalb werden jährlich tausende Kälber nach Italien und Spanien oder noch weiter transportiert. Die Kälber sind Säuglinge und brauchen noch Milch, um zu überleben. Auf den Transportern können diese Kälber nicht versorgt werden. Die Bewässerungssysteme sind nicht dafür ausgelegt. Trotzdem werden milchtrinkende Kälber tagelang über weite Strecken transportiert. Der VGT ist 2014 einem dieser Transporter bis nach Spanien gefolgt. Die Fahrt dauerte insgesamt 90 Stunden!
Rechtliche Grundlagen
Innerhalb der EU werden Tiertransporte durch die Verordnung (EC) No 1/2005 geregelt. Darin werden Mindestanforderungen für das Wohlergehen der Tiere während des Transports vorgesehen:
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Der Transport zum Bestimmungsort erfolgt ohne Verzögerungen, und das Wohlbefinden der Tiere wird regelmäßig kontrolliert und in angemessener Weise aufrechterhalten. Leider dauern die Transporte trotzdem oft tagelang. Verzögerungen an Grenzübergängen oder an Ankunftsorten treten häufig auf. Das Wohlergehen jedes einzelnen Tieres wird in der Praxis nicht kontrolliert.
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Die Tiere müssen transportfähig sein. Das bedeutet aber nur: Die Tiere dürfen nicht verletzt sein. Die Tiere müssen fit genug sein, um den Transport voraussichtlich zu überleben.
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Die mit den Tieren umgehenden Personen sind in angemessener Weise geschult und wenden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keine Gewalt an. Inwiefern eine Person geschult ist, um mit Tieren umzugehen, wird nicht näher definiert.
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Die Tiere verfügen über ausreichend Bodenfläche und Standhöhe. Genaue Angaben darüber, was „ausreichend“ für eine bestimmte Tierart ist, gibt die Verordnung nicht. Daher sind die meisten Transporter überfüllt und die Etagen viel zu niedrig.
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Die Tiere werden in angemessenen Zeitabständen mit Wasser und Futter, das qualitativ und quantitativ ihrer Art und Größe angemessen ist, versorgt und können ruhen. In Realität bekommen die Tiere kaum Futter und haben keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser. Die Transporter sind viel zu voll beladen, um es jedem Tier zu ermöglichen, sich auszuruhen. Meist gibt es zu wenig Stroh und die Tiere müssen im eigenen Dreck liegen.
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Transporter, die über acht Stunden unterwegs sind, müssen über ein automatisches Bewässerungs- und Ventilationssystem verfügen. Die Bewässerungssysteme sind jedoch nicht für alle Tiere leicht zugänglich oder für die entsprechende Tierart falsch angelegt. Das Ventilationssystem müsste nach Vorschrift die Temperatur in einem Bereich zwischen 5° und 30° Celsius halten. Da es sich aber nur um Ventilatoren und keine Klimaanlagen handelt, wird lediglich für Luftaustausch gesorgt, nicht aber für eine Abkühlung.
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Rinder dürfen maximal 28 Stunden (!) am Stück transportiert werden, danach müssen sie für einen Tag entladen werden. Bei Schweinen sind es 24 Stunden. Die vorgeschriebenen Ruhepausen für die Tiere stimmen nicht mit den vorgeschriebenen Pausen für die Fahrer überein. Das macht es für die Fahrer praktisch unmöglich, gesetzeskonform zu handeln und gleichzeitig einen kosteneffizienten Transport durchzuführen. Aus diesem Grund werden die Pausen für die Tiere in der Praxis einfach nicht eingehalten.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im April 2015 gelten die EU-Tiertransport-Vorschriften (C-424/13) auch über die EU-Grenze hinaus. Demnach müssten die oben genannten Mindestanforderungen auch in Drittländern erfüllt werden.
In der Praxis wird die Verordnung schon in der EU oft ignoriert, weil die Vorschriften zu lasch und zum Teil gar nicht umsetzbar sind. Außerhalb der EU ist die Überprüfbarkeit praktisch unmöglich.