Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (16.03.2007)
Ergebnisse der EU-Internetanhörung zu Tierversuchen
Auswahl der Ergebnisse der vom 16. Juni bis 18. August von der EU-Kommission abgehaltenen Anhörung.
Von 16. Juni bis 18. August 2006 veranstaltete die EU Kommission eine Internetanhörung zum Thema Tierversuche. Insgesamt konnten 31 Fragen beantwortet werden, von denen manche in bis zu 14 Unterfragen gegliedert waren. Neben den obligatorischen Angaben zu Alter Geschlecht und Nationalität, wurde die Meinung zu den Themenbereichen "Tierschutzstandards", "Transparenz und Information", "Freiheit der Forschung und Akzeptanz von Tierversuchen", "Alternative Versuchsmethoden" und "Die EU im internationalen Vergleich - Forschung und Wettbewerbsfähigkeit" abgefragt. Anlass der Befragung war die in Arbeit befindliche Revision der EU-Tierversuchsrichtlinie (86/609/EEC).
Die Quelle der hier präsentierten Daten ist die Website der EU Kommission. Hier wird nur eine Auswahl der Ergebnisse dargestellt.
Alter
Wie bei einer Internetanhörung zu erwarten, beteiligten sich eher jüngere Personen.
Etwa 70% aller TerlnehmerInne waren jünger als 40 Jahre alt.
Geschlecht
Überraschend ist die Tatsache, dass sich etwa 3 mal soviel Frauen wir Männer
an der Anhörung beteiligten.
Drittstärkste Umfragebeteiligung jemals
Insgesamt nahmen 42.655 Personen die Möglichkeit wahr sich an der Internetanhörung zu beteiligen. Die Anhörung brachte damit die drittgrößte Anzahl an Reaktionen aller von der EU Kommission bisher durchgeführten Anhörungen. Es beteiligten sich Personen aus allen 25 Mitgliedsstaaten, aber auch aus Nicht-EU-Ländern.
Die Beteiligung der einzelnen Ländern fiel sehr unterschiedlich aus. Aus Deutschland nahmen besonders viele Personen teil (8.881), gefolgt von Großbritannien (5.712), Finnland (5.505) und Italien (5.144). Aus Österreich kamen 1.681Antworten. Es liegt damit im Ländervergleich an siebenter Stelle.
Interessant ist die pro Einwohnerzahl extrem hohe Beteiligung aus Finnland. Finnland hat etwa 5 Mio. EinwohnerInnen, Österreich hingegen 8 Mio. Trotzdem beteiligten sich 3 mal mehr Personen aus Finnland an der Befragung als aus Österreich.
Tierschutzstandards
Sind Sie der Ansicht, dass Ihre Regierung mehr tun sollte, um den Schutz von Versuchstieren zu verbessern?
Sind Sie der Meinung, dass auf EU-Ebene mehr unternommen werden muss, um den Schutz von Versuchstieren zu verbessern?
Eine überwiegende Mehrheit ist der Meinung, dass die Tierversuchsgesetze strenger werden sollten. Rund 90% sind der Ansicht, dass die eigene Regierung mehr tun sollte, um die Situation der Versuchstiere zu verbessern, und sogar 93% dass auf EU-Ebene mehr unternommen werden muss.
Im Folgenden sind einige Tiere genannt, die in Tierversuchen verwendet werden. Bitte geben Sie an, wie wichtig es Ihrer Meinung nach wäre, den Schutz für diese Tiere zu verbessern?
Besonders viel Schutzbedürftigkeit wird bei Menschenaffen, anderen Primaten, Hunden und Katzen gesehen. Allgemein wird mehr Schutz für Säugetiere gefordert, gefolgt von Fischen, Fröschen, Tintenfischen und Hummern.
Auch bei so häufig verwendeten Versuchstieren wie z.B. Mäusen fordert eine massive Mehrheit stärkeren Schutz: 93% fordern Tierschutzverbesserungen für Mäuse und nur 4% sehen keine Notwendigkeit für Verbesserungen, die restlichen 3% hatten keine Meinung dazu.
Transparenz und Information
Sind Sie der Ansicht, dass Forschung und Industrie derzeit ausreichend über die Tierschutzbedingungen informieren, unter denen Tierversuche durchgeführt werden?
Über 90% sehen ein Informationsdefizit gegeben.
Sollten Entscheidungen darüber, wann und unter welchen Bedingungen Tiere in Versuchen verwendet werden, transparenter und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit getroffen werden?
Über 90% fordern mehr Transparenz und Einbeziehung der Öffentlichkeit in die
Entscheidungen zu Tierversuchen.
Freiheit der Forschung und Akzeptanz von Tierversuchen
Für welche Zwecke halten Sie die Verwendung von Tieren vertretbar?
- Medizin: Um Heilmethoden und Arzneimittel zu entwickeln und vor der Vermarktung zu testen
- Abnormitäten: Um Abnormitäten bei Mensch, Tier und Umwelt zu untersuchen und zu verstehen
- Grundlagenforschung: Um grundlegende Kenntnisse über lebende Organismen zu vertiefen
- Aus- und Weiterbildung: Für die Aus- und Weiterbildung (z.B. Schule, Universität, Veterinärschule)
- Stoffsicherheit: Um chemische Stoffe, die in der Industrie, Haushalt und Landwirtschaft eingesetzt werden, zu entwickeln und auf etwaige Risiken für Mensch, Tier und Umwelt zu testen
- andere Bereiche: Entwicklung von Anwendungen in anderen Bereichen (z.B. Informationstechnologie, Entwicklung von Freizeitprodukten und -ausrüstung)
Wie zu erwarten finden Tierversuche in der medizinischen Forschung und zur Entwicklung von Medikamenten die größte Akzeptanz. Aber sogar in diesem Bereich waren 56% der Befragten der Meinung, dass Tierversuche aus diesem Grund nicht gerechtfertigt sind. Tierversuche zur Erforschung von Abnormitäten finden 33% gerechtfertigt, Tierversuche in der Grundlagenforschung 28% und zur Aus- und Weiterbildung 22%. Am wenigsten Akzeptanz finden Tierversuche zur Entwicklung neuer chemischer Stoffe und zur Produkttestung (nur 18% sind der Meinung dass das gerechtfertigt wäre) und in sonstigen Bereichen, wie etwa der Entwicklung von Freizeitprodukten (nur 4% finden Tierversuche für solche Zwecke akzeptabel).
Ist Ihrer Meinung nach die Verwendung der folgenden Tierarten in Versuchen vertretbar?
Wie die Antworten auf diese Frage zeigen, steht eine große Anzahl der Befragten
generell der Nutzung von Tieren unterschiedlichster Tierarten
für Tierversuche kritisch gegenüber. Besonders kritisch sehen
die Befragten die Verwendung von Primaten, Hunden und Katzen:
Jeweils etwa 83% meinen, dass die Verwendung von Menschenaffen,
Hunden oder Katzen für Tierversuche nicht vertretbar sei. Auch
die Verwendung der am häufigsten verwendeten Säugetiere,
der Mäuse, halten nur 23% für vertretbar. Am meisten Akzeptanz
finden Versuche an Fruchtfliegen, diese werden von 39% der
Antwortenden als vertretbar erachtet.
Alternative Versuchsmethoden
Werden in Ihrem Land Ihrer Meinung nach genügend öffentliche Mittel für die Entwicklung und Validierung alternativer Versuchsmethoden bereitgestellt?
Werden Ihrer Ansicht nach auf EU-Ebene genügend öffentliche Mittel (z.B. Forschungsrahmenprogramme der EU) für die Entwicklung und Validierung alternativer Versuchsmethoden bereitgestellt?
In der Frage der bereitgestellten Mittel für Alternativenforschung auf staatlicher und auf EU-Ebene herrscht offenbar hohe Unsicherheit. Scheinbar liegen vielen BürgerInnen dazu zuwenig Informationen vor. Das zeigt sich darin, dass 10% bzw. 13% der sich an der Anhörung Beteiligenden dazu keine Meinung haben.
Unter den restlichen 87% bzw. 90% die dazu eine Meinung haben, überwiegt stark die Ansicht, dass derzeit von staatlicher bzw. EU-Seite zuwenig investiert wird: 91% meinen es werden zuwenig Mittel von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt und nur 9% meinen es seien genügend Mittel; und was die EU betrifft so sind es ebenso 91% die der Meinung sind, dass zuwenig investiert wird und nur 9% die den Eindruck haben, dass genügend Mittel aufgebracht werden.
Die EU im internationalen Vergleich - Forschung und Wettbewerbsfähigkeit
Sollte die EU Ihrer Meinung nach international eine Vorreiterrolle hinsichtlich der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Fragen des Tierschutzes, insbesondere im Zusammenhang mit Tierversuchen, spielen?
Fast 94% der Befragten sind der Ansicht, dass die EU international eine Vorreiterrolle
in Sachen Schutz von Versuchstieren einnehmen sollte.