Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (22.07.2008)
Wien, 22.07.2008
Kriminalisierung der TierrechtsaktivistInnen
Zusammenfassung Dringlicher Antrag und Diskussion zur Kriminalisierung von TierrechtsaktivistInnen im Parlament
Mittwoch den 9. Juli gab es aus aktuellem Anlass einen dringlichen Antrag der Abgeordneten Weinzinger (Grüne) im Österreichischen Nationalrat. Der Antrag zielte auf eine Abänderung des §278a ab, damit dieser in Zukunft nicht mehr gegen politische AktivistInnen eingesetzt werden kann. Der Antrag fand zwar keine Unterstützung bei den anderen Parlamentsparteien, trotzdem war er Auslöser für eine Diskussion zur Kriminalisierung von Tierrechtsaktivistlnnen. Im folgenden einige OTöne der Abgeordneten im Nationalrat:
Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne)
-  Was wir haben, sind zehn Tierschützerinnen 
                                    und Tierschützer, die heute noch in Untersuchungshaft 
                                    sitzen wegen des Vorwurfes, angeblich einer 
                                    kriminellen Organisation anzugehören, aber 
                                    es gibt sonst keine konkreten Anklagepunkte. 
                                    Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass 
                                    in einem Rechtsstaat, dass in Österreich so 
                                    etwas möglich ist und einem Bürger oder einer 
                                    Bürgerin passieren kann.
 
-  Glauben Sie, entspricht es einem modernen 
                                    Rechtsstaat mit korrektem Vorgehen, mit klaren 
                                    Bestimmungen für das Vorgehen, wenn man einem 
                                    Beschuldigten bei einer Hausdurchsuchung erstens 
                                    einmal gleich ungeschaut die Tür eintritt, 
                                    nicht einmal fragt, ob er aufmacht, nicht 
                                    sagt, er möge gesuchte Gegenstände freiwillig 
                                    herausgeben - was auch nicht geht, weil der 
                                    Durchsuchungsbescheid so formuliert ist, dass 
                                    relevante Informationen gesucht werden, und 
                                    das kann man schlecht herausgeben -. wenn 
                                    man dann den Beschuldigten in der Unterhose 
                                    in Handschellen auf den öffentlichen Gang 
                                    vor seine Wohnung zerrt und dort eine Stunde 
                                    lang abstellt, während in seiner Abwesenheit 
                                    die Hausdurchsuchung durchgeführt wird? Das 
                                    spottet nicht nur jeder Beschreibung, sondern 
                                    das widerspricht vor allem den Rechtsvorschriften 
                                    für die Vorgangsweise bei solchen Hausdurchsuchungen. 
                                    Das ist glatt rechtswidrig!
 
-  Was den Einfluss betrifft, den die Organisationen 
                                    versuchen auf die Politik zu nehmen, versucht 
                                    vermutlich die Industriellenvereinigung zwanzig 
                                    bis dreißig Mal mehr Einfluss auf die Politik 
                                    zu nehmen, und ist vermutlich auch erfolgreicher 
                                    dabei - und im Übrigen nicht nur auf die Politik, 
                                    sondern auch auf die Wirtschaft. Also da wären 
                                    ÖVP oder Industriellenvereinigung oder Gewerkschaft 
                                    oder SPÖ oder auch die Grünen mindestens so 
                                    verdächtig mit ihren versuchten Einflussnahmen 
                                    auf die Politik und die Wirtschaft. Das kann 
                                    man nicht wirklich behaupten, das sei eine 
                                    kriminelle Tätigkeit.
 
- Wenn das Schule macht, was man hier versucht als Präzedenzfall mit einigen Tierschützern durchzuführen, dann ist in Hinkunft jede Aktivität einer Nichtregierungsorganisation davon bedroht, abgedreht zu werden, wenn es jemandem politisch unbequem wird, politisch gegen den Strich geht, weil man sagt, das ist jetzt nach § 278a StGB kriminell. Konsumentenaktionen - geht nicht mehr; unlauterer Einfluss auf Politik und Wirtschaft. Demonstrationen gegen eine Firma - geht nicht mehr; Einflussnahme. Also wenn das zum Maßstab wird, wie jetzt vorgegangen wird, kann man Greenpeace, Attac, Clean Cloth-Kampagne, vermutlich die Katholische Frauenaktion zusperren und in Untersuchungshaft nehmen.
Mag. Albert Steinhauser (Grüne)
-  Aber eines ist klar: möglicherweise Sachbeschädigung, 
                                    aber sicher nie die Erfüllung des Straftatbestandes 
                                    "Bildung einer Kriminellen Organisation'' 
                                    gemäß § 278a Strafgesetzbuch. Das ist ein 
                                    klarer Missbrauch! Und er hat auch ein Vorbild, 
                                    meine Damen und Herren, es ist ja nicht der 
                                    erste Fall. Es gibt einen ähnlichen Fall in 
                                    Deutschland - dort ist der § 129 zur Anwendung 
                                    gekommen -, und zwar war 2007, wie vielleicht 
                                    einige hier wissen werden, der G8-Gipfel in 
                                    Deutschland, und dort hat es natürlich jede 
                                    Menge Widerstand gegeben, denn was die G8 
                                    auf einem Gipfel macht, das gefällt nicht 
                                    allen, das ist nachvollziehbar. Was hat damals 
                                    dort die Polizei gemacht? - Man hat in Deutschland 
                                    den § 129 angewendet, hat behauptet, es gäbe 
                                    da eine militante Kampagne zur Verhinderung 
                                    der G8, das sei eine kriminelle Organisation, 
                                    hat Hausdurchsuchungen durchgeführt und eine 
                                    Untersuchungshaft verhängt. Dies war offensichtlich 
                                    das Vorbild für die Vorgangsweise in Österreich.
 
-  Warum wurde der § 278a Strafgesetzbuch 
                                    angewendet? Das ist eine spannende Frage! 
                                    Warum ist man nicht einfach hergegangen und 
                                    hat gesagt: Okay, da gibt es ein Graffiti 
                                    an der Wand, und man schaut sich an, wer das 
                                    war, und macht dann ein Verfahren wegen Sachbeschädigung 
                                    und entscheidet für eine Lösung in Form einer 
                                    Diversion oder auch nicht. Das sind ganz normale 
                                    Dinge, die immer wieder vorkommen. Es gibt 
                                    einen Grund: Polizei und Staatsanwaltschaft 
                                    konnten offensichtlich die Delikte einzelnen 
                                    Personen nicht zuordnen und damit auch keine 
                                    Strafverfolgungshandlungen setzen. Das war 
                                    das Problem der Polizei!
 
-  § 278a StGB ist ein Vehikel, er wird als 
                                    Ermittlungsparagraph missbraucht - das ist 
                                    jetzt der Vorwurf -, dann kommt es zu den 
                                    Hausdurchsuchungen, man kommt so möglicherweise 
                                    an belastendes Material heran, das man dann 
                                    in Einzelverfahren gegen einzelne Personen 
                                    einsetzt, und der § 278a wird fallen gelassen. 
                                    Diese Vorgangsweise ist eines Rechtsstaates 
                                    schlichtweg unwürdig. So gehl das nicht! Man 
                                    kann nicht beliebig einen strafbaren Vorwurf 
                                    erheben, ohne ihn zu beweisen, nur um zu Ermittlungsergebnissen 
                                    zu kommen!
 
-  Der dritte Punkt ist der erhebliche Einfluss 
                                    auf Wirtschaft und Politik - das ist eine 
                                    ganz wichtige Bestimmung in diesem § 278a 
                                    StGB. Da fragen wir uns: Wo ist der Einfluss 
                                    auf Wirtschaft und Politik bei den Tierschützern? 
                                    - Wissen Sie, wie das untermauert wird? Es 
                                    wird behauptet, dass diese Tierschützer Unternehmen 
                                    in den wirtschaftlichen Ruin treiben würden, 
                                    indem sie Kampagnen gegen den Pelzhandel veranstalten 
                                    würden. Wenn das nicht so gefährlich wäre, 
                                    wurde ich lachen. Das ist ja schlichtweg lächerlich, 
                                    denn politische Kampagnen in eine bestimmte 
                                    Richtung führen Sie alle, meine Damen und 
                                    Herren, führt jede NGO. Das allein kann und 
                                    darf in einem Rechtsstaat nicht zur Anwendung 
                                    des § 278a StGB
 führen!
Abgeordneter Dr. Johannen Jarolim (SPÖ)
- Ich lade Sie wirklich ein, einmal durchzulesen, was die Voraussetzung sein soll und sein muss, um diese Bestimmung anzuwenden. Neben der unternehmensähnlichen Verbindung sind das natürlich auch noch die schwerwiegenden strafbaren Handlungen, die dann - nicht taxativ, aber beispielsweise - aufgezählt werden. Und wenn wir hier im Gesetz schwerwiegende strafbare Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei, von Kampfmitteln, Kernmaterial, radioaktiven Stoffe haben, meine Damen und Herren, dann ist das schon ein Kaliber - es heißt ja nicht umsonst Killer-Paragraph, Mafia-Paragraph -, wo schon etwas Besonderes vorliegen muss und darüber hinaus auch noch die Absicht der Bereicherung im großen Umfang - die ist da überhaupt auszuschließen; ich glaube, das wissen wir - oder erheblicher – meine Damen und Herren, erheblicher! - Einfluss auf Politik oder Wirtschaft angestrebt werden muss.
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ)
-  Meine Damen und Herren, ich mochte jetzt 
                                    durch Bilder einiges in Erinnerung rufen. 
                                    Hätten diese Tierschützer nicht Sachbeschädigungen 
                                    begangen, in Höfen, bei Stallungen Fotos gemacht 
                                    und sie uns hier im Parlament präsentiert 
                                    - wir hätten nicht das Käfighalteverbot von 
                                    Hühnern. Auf Grund dieser Fotos haben wir 
                                    es gemacht, meine Damen und Herren! Schauen 
                                    Sie sich diese Bilder an, wir haben sie hier 
                                    im Plenum schon einmal präsentiert. Wir hätten 
                                    in dieser Gesetzgebungsperiode nicht das Halten 
                                    von Kaninchen in Käfigen verboten, wenn wir 
                                    nicht diese Fotos gehabt hätten, meine Damen 
                                    und Herren, weil die Tierschützer sie gemacht 
                                    haben.
 
-  Genau auf Grund dieser Zustände haben wir 
                                    ein Bundestierschutzgesetz verabschiedet, 
                                    wobei die Tierschützer als Experten geladen 
                                    waren. Alle fünf Parlamentsparteien - damals 
                                    vier - waren mit diesen Experten in Verbindung, 
                                    und die Experten waren genau diese, die jetzt 
                                    inhaftiert sind! Das war zum Beispiel Dr. 
                                    Balluch, der als Experte hier im Parlament 
                                    war und uns erklärt hat, was wir als Parlamentarier 
                                    machen müssen, damit diese tierschutzrelevanten 
                                    Maßnahmen von uns als Gesetzgeber gesetzt 
                                    werden können.
 
- Das für mich ganz Wichtige ist: Ist die lange Untersuchungshaft vielleicht ein Versuch der Einschüchterung, meine Damen und Herren? - Denn eines ist vollkommen klar: Leicht haben es die Tierschützer nicht. Ich bin Tierschützer, ich bin auch aktiver Tierschützer, und ich trete für den Tierschutz ein. Da wird man natürlich eingeschüchtert, weil Lobbying hinter diesen Maßnahmen steht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ)
-  Wir haben alle gedacht, dass diese Instrumente, 
                                    die wir als Parlament der Polizei geben, gegen 
                                    Mord, Totschlag, Menschenhandel, Drogenhandel, 
                                    Geldwäsche, gegen die Bösen der Bösen eingesetzt 
                                    werden. Keiner von uns hat daran gedacht, 
                                    dass es dann darum geht, Menschen, die Fotos 
                                    von Tieren machen, von denen sie der Meinung 
                                    sind, dass sie schlecht gehalten werden und 
                                    dabei vielleicht eine Fensterscheibe einschlagen 
                                    oder dergleichen, dass diese Instrumente gegen 
                                    diese Personen eingesetzt werden.
 
- Vom heutigen Tag aus beurteilt schaut es jedoch nicht gut aus, was hier passiert ist, vor allem von Seiten des BVT und des Innenministeriums.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne)
-  Wissen Sie, dass es seit den beiden Schriftsätzen 
                                    der Oberstaatsanwaltschalt Wien keinen schwerwiegenden 
                                    konkreten Tatverdacht gegen auch nur einen 
                                    einzigen der inhaftierten Tierschützer mehr 
                                    gibt? Der Verdacht der Brandstiftung wird 
                                    nicht mehr aufrechterhalten, der Verdacht 
                                    der schweren Sachbeschädigung ebenfalls nicht. 
                                    Meine Herren Justizexperten von ÖVP, FPÖ und 
                                    vermutlich auch BZÖ! Sie wissen doch, dass 
                                    eine der wesentlichen Voraussetzungen zur 
                                    Erfüllung des Tatbilds nach § 278a des Strafgesetzbuches 
                                    die fortgesetzte und planmäßige Begehung eines 
                                    schweren Delikts nach dem Strafgesetzbuch 
                                    ist. - Das fällt weg.
 
-  Jetzt haben wir es zum ersten Mal in der 
                                    Geschichte dieses Paragraphen mit einer kriminellen 
                                    Organisation ohne Kriminelle zu tun. - Das 
                                    ist eine strafrechtlich bemerkenswerte Situation.
 
-  Es gibt ein völlig erfolgloses Bundesamt 
                                    für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. 
                                    Der Rechnungshof hat festgestellt, dass es 
                                    bis zum Endpunkt der Prüfung, also bis 2006, 
                                    nur eine einzige operative Analyse gab - das 
                                    heißt, ein polizeilich und gerichtlich verwertbares 
                                    Ergebnis. Wir haben gefragt, in welchem Bereich: 
                                    im Bereich Extremismus. - Also kein verwertbares 
                                    Ergebnis im Bereich Terrorismusbekämpfung, 
                                    kein verwertbares Ergebnis in einer Sondereinheit 
                                    des österreichischen Verfassungsschutzes, 
                                    die seit mehr als zehn Jahren eine österreichische 
                                    Spezialität ist, nämlich eine eigene Verfassungsschutzeinheit 
                                    zur Bekämpfung des organisierten Tierschutzes 
                                    in Österreich. - Das ist etwas Einmaliges 
                                    in ganz Europa! Das ist eine Eigenart des 
                                    österreichischen Verfassungsschutzes.
 
-  Dann st ein Anfallsbericht der Sonderkommission gekommen: 
                                    Mitteilung an die Staatsanwaltschaft Wiener 
                                    Neustadt wegen des Verdachts der Begehung 
                                    eines schweren Verbrechens nach dem Strafgesetzbuch 
                                    - also eine StPO-mäßige Anzeige. Inhalt ist 
                                    eine Pressekonferenz im Grünen Klub zur Unterstützung 
                                    der Rechtshilfe. Oberstleutnant verweist 
                                    darauf - ich werde Ihnen dieses Dokument öffentlich 
                                    vorlegen -. dass Missfallenskundgebungen von 
                                    Tierschützern und Grünen strafrechtlich geprüft 
                                    werden sollen. Da sind wir jetzt beim Kern 
                                    des § 278a StGB angelangt, nämlich bei der 
                                    politischen Absicht. Können Sie sich vorstellen, 
                                    wie es heute Menschen in Bürgerinitiativen, 
                                    Menschen bei Global 2000, Anti-AKW-Aktivisten 
                                    und -Aktivistinnen und vielen anderen mehr 
                                    geht?
 
- Sie sehen einerseits, dass unbescholtene Tierschützer, gegen die es keinen konkreten schweren Tatverdacht gibt, in Untersuchungshaft sitzen, andererseits aber Menschenhändler und ihre Unterstützer im Außenministerium und im Innenministerium nach wie vor Karriere machen und hochrangige wirtschaftliche Persönlichkeiten nach wie vor von den Millionen geprellter Kleinanleger und Kleinanlegerinnen einen beträchtlichen Teil - nämlich hunderte Millionen - in die eigenen Kassen umleiten können. - Die stehen aber alle unter dem Schulz der Österreichischen Volkspartei! Diejenigen, die Bordelle mit Visa des Außenministeriums in Linz und in Wien beliefern, stehen unter dem Schutz der Österreichischen Volkspartei! Die, die Kleinanleger mit Hilfe der Bank prellen, stehen unter dem Schutz der österreichischen Volkspartei! Die, die Geldwäsche in Russland vertuschen, stehen unter dem Schutz der Österreichischen Volkspartei! - Aber die Tierschützer, die stehen nicht unter dem Schulz der österreichischen Volkspartei!
 
			    
	
        	                	      
			    
	
                                             
			    
	
                                             
			    
	
                                             
			    
	
                                             
			    
	
                                             
			    
	
                                             
			    
	
                                            