Appell von DDr. Martin Balluch aus der Gefängniszelle - vgt

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Appell von DDr. Martin Balluch aus der Gefängniszelle

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (04.06.2008)

Wien, 04.06.2008

VGT Pressekonferenz über die drohende Gefahr des anhaltenden Hungerstreiks

VGT Pressekonferenz und Solidaritätskundgebung vor dem Justizministerium

Schreiben von Martin Balluch

Vor 12 Tagen wurde ich in der Nacht bei mir zu Hause von einer Gruppe maskierter, bewaffneter Männer überfallen und beraubt. Bis heute will dieser Alptraum nicht enden, ich sitze noch immer in einer winzigen Zelle, starre tagaus tagein an dieselbe öde Wand und kann keinen Schritt eigenständig setzen, weder Zeitung lesen noch meine Freunde und Familie begrüßen.
Ich bin jetzt am 13. Tag meines Hungerstreiks. Da ich überfallen und eingesperrt wurde, ohne auch nur den geringsten Verdacht, dass ich ein strafrechtliches Vergehen begangen hätte, sah ich mich genötigt, mein letztes bisschen Autonomie für einen Protest zu nutzen: Ich verweigere das Essen. 13 Tage ohne Essen ist sehr schmerzhaft. Das Hungergefühl bohrt sich tief in das Bewusstsein. Mein Körper zerfällt sichtlich. Ich habe bereits 18 Kilo verloren. Jede Bewegung wird mühsam und anstrengend, ich habe häufig schwere Muskel- und Magenkrämpfe.

Dem ellenlangen Akt zu meinem Fall entnehme ich, dass die Polizei mich seit über einem Jahr ununterbrochen belauscht hat, jedes private intime Gespräch. Und trotzdem hat sie keinen einzigen konkreten Hinweis gefunden, dass ich das Gesetz übertreten hätte. Der einzige „Verdachtsmoment“ der gegen mich ins Treffen geführt wird, ist meine Gesinnung, wie sie aus manchen Privatgesprächen, Interviews mit Medien oder Medienberichten über mich zu Tage tritt. Ja, mir ist Tierschutz sehr wichtig, ich habe ihm mein Leben gewidmet. Ja, ich betrachte die Misshandlung eines Tieres z.B. in Tierversuchen oder Tierfabriken nicht als eine Nebensache, die mich nichts angeht, sondern als vergleichbar mit Misshandlungen von Menschen. Aber deshalb bin ich kein Verbrecher. Ich bin seit 25 Jahren für den Tierschutz aktiv, und wurde bisher nicht einmal gerichtlich verurteilt. In unserem Land herrscht Meinungs- und Gedankenfreiheit. So dachte ich wenigstens bis vor kurzem. Die von der österreichischen Verfassung garantierten Menschenrechte verbieten es, aus weltanschaulichen Gründen verfolgt, misshandelt und eingesperrt zu werden. Aber genau dem werde ich gerade ausgesetzt.

In meinen zweieinhalb Jahrzehnten Einsatz für den Tierschutz konnte ich gerade in den letzten Jahren große Erfolge verbuchen. Zum Verbot von Pelzfarmen, Wildtierzirkussen und vor allem Legebatterien trug ich persönlich nicht wenig bei, sodass wir in Österreich heute das beste Tierschutzgesetz der Welt haben. Doch gerade das – insbesondere das Legebatterieverbot – scheint einigen Mächtigen schwer aufzustoßen. Seit 2004 gibt es immer größere Behördenschikanen, die in einer Falschaussage des derzeitigen Innenministers über den VGT vor dem Parlament gipfelten. Der entsprechenden Klage auf Widerruf gegenüber war er zwar aufgrund seiner Position immun, aber der Volksanwaltschaft musste er eingestehen, sich „geirrt“ zu haben. Auf Zeitungsannoncen, in denen er vom VGT als Lügner bezichtigt wurde, reagierte er gar nicht.

Dafür wurde – wie meinem Akt zu entnehmen ist – eine Sonderkommission gegen den Tierschutz eingesetzt, die mich und viele andere TierschützerInnen und Tierschutzvereine seit etwa April 2007 belauschte. Da aber offensichtlich aus allen in diesem Lauschangriff abgehörten Gesprächen und gelesenen Emails kein konkreter Tatverdacht zu entnehmen war, musste etwas geschehen. Die Sonderkommission konnte ja nicht ergebnislos aufgelöst werden. Also beschloss man einen Großangriff, Hausdurchsuchungen im großen Stil, in der Hoffnung so irgendein Indiz zutage fördern zu können.

Laut meinem Akt wurden daher in den frühen Morgenstunden des 21. Mai insgesamt 23 private Räumlichkeiten von TierschützerInnen durchsucht, darunter 5 Tierschutzvereinsbüros (auch die VGT-Büros in Wien und Graz), sowie das VGT-Materiallager. 24 TierschützerInnen wurden von der Polizei festgehalten und befragt, darunter 8 MitarbeiterInnen des VGT.

Als Begründung für die Aktion musste mangels konkreter Verdachtsmomente eine möglichst vage und unkonkrete Anschuldigung gefunden werden. Man entschied sich für § 278a StGB, Bildung einer sehr großen kriminellen Vereinigung. Da man von vornherein geplant hatte 10 Personen in Untersuchungshaft zu nehmen, wählte man die mit wesentlich höherer Strafbedrohte große kriminelle Vereinigung § 278a statt der kleinen § 278. Und das, obwohl aus der Polizeiakte zu entnehmen ist, dass ich persönlich mit 6 der 9 mit mir verhafteten Personen niemals auch nur irgendeinen Kontakt hatte.
Um diese brachiale Großaktion gegen den Tierschutz vor der Öffentlichkeit zu begründen, ließ die WEGA mit gezogenen Schusswaffen die Überfälle durchführen, und verbreiteten dann Verdachtsgerüchte von Brandanschlägen und Gasangriffen. Davon findet sich aber nichts im Akt. Noch nie gab es in Österreich einen Gasangriff mit Tierschutzbezug und die letzte tierschutzrelevante Brandlegung ist mindestens 6 Jahre her. De facto sind Sachbeschädigungen im Namen des Tierschutzes in Österreich im internationalen Vergleich ausnehmend selten. Das ist sicherlich hauptsächlich auf die großen Tierschutzerfolge in den letzten Jahren zurück zu führen. In Österreich konnten wir etwas bewegen. Entsprechend gering ist die Frustration, die verantwortliche Haupttriebfeder derartiger Aktionen ist.

Warum werde ich also jetzt nicht freigelassen? Ganz einfach. Die gesamte Aktion war politisch motiviert und wahrscheinlich von ganz oben gesteuert. Würde ich jetzt freigelassen, dann wäre das in den Augen der Öffentlichkeit das Eingeständnis, die ganze Aktion und die gesamte Arbeit der Sonderkommission ohne jedes verwertbares Ergebnis durchgeführt zu haben. Ich muss also weiterhin in einer Zelle sitzen und langsam verhungern, damit der Innenminister sein Gesicht wahren kann. Es würde mich nicht wundern, wenn man jetzt gerade plant, uns während der entscheidenden Spiele der EM 2008 freizulassen, in der Hoffnung so das mediale Echo zu vermeiden.

Dieser Skandal darf nicht geduldet werden. Allen, denen Tierschutz oder Menschenrechte ein Anliegen sind, bitte ich, jetzt aktiv zu werden, um dieses Verbrechen zu verhindern. Derartige Polizeiwillkür gegen unbequeme NGOs kennt man vielleicht aus Diktaturen, aber nicht aus einer Demokratie. Bitte zeigen Sie Rückrat und stehen Sie gemeinsam gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit auf. Mein Leben hängt davon ab.

DDr. Martin Balluch
Obmann des Verein gegen Tierfabriken

Zelle B3/15
Justizanstalt Wien-Josefstadt
Am 2. Juni 2008

VGT Pressekonferenz Café Landtmann, Wien

Die Pressekonferenz war trotz der nahenden Europameisterschaft sehr gut besucht. Allgemeine Betroffenheit als der Brief von Martin Balluch vorgelesen wurde. Allgemeines Entsetzen als die Hintergründe des diffusen § 278a verdeutlicht wurden.

Gesprochen haben Harald Balluch, Geschäftsführer des VGT über den gesundheitlichen schon so kritischen Zustand von Martin.

Mag. Alexander Willer, Vizepräsident Verband der österr. Tierschutzorganisationen, über die Betroffenheit des gesamten Tierschutzes, desweiteren garantierte er die Solidarität aller Vereine die seinem Verband angehören.

Mag. Stefan Traxler, Anwalt von 4 der Inhaftierten und Mag. Eberhart Theuer, Menschenrechtsexperte, über die juristische Seite dieses präkeren Falles.

 

 

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