Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (17.06.2015)
Wien, am 17.06.2015VGT-Pressekonferenz zur Putenindustrie in Österreich
Anita Hauser (Tierparadies Schabenreith), Dieter Hörmann (Singer/Songwriter "Zwa Voitrottln") und DDr. Martin Balluch (Obmann des VGT)
„Puten – die vergessenen Nutztiere“ - unter diesem Titel hielt der VGT heute im Café Landtmann in Wien eine Pressekonferenz ab. Der Tierschutzorganisation war Videomaterial von jeweils 24 Stunden Länge aus 30 Putenmasthallen im Burgenland, in Niederösterreich, Oberösterreich und in Kärnten zugespielt worden. Das Resultat der Analyse von mehr als 700 Stunden Videofilm: In Österreich werden flächendeckend die Schnäbel der Puten gekürzt. Die Puten müssen im bis zu 30 cm tiefen Kot leben.
- 70% der Putenhallen stehen Tag und Nacht unter Dauerbeleuchtung.
- Aggression und Kannibalismus führen zu Todesraten von 15 %, bei Masthallen mit 5000 Puten sterben 780 Puten in einem Mastzyklus, oder 5 Puten pro Tag.
- Einzelne Puten bewegen sich nur 30 m in 24 Stunden. 55 % der Puten bewegen sich im Tagesmittel weniger als 1 m in 10 Minuten, 70 % weniger als 2 m.
- Puten stoßen 130 Mal pro Tag aneinander. Das ist der Hauptgrund dafür, warum sie sich überhaupt fortbewegen.
- Es gibt kaum einen Tag-Nacht Zyklus in der Bewegung, die Puten bewegen sich in den Nachtstunden etwa halb soviel wie am Tag.
Die Puten in österreichischen Masthallen sind besonders schnell wachsende Rassen mit riesengroßer Brust aus Kanada oder England. In der Folge haben 40 % der Tiere Wunden an den Füssen und 30 % sogenannte Brustblasen, das sind Schwielen an der Haut vom vielen Liegen. 80 – 90 % erleiden schmerzhafte Nekrosen am tiefen Brustmuskel und 60 – 100 % eine Beinschwäche durch eine Fehlstellung im Hüftgelenk. Der VGT fordert deshalb ein Verbot so schnell wachsender Rassen, ein Verbot des Schnabelkürzens und eine angereicherte Haltungsumwelt.
Seit 2004 will die Putenindustrie eine Erhöhung der Besatzdichten um 50 %, weil es in der EU für Puten – als dem einzigen Nutztier – keine Mindestvorschriften für die Haltung gibt. Deshalb gab der VGT bei Prof. Andrew Butterworth von der Uni Bristol, UK, ein Gutachten über diesen Vorschlag in Auftrag. Seine Schlussfolgerung ist, dass die Besatzdichten äußerst tierschutzrelevant sind: „60 kg/m² Besatzdichte, wie gefordert, ist für Puten sehr hoch. Bei diesen Dichten ist das Verhalten durch Platzmangel beeinträchtigt, die Tiere bekommen Probleme am Federkleid, an ihren Gelenken und mit der Thermoregulation. Als tiergerecht gelten maximale Besatzdichten von 25 kg/m²“. Das vorgeschlagene „All in one“ - Programm, so Prof. Butterworth, wäre eine Verschlechterung für die Tiere gewesen. Tierschutzministerin Dr. Sabine Oberhauser hat den Vorschlag der PutenmästerInnen abgelehnt.
VGT-Obmann Martin Balluch: „Tierschutz ist Staatsziel in der Bundesverfassung, und trotzdem gibt es weiterhin eine industrielle Intensivtierhaltung, wie bei den Puten, die schreckliches Tierleid mit sich bringt. Es darf nicht mehr sein, dass Puten verstümmelt und zu grotesken Monstertieren gezüchtet werden, um viel Billigfleisch auf die Teller zu bekommen. Wir fordern die Politik auf, die Weichen für ein neues Mensch-Tier Verhältnis zu stellen. Wir brauchen einen Fahrplan, wie Österreich aus der Tierfabriksindustrie aussteigt!“