Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (16.09.1996)
VGT protestiert bei der Eröffnungszeremonie zur IEC
von Franz-Joseph Plank
Vom 15. bis zum 20. September fand in Wien die "Annual Conference of the International Egg Commission" (IEC) im Nobelhotel Hilton statt. Anlaß genug für den VGT, zur offiziellen Eröffnungszeremonie am 16. September um 9:00 Uhr Früh wieder einmal auf die Schattenseiten des weltweiten Eierhandels aufmerksam machen. Denn das Elend der Batteriehennen spielt sich meist abseits der Öffentlichkeit ab.
Schon zur Routine geworden, bauten wir eine Original-Hühnerbatterie auf und füllten einige Käfige mit unseren neuen, originalgetreuen Käfighühnermodellen (fast keine Federn, blutende Wunden und aufgerissene Schnäbel...) aus der Schweiz. Daneben legten wir wieder tote Hühner, vorzeitig in den Hühnerbatterien zu Tode gemartert, mitgebracht aus den Käfigen und Mülltonnen von heimischen Hühnerfabriken und breiteten sie auf einem weißen Leintuch aus. Dazu ertönte der Dauerlärm eines Hühnerbatterie mittels Kassettenrecorders.
Unser Protest richtete sich v.a. gegen jene Teilnehmer dieser illustren Konferenz, die in ihren ewiggestrigen, lebensverachtenden Hühnerindustrie-Betonköpfen Milliarden leidensfähige Mitgeschöpfe nach wie vor nur als "Produktionseinheiten" (original Fachjargon) sehen und versuchen, mittels verfeinerter Techniken noch mehr Kapital aus ihnen herauszupressen.
Wir erlauben uns, hier einmal einige dieser "ehrenwerten" Herren und Damen aus dem Milliardengeschäft mit den Hühnern etwas zu "rupfen": So kostete die Teilnahme an der Konferenz für 4 Tage alleine schon S 8.000,-, mit vier Übernachtungen im Hilton und ein bißchen Rahmenprogramm verpraßt ein Teilnehmer in den paar Tagen gut und gerne seine dreißigtausend Schilling ohne Flug. Geld, welches auf dem Rücken unzähliger elendig vegetierender Geschöpfe "verdient" wurde.
#Diese leben ja bekanntlich etwas weniger luxuriös: Knapp 3/4 einer Briefseite Platz - lebenslänglich! Das ganze Elend spielt sich in winzigen Drahtgeflechtkerkern ab, ohne Rückzugsmöglichkeit zur Eiablage oder Fluchtmöglichkeit vor den ranghöheren Mitgefangenen. Staub, Gestank und unerträgliche Hitze in sommerlichen Schönwetterperioden komplettieren das Leiden. Und wenn sie nicht schon vorzeitig jämmerlich am Drahtboden verreckt sind, vegetieren die Hühner kahlgepickt oder -gescheuert weiter, bis sie am letzten Tag im Akkord aus ihren Käfigen herausgerissen werden und am Schlachthoffließband ihr Dasein beenden.
Nachdem unsere friedliche Kundgebung schon fast beendet war, kam noch ein Trupp fein gekleideter Damen aus dem Hotel geströmt - offensichtlich der Anhang der tagenden Hühner-Industriellen auf dem Weg zum Sightseeing-Programm durch Wien. Da fast alle geflissentlich versuchten, unsere Demo zu ignorieren, verpaßten wir ihnen doch noch ein kleines Abschiedsgeschenk: Einen stinkenden Hühner-Kadaver in den wartenden Bus... Einfach zum Nachdenken, ob die Kundgebung nicht doch etwas mit ihnen zu tun hätte?!
Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Um 13.30 Uhr war die offizielle Pressekonferenz der IEC im Festsaal 3 des Hilton angesetzt. Drei von uns ließen es sich nicht nehmen, getarnt als Journalisten bzw. Fotografen, daran teilzunehmen. Dazu gesellte sich die Wiener Rathaus-Abgeordnete Hannelore Weber von den Grünen. Wir ließen alle drei Reden, in denen kein Wort über die Tierhaltung, geschweige denn über das Tierleid verloren wurde, über uns ergehen: Zuerst der Chef der AMA, dann der Geschäftsführer der ALGÖ (öster. Geflügellobby) und zuletzt - extra aus Washington eingeflogen - der amerikanische Ei-"Ernähungswissenschaftler" Dr. Don McNamara. Seine Aufgabe war, die Leute davon zu überzeugen, daß sich die Wissenschaft jahrzehntelang geirrt habe und das hohe Herzinfarkt- und Krebsrisiko der Zivilisationsmenschen in keiner Weise mit zuviel Cholesterin in der Nahrung zusammenhänge. Die klare Botschaft in Kurzform: Eßt soviel Eier wie ihr wollt - ganz egal woher sie kommen...
Kaum hatte der etwas rundliche Ernährungs-"Wissenschaftler" sein Plädoyé beendet, stand Frau Weber auf, zog eines der Hühnerkadaver aus der Tasche und hielt fünf Minuten ungestört eine flammende Rede für ein europaweites Batteriehaltungsverbot, für die verpflichtende Eierkennzeichnung und für eine wirklich gesunde Ernährung (mit viel weniger Eiern, dafür aus Freilandhaltung!). Wir spannten inzwischen über die ganze Saalesbreite unser Transparent ("Diese Tierquälerei stinkt zum Himmel") aus und zogen ebenfalls noch je ein totes Huhn hervor. Der Geruch war in diesen "heiligen Hallen" wahrlich nicht zu überriechen... Zum Abschluß dieser gelungenen Spontanaktion legte die mutige Frau Weber auch noch ihren Kadaver auf das Podium der verblüfften Redner und wir verließen eilends den Saal, noch bevor die Sicherheitskräfte einlangen konnten.
Immerhin - einen positiven Aspekt hatte, neben unserer Aktion, sogar diese Konferenz: Die Agrarmarkt Austria (AMA) vergibt zwar nach wie vor ihr "Gütesiegel" auch für Batterieeier (!) und nach wie vor gibt es keine verpflichtende Deklaration von Batterieeiern, obwohl dies nach der VO-Novelle Nr. 2401/95 EG seit dem 12. 10 1995 möglich wäre, aber immerhin hat man heuer zur IEC-Konferenz den größten österreichischen Freilandeier-Vermarkter Toni Hubmann für den Golden Egg Award, eine Marketingauszeichnung, nominiert!