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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.09.1998)

Tiere der Kunst oder die Kunst den Tieren opfern?

Bericht über den Versuch einer Aussprache des „Vereins gegen Tierfabriken" mit Hermann Nitsch

von Dr. Friedrich Landa

Nichts unversucht lassend hat sich ein Vertreter des Tierschutzes am 2. Juli im Cafe Engländer mit Hermann Nitsch getroffen, um ein gutes Wort für die Tiere einzulegen, die in der Kunst des orgiastischen Mysterienspieles Verwendung finden und dabei ihr Leben verlieren sollen.

Gleich zu Beginn erklärte Herr Prof. Nitsch, dass ihm sehr nahe ginge, was ihm von Tierschützern vorgeworfen würde, da er und vor allem auch seine Frau sich als ausgesprochene Tierfreunde fühlten. Und er zählte all die Tiere auf, mit denen sie an ihrem Bauernhof zusammen leben. Er habe Angst, von den Tierschützern umgebracht zu werden, was ihm gar nicht angenehm sei, weil er sich vor dem Tod nämlich fürchte. Er könne die ganze Aufregung nicht verstehen, weil er doch nur das bewusst zu machen versuche, was in den Schlachthäusern, versteckt von der Öffentlichkeit, andauernd geschehe:

„heute übernehmen das töten und zerlegen der tiere, abseits der gesellschaft, bezahlte schlächter, damit wir uns die hände in keiner weise schmutzig machen. das töten ist tabuisiert, ebenso wie die direkte auseinandersetzung mit fleisch. im supermarkt ist das fleisch sauber verpackt, und keiner denkt, wenn er ein fast noch blutiges steak isst, dass ein tier dafür hat sterben müssen..."

Er habe sich auch Gedanken darüber gemacht, ob er nicht Vegetarier werden solle, diese Überlegung allerdings schnell wieder von sich gewiesen: „eine bescheidung auf vegetarische nahrung würde uns unserer grundsätzlichen schöpferischen antriebskräfte berauben." Der Anfrage des Tierschutzvertreters, ob denn die Antriebskräfte unserer Schlachthaus-Zivilisation tatsächlich etwas wünschenswertes seien, wo sich doch beobachten lasse, mit welch unbefriedigten Gesichtern die Menschen herumliefen, gab dem Professor allerdings zu denken.

Prof. Nitsch bat darum, seine Aktion, in die er schon so viel Geld und Energie investiert habe, ungestört durchführen zu können und hat sich dazu bereit erklärt, zu Gunsten des Tierschutzes, mit dem er eigentlich sympathisiere, eine künftige Aktion zu veranstalten. Er bat noch ausdrücklich darum, allen Tierschützern davon zu berichten, dass es sich bei seiner Person nicht um ein Scheusal handle.

Was lässt sich psychologisch über Hermann Nitsch aussagen? Begeht er ein anderes Verbrechen als das, was täglich in unseren Schlachthäusern verübt wird? Ist der einzige Unterschied, dass es dort heimlich geschieht, während das Töten und Zerfleischen im orgiastischen Mysterienspiel wieder bewusst erlebt werden soll? Wäre sogesehen nicht jeder Fleischesser, der mit seinen Zähnen die Tierteile im Mund zerfetzt, auf seine Weise ein heimlicher Nitsch? Regen sich die meisten Leute über den Aktionismus nur so sehr auf, weil er ihnen ihre innersten Begierden und Ängste spiegelt? Ist Nitsch bloß offener und ehrlicher als die meisten gewöhnlichen Fleischesser, die von dem Elend das sie verursachen nichts wissen wollen?

„es ist für uns ein grosses trauma, dass wir unsere brüder aus dem tierreich töten und essen (müssen). ... wir verleugnen diese tatsache, indem wir abseits der gesellschaft schlächter bezahlen, die für uns töten. das uns verabreichte fleisch ist bis zur unkenntlichkeit zerlegt und verpackt und lässt uns vergessen, dass tiere für unsere nahrung sterben müssen. das verbot zu töten ist für uns alle ein scheintabu, denn es wird täglich getötet, aber wir machen uns dabei die FINGER NICHT SCHMUTZIG."

Nachdem Prof. Nitsch ausführlich seinen Standpunkt zur Debatte um sein Vorhaben dargelegt hatte, wagte es der Tierschützer dem Herrn Professor einen Vorschlag zu machen: Da die Tiere und vor allem die Stiere die tierischen Eigenschaften im Menschen symbolisieren und wir aus der Tiefenpsychologie wissen, dass diese Kräfte auf Dauer nicht verdrängt und unterdrückt werden können, wäre es doch ein Akt von Weisheit, die Tiere nicht wirklich zu töten. Dies vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass auch im Mysterienspiel niemand in der Lage sein wird, einen tatsächlich getöteten Stier wieder zum Leben zu erwecken. Ohne eine Wiedergeburt, die genauso real stattzufinden hätte wie die Tötung, handle es sich bei der Aktion aber nicht um das Erleben des Mysteriums von Tod und Auferstehung, sondern um ein bloßes Orgien-Spektakel, an dem Veranstalter und Teilnehmer ihre Sensationslust auf Kosten von hilflos ausgelieferten Geschöpfen zu befriedigen suchen. Ohne Auferstehung wäre auch der Tod des Heilands nur ein schreckliches Erlebnis für das Opfer und ein Amüsement des „kreuzigt ihn" geifernden Pöbels gewesen. Es gelte deshalb eine Form des Mysterienspiels zu finden, bei dem keine empfindsamen Geschöpfe unwiederbringlich geschädigt oder gar getötet werden. Weder der Stier bei dem Fest, noch das Tier im Menschen dürfe vernichtet werden. Es müsse vielmehr versucht werden, eine bessere Form des Zusammenlebens zu finden. Nitsch hatte erklärt, wie sehr er Tierfabriken verabscheue. Wenn überhaupt ein Opfer sterben müsse, so der nach Wiedergeburt strebende Mensch selbst und nicht ein zum Ersatz degradiertes 'niederes' Wesen.

Nitsch schreibt seinen Spielen reinigende Wirkung zu. Aber hat das hemmungslose Ausagieren von Gewalt jemals zu Heilung geführt? Genausowenig wie die Menschen durch Krieg, werden sie sich durch Teilnahme an einem Orgienspektakel bessern. Nur wenn das Bewusstwerden der eigenen Brutalität eine Veränderung im Verhalten bewirkt, wird eine Katharsis eintreten. Fleischessen verursacht Gewalt gegen Tiere! Wir brauchen ein Bewusstsein für das Elend in der Welt, vor allem für das, was wir alltäglich selbst unbemerkt verursachen. Wie könnten wir sonst Mitgefühl entwickeln und eine Verbesserung herbeiführen? Welches Leid durch unsere scheinbar so harmlosen Essgewohnheiten entsteht, wollen wir Tierschützer aufzeigen und eine friedvollere Ernährungsweise vorleben.

Diese Bedenken hatten offenbar etwas in der Seele des Professors bewirkt, denn seine Augen wurden kleiner und begannen aggressiv zu funkeln. „Was bilden Sie sich ein, mir sagen zu können, wie ich meine Aktion zu gestalten habe!" rief er mit empörter Stimme. Wiedergeburt finde für ihn im Kreislauf von Fressen und Gefressenwerden statt. Sein Kunstwerk, das war sein Heiligtum. Das war sein Leben. Seine Aktion loslassen oder abzuändern, das wäre für ihn wie Sterben. Das kann er nicht. Darum wird es für ihn auch keine seelische Wiedergeburt und geistige Auferstehung geben. Er wird, wie unsere Gesellschaft, solange in der Hölle gefangen bleiben, als die Gelüste dämonischer Natur einfach nur rücksichtslos ausgelebt werden. Da mag er mit seinen Jüngern noch so viel Fleisch fressen und Wein saufen. Denn das ist alles bloßer Ersatz für das Wesentliche: die eigene Transformation, bei der Nitsch befürchtet, sie könnte ihn seiner „schöpferischen antriebskräfte berauben".

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