Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (19.12.1998)
Tiertransport-Skandal geht weiter
EuGH will vorbildliches österreichisches Tiertransportgesetz endgültig zu Fall bringen. Und: Österreichische Behörden arbeiten nach wie vor in die Hände der internationalen Tiertransport-Mafia.
Wie am Samstag in der "SN" zu lesen war, will der Europäische Gerichtshof laut dessen Generalanwalt, Philippe Leger, voraussichtlich das strenge österreichische Tiertransportgesetz-Straße nicht anerkennen! Es stelle eine "Behinderung des freien Warenverkehrs innerhalb der EU" dar. Denn in Österreich gilt seit 1.1.95, daß Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachthof, maximal aber sechs Stunden bzw. 260 km auf Autobahnen fahren dürften. Nur exekutiert wurde es - fast vier Jahre nach seinem Inkrafttreten - so gut wie nie.
Damit ist zumindest eines klar: Sowohl für die EU-Bürokraten in Brüssel, als auch für unsere Behörden sind leidensfähige Mitgeschöpfe nach wie vor nichts weiter als "Waren". Tagtäglich fahren somit ungesetzliche Tiertransporter über unsere Grenzen, seit dem Schengen-Abkommen am 1. April noch ungeschorener denn je. Wenn die Exekutive einmal einschreitet, dann bestenfalls als inszeniertes Spektakel (sog. "Aktion scharf") für die Medien. Aber auch dann werden die erschöpften Tiere bei den angeblichen Labestationen in Tirol, Salzburg oder Kärnten praktisch nie entladen, wie wir nachgewiesen haben.
Auf der anderen Seite werden Tierschützer, die seit Jahren versuchen, diese Mißstände aufzudecken und abzustellen, in den "Rechtsstaaten" Österreich und Deutschland mit hohen Strafen, Prozessen und "Wegsehen" der Exekutive bedacht.
Zuletzt hat ein Mitarbeiter des VGT in der Nacht zum Samstag dem 19.12. auf der Tauernautobahn einen derartigen Transporter der Firma "Internationale Viehtransporte Weinzierl" aus Moosmining durch Herbeirufen der Autobahngendarmerie Anif an der Raststation Golling gestoppt. Doch letztere amtshandelte wieder einmal äußerst widerwillig und ahndete weder die - nach wie vor gültigen - Vorschriften des Tiertransportgesetzes, noch die der StVO oder des KFG. Die Beamten weigerten sich auch, den zuständigen Amtstierarzt von Hallein beizuziehen, obwohl das nach dem offenbaren Zustand der Tiere notwendig gewesen wäre (stark verkotete Tiere und einige, die nicht aufgestanden sind). Das Verständigen des Amtstierarztes Dr. Hickmann (übrigens derselbe, der bereits am 29. 8. d. J. einen gesetzwidrigen Tiertransporter nach einer VGT-Aktion weiterfahren ließ) durch unseren Mitarbeiter beantwortet dieser - unter Hinweis auf die fortgeschrittene Stunde - mit einer brüsken Absage.
Wie bereits vor zehn Tagen sowie Dutzende weitere Male zuvor (wir berichteten jeweils darüber), erhärtet sich somit immer mehr der Verdacht, daß die österreichische Exekutive bzw. die Behörden viel lieber mit den internationalen Tiertransportlobby, also mit offensichtlichen Gesetzesbrechern, zusammenarbeiten als mit Tierschützern, die ihnen helfen würden, diese Skandale an die Öffentlichkeit zu bringen und zu ahnden. Ob dies lediglich aus vorauseilendem EU-Gehorsam, aus Angst oder durch gezielte "Weisung von oben" geschieht, sei dahingestellt. Es wurde Anzeige wegen Nichteinschreitens trotz Gefahr im Verzug gegen den Amtstierarzt sowie gegen die beiden Gendarmerie-Beamten wegen Beihilfe bzw. Ermunterung zur fortgesetzten Begehung mehrerer Gesetzesbrüche seitens des Lenkers des Tiertransporters erstattet.