Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (02.01.2000)
Tierarzt aus NÖ wegen tierquälerischer Massentierhaltung angezeigt
Wie vor einigen Wochen aus verschiedenen Printmedien zu erfahren war, betreibt ein Tierarzt in 3073 Stössing eine Schweinemastanstalt mit mehr als 3000 Tieren, die -- wie aus zugespieltem Foto- und Videomaterial ersichtlich -- dem Tatbestand der professionell betriebenen Tierquälerei entsprechen dürfte. Da auch dem Verein gegen Tierfabriken diese Fotos vorliegen, haben wir heute eine Sachverhaltsbekanntgabe an die zuständige BH, an die Staatsanwaltschaft sowie an die Bundes-Tierärztekammer geschickt.
Im folgenden einige Zitate aus der Anzeige:
"Schweine haben natürlicherweise ein sehr ausgeprägtes Verhaltensspektrum und gehören zu den geselligsten und intelligentesten unter den Nutztieren. Sowohl ihre Intelligenz, als auch ihr Geruchssinn sind mit denen eines Hundes vergleichbar. Wenn man das Schwein seinen natürlichen Verhaltensweisen entsprechend leben läßt, so beweist es seinen Sauberkeitssinn: Es trennt Schlaf-, Freß- und Kotplatz so weit als möglich voneinander. Der Kotplatz ist möglichst weit entfernt an einer höher gelegenen Stelle, um die Ausscheidungen nicht riechen zu müssen. Entsprechend ist die Qual der intensiv gehaltenen Schweine, wenn diese lebenslang über dem Gestank der eigenen Exkremente, auf nacktem Beton oder Spaltenböden eingepfercht sind... Bis zu 11 Stunden am Tag sind natürlich gehaltene Schweine aktiv, sie laufen herum, suchen nach Nahrung, wühlen, graben und fressen. In den Betonbunkern bekommen sie nur ca. zweimal täglich ihre eintönige Suppe in den Trog.
Durch die negativen Haltungsbedingungen wie Reizarmut und sozialer Streß wird das Immunsystem des Einzeltiers stark geschwächt. Die hohe Besatzdichte in der intensiven Schweineproduktion ruft auch einen starken Keimdruck hervor. Die gesundheitlichen Folgen: chronische Erkrankungen der Atemwege, schmerzhafte Nasenverkrümmungen, Magen- und Darminfektionen sowie Klauen-und Gelenksverletzungen... Bereits im Ferkelalter werden den Tieren die Schwänze kupiert, um späteren Verletzungen, bedingt durch Aggressionen, Reizarmut, schlechtes Stallklima und nicht artgemäße Fütterung "vorzubeugen". Dennoch kommt es unter derartigen Bedingungen gehäuft zum sog. Kannibalismus: Die Tiere beißen sich dann gegenseitig Schwänze oder Ohren an, bis sich die betroffenen Individuen nicht mehr zur Wehr setzen können (weil auch die nötigen Rückzugsmöglichkeiten fehlen).
Im verdächtigten Betrieb wurden einige der oben beschriebenen Tierquälereien beobachtet: Auf Eisenrosten bzw. Vollspaltenböden liegen sie im eigenen Kot herum, gerade auf nur so viel Platz, wie ihr eigener Körper einnimmt. Auf einigen Fotos sieht man die Tiere aus Platzmangel sogar in der Futterrinne bzw. übereinander liegen! Zudem waren die Stallungen sehr verschmutzt und dies führte dazu, daß die Tiere teilweise sogar am Rücken stark verkotet waren. Ein Schwein hatte zudem einen großen, offensichtlich unbehandelten Nabelbruch. Hierbei ist erschwerend anzumerken, daß der Betreiber dieser Tierfabrik selbst praktizierender Tierarzt ist! Rote Striemen lassen auf Schläge oder vermehrte Rangkämpfe Rückschlüsse ziehen. Bei einem Tier erkennt man ein riesiges, unbehandeltes Abszeß unterhalb des linken Auges... Durch diese Mißstände im Stallmanagement kommt es aber auch zu einer eklatanten Gefährdung der Umwelt sowie der Gesundheit der Nachbarschaft, durch die Gülleausbringung auch der weiteren Umgebung im Umkreis von 30 km. Man kann in diesem Fall durchaus davon ausgehen, daß die jahrelangen Lärm- und Gestanks-Belästigungen und damit verbunden die Gesundheitsgefährdungen das örtlich zumutbare Maß übersteigen. Dennoch wurde von den verantwortlichen Behörden eine bei dieser Anzahl von Tieren erforderliche UVP, die bei einer Massentierhaltung ab 1.400 Mastschweineplätzen gesetzlich vorgeschrieben ist, unterlassen!"
Unsere Anträge:
- Prüfung nach §§ 2 und 13 Abs 1 NÖ Tierschutzgesetz 1985 bzw. NÖ Nutztierhaltungs-VO, um entsprechende Strafverfahren einzuleiten.
- Prüfung wegen jahrelanger Immissionen und Geruchsbelästigungen und damit verbundener Gesundheitsgefährdung nach umweltrechtlichen Tatbeständen bzw. nach der NÖ Bauordnung.
- Schließung des Betriebs bis zur Vorlage sämtlicher umwelt- und tierschutzrelevanter Bescheide.