Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (20.05.2004)
Wien, am 20.05.2004Parteieneinigung zum Gesetzesentwurf echter Fortschritt
Wehrmutstropfen bleibt vor allem die Schweinehaltung –
Österreichs größter Nutztierhaltungsbereich.
ParlamentarierInnen zollen BTSG-Kampagne des VGT großen Respekt.
Nach einer über zwölfstündigen Marathonsitzung von Dienstag, den 18. Mai, auf Mittwoch, den 19. Mai, konnten die VertreterInnen der Parlamentsparteien eine Einigung zum Bundestierschutzgesetz erzielen. Diese Einigung samt den Details zu den Verordnungen soll am kommenden Dienstag in der letzten Unterausschusssitzung niedergeschrieben werden. Schon zwei Tage danach, am 27. Mai, wird der Gesetzesvorschlag dem Parlamentsplenum zur Abstimmung vorgelegt.
Das Ergebnis ist tatsächlich ein historischer Fortschritt, zumal es bisher praktisch nie gelungen ist, im Nutztierschutz eine einzige relevante Verbesserung zu erreichen, die nicht von der EU als Mindestrichtlinie Österreich aufgezwungen worden ist. Historisch ist auch der Umstand zu bewerten, dass es nach jahrzehntelangen Bemühungen nicht nur zu einem einheitlichen, fortschrittlichen Bundestierschutzgesetz kommen wird, sondern auch die drei zentralen Forderungen des Tierschutz-Volksbegehrens von 1996 erfüllt werden. Allen vier parlamentarischen Verhandlungsparteien, und vor allem den TierschutzsprecherInnen der Parteien, muss höchstes Lob gezollt werden. Ihnen allen ist sehr ernsthaft an diesem Gesetz gelegen, sonst wäre es niemals zustande gekommen.
Die Oppositionsparteien haben sich bereits längere Zeit vorbildlich für die Tierschutzforderungen eingesetzt. Die ÖVP stand unter erheblichem Druck aus den eigenen Reihen, und gerade deshalb kann deren Bereitschaft ernsthafte Verbesserungen einzuführen nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Und nicht zu vergessen sind natürlich die Bemühungen der vielen Tierschutz-AktivistInnen und TierrechtlerInnen sowie der zahlreichen Tierschutzorganisationen, die in seltener Einigkeit und Kooperationsbereitschaft mittels verschiedenster Kampagnen, Aktionen und Aktivitäten unermüdlich dafür gesorgt haben, dass der dringend notwendige Ansporn auf Spitzenpolitik und Verhandlungsfunktionäre nicht ausblieb.
Besondere Erwähnung verdient hier vor allem auch die umfangreiche Bundestierschutzgesetz-Kampagne des VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN. Wie parlamentarische Verhandlungsinsider am Tag nach der erfolgreichen Verhandlungsnacht dem VGT mitteilten, waren es vermutlich die unheimlich intensiven, innovativen und couragierten Aktivitäten des VGT, die den letzten Anstoß zu einer so erfolgreichen Lösung der politischen Streitfrage Bundestierschutzgesetz gegeben haben.
Dennoch gibt es einige Wehrmutstropfen, und es bleibt im Tierschutz viel zu tun. So sind beispielsweise die Haltungsvorschriften in der Schweinehaltung - immerhin die größte Nutztierindustrie Österreichs - nach wie vor so katastrophal wie bisher: nicht nur die quälerischen, einstreulosen Vollspaltenböden bleiben erlaubt, auch die grausamen Abferkelgitter und Kastenstände bleiben nach dem neuen Gesetz legal. Die Mastgeflügeldichten wurden wenigstens nicht erhöht, aber den jeweils schlechtesten Landesgesetzen angepasst. Und auch die schmerzhaften Eingriffe bei Ferkeln (Kastrationen, Zähneabschneiden), Hühnern (Schnäbelkupieren) oder Rindern (Enthornen) usw. sind weiter nach den EU-Mindestrichtlinien erlaubt - z.B. Kastrieren von Ferkeln in den ersten 7 Lebenstagen durch Laien und ohne Betäubung! Bei der Milchkuhhaltung gibt es mehr Ausnahmen als Betriebe, die sich an das Daueranbindehaltungsverbot halten werden müssen.
Und ob die 4-Parteien Resolution wirklich zu der Erhebung von Tierschutz als Staatsziel in die Bundesverfassung führt, wird die Zukunft zeigen.
Die Ergebnisse und unsere Kommentare im einzelnen.