Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (21.07.2005)
Wien, am 21.07.2005Pressekonferenz zum Singvogelfang
Experten aus den Fachbereichen Vogelkunde, Tierschutzrecht und Tierschutz nehmen zum Singvogelfang und der Verordnungsnovelle Stellung
Das Tierschutzgesetz ist entgegen anderslautender Meinungen aus dem Ministerium sehr wohl für den Fang und für die Ausstellung der Singvögel zuständig
Die einzelnen Beiträge im Detail
Bei der heutigen Pressekonferenz, zu der der Verein Gegen Tierfabriken ins Cafe Landtmann im 1. Bezirk in Wien geladen hat, stellte die Tierschutzrechtsexpertin DDr. Regina Binder, Autorin des Kommentars zum Bundestierschutzgesetz und Mitglied im Tierschutz-Rat, klar, dass sowohl der Fang als auch die Haltung und das Wiederfreilassen der Singvögel dem Tierschutzrecht unterliegt. Eine Handlung, wie das Fangen von Singvögeln, kann eben gleichzeitig vom Artenschutzgesetz, das Landessache ist, als auch vom Tierschutzgesetz, das Bundessache ist, geregelt sein. Eine Ausnahmegenehmigung in der oö Artenschutzverordnung für den Singvogelfang liefert daher noch keinen Freibrief entgegen dem Bundestierschutzgesetz Singvögel zu fangen, sondern wäre dennoch ungesetzlich, weil das Bundestierschutzgesetz im §5 eindeutig den Fang und das Zurschaustellen von Singvögeln als Tierquälerei verbietet.
Dass der Fallenfang und das Ausstellen für die Vögel Leiden und schwere Angst bedeutet, belegte der Ornithologen Dr. Hans Frey von der veterinärmedizinischen Universität in seinem neuen Gutachten, das bei der Pressekonferenz präsentiert wurde. Dr. Frey, der in jungen Jahren selbst im steirischen Salzkammergut den Singvogelfang betrieben hatte, zeigte auf, dass für Tiere mit sehr hohem Metabolismus und einer Körpertemperatur von 41 Grad, wie Singvögel, nur wenig Toleranzbereich für erhöhten Stress existiert. Daher würden die Vögel in den Fallen extrem leiden und oft auch sterben. Bei den Ausstellungen der Singvögel, die die Verordnungsnovelle der Ministerin erlauben soll, wird die Fluchtdistanz der Tiere laufend unterschritten und sie daher auch in schwere Angst versetzt. Und diejenigen Vögel, die später wieder freigelassen werden, seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach Stunden oder spätestens nach Tagen tot, weil sie nach langer Gefangenschaft im Käfig nicht mehr in freier Wildbahn überlebensfähig sind.
Über 45 Tierschutzvereine quer durch ganz Österreich haben gemeinsam eine Stellungnahme gegen die Verordnungsnovelle der Ministerin und gegen den Singvogelfang unterschrieben. Als Sprecher des vereinten Tierschutzes fungierte der Obmann des Verein Gegen Tierfabriken DDr. Martin Balluch und erklärte, dass der Tierschutz nicht dabei zuschauen werde, wenn das mühsam erkämpfte Bundestierschutzgesetz verschlechtert wird. Im Moment sind nach dem Tierschutzrecht sowohl der Fallenfang als auch die Vogelausstellungen verboten. Nach der Novelle der Ministerin sollen die Vogelausstellungen und damit indirekt der Fallenfang wieder erlaubt werden, weil die Vollzugsbehörden sich an den Verordnungen orientieren und die Ausstellung wild gefangener Vögel wohl nur dann erlaubt sein kann, wenn der Fang der Vögel auch erlaubt ist. Damit hätte aber die Tierschutzministerin ihre Kompetenz überschritten: sie könne keine Verordnungen erlassen, die dem vom Parlament beschlossenen Gesetz widersprechen. Eine Verfassungsklage wurde angekündigt.