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Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (31.10.2006)

Wien, am 31.10.2006

Martini-Fest: ein Albtraum nicht nur für Gänse

Was Stopfleber und Daunen mit dem "Martinigansl" zu tun haben

Wie jedes Jahr werden wir auch heuer wieder vor fast jedem Gasthaus mit marktschreierisch-gedankenloser Werbung für die längst zur kulinarisch-kommerziellen (Un)Tradition gewordenen "Martini-Gansln" zwangsbeglückt. Doch was ist eigentlich an dem zum Gedenken an den Landespatron des Burgenlandes abgehaltenen Festmahl noch traditionell? Und mit dem Martinigansl hat auch die Stopfleber wieder Saison, die oftmals nur das grauenhaft-tierquälerische Nebenprodukt des Gänsebratens ist…

Enten inzwischen Hauptopfer der Stopfindustrie

Heute werden statt Gänsen hauptsächlich Enten zur „foie gras“-Gewinnung (so der unter selbsternannten Gourmets verbreitete elegante Name für das Horrorprodukt Stopfleber) gestopft. Mit zunehmender Industrialisierung haben sich auch die Stopfmethoden selbst geändert. Die meisten Enten werden heute nicht mehr von Hand zwangsgefüttert, sondern der Futterbrei wird mit Pumpen in die Speiseröhre gepresst. Die Stopfleberproduktion wird in der EU traditionell von Frankreich dominiert. 
Zahlreiche Tierschutzgesetze z.B. in Deutschland und Österreich (Bundestierschutzgesetz §5 Abs 2 Ziffer 12) verbieten die Zwangsfütterung – da Stopfleber-Produkte aber im großen Stil nach Österreich importiert werden, handelt es sich auch um ein heimisches Tierschutzproblem.  

Die grauenhafte Realität des „Stopfens“

Um die Leber auf das bis zu zehnfache des Normalgewichtes anwachsen zu lassen, müssen die Tiere zunächst in einer grausamen Prozedur für die Zwangsmast vorbereitet werden. In dieser Zeit wird die Futtermenge allmählich erhöht, um die Speiseröhre zu dehnen. In der Stopfperiode werden die Enten täglich mit zwei Mahlzeiten eines mit Fett angereicherten Maisbreis zwangsgefüttert. Die Menge wird gesteigert und liegt am vierzehnten und letzten Masttag bei mehr als dem Doppelten als zu Beginn. Gänse haben einen ähnlichen Leidensweg, sie werden allerdings bis zu 21 Tage gestopft und erhalten entsprechend ihrer Größe mehr Maisbrei – meist auf drei Mahlzeiten verteilt.

Entsetzliche Haltungsbedingungen

Die Prozedur des Stopfens sowie die Form der Haltung während dieser Zeit ist mit extremen Qualen für die Tiere verbunden. Die meisten Enten werden einzeln in viel zu kleinen Käfigen gehalten. Umdrehen, Flügelschlagen, Gefiederpflege und andere artgemäße Verhaltensweisen und Grundbedürfnisse sind in solch einem Käfig nicht möglich. Bei dieser Haltungsform können doppelt so viele Enten gestopft werden wie bei der Stallhaltung. Während der Stopfzeit werden viele Tiere in nahezu vollständiger Dunkelheit gehalten.

Verletzungen und erhöhte Todesrate durch pathologisch wuchernde Leber

Beim Hinabstoßen des Metallrohres in den Schlund kommt es meist zu Verletzungen der Speiseröhre. Zudem empfinden die Tiere dabei einen quälenden Würgereflex. Viele Tiere leiden an Verdauungsstörungen und Verletzungen im Bein- und Brustbereich.
Durch das Anschwellen der Leber werden die Tiere so schwer, dass sie kaum mehr in der Lage sind zu gehen. Die Sterblichkeitsrate der Tiere in der Stopfzeit liegt zwischen 2,5 und 4,2 % - verglichen mit 0,2 % bei normal gefütterten Tieren. Wird die Mastperiode nur um wenige Tage verlängert, steigt die Todesrate dramatisch. Wenig verwunderlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es sich bei Stopflebern um krankhaft wuchernde Organe handelt.

Kein Erbarmen mit „Martinigänsen“

Aber auch die Haltung jener „Martinigänse“, die zumindest von der Stopfmast verschont bleiben, ist für die betroffenen Tiere alles andere als artgerecht oder human. Die ehemals "glückliche" Freiland-Gans vom Nachbarbauern kommt ja schon seit langem nicht mehr auf den Teller. Es gibt zwar in Österreich praktisch keine Gänse-Massentierhaltungen, wie man sie von anderen Tierarten kennt, und auch die brutalen Behandlungsmethoden, wie das Lebendrupfen oder Stopfen, sind in Österreich verboten. Doch nicht einmal 10% (!) des österreichischen Bedarfs werden von heimischen Betrieben gedeckt. Der Rest wird importiert, zumeist aus Frankreich, Ungarn, Bulgarien, oder Polen. Und dort sind die Gänse noch viel weniger durch Gesetze geschützt, als hierzulande.

Bei der üblichen Gänsemast in diesen Ländern müssen die Tiere viele Grausamkeiten erdulden, bevor sie dann bei uns auf den Tellern landen (um die 300.000 Gänse werden Jahr für Jahr an den typischen "Gänsebraten-Festtagen" in Österreich verspeist).
Damit sie möglichst schnell zunehmen, werden viel zu viele Tiere auf engstem Raum in unnatürlicher, schädigender Umgebung gehalten. Bereits durch die Hochleistungszucht wird nur auf möglichst schnelle Gewichtszunahme Wert gelegt, mit all den schmerzhaften Nebenwirkungen - Gelenksentzündungen, Knochenbrüche, Atemnot, etc. Die Mastdauer, bei Freilandgänsen mindestens 20 Wochen, wird auf nur etwa 10 Wochen reduziert.

Zusätzlich werden sowohl Mast- als auch Stopfgänse völlig ohne Betäubung gerupft um Daunen (für Daunenjacken, Polster, Bettdecken usw.) zu gewinnen. Dabei werden den Tieren sämtliche weiche Federn vom Leib gerissen, was ähnlich schmerzhaft ist wie Haare-Ausreißen. Durch die Akkordarbeit und die entsprechende Rücksichtslosigkeit werden häufig auch noch große Hautstücke mit ausgerissen.

Wissenschaftliche EU-Studie kritisiert „foie gras“

Der wissenschaftliche Veterinärausschuss der EU-Kommission beschreibt in einem Bericht ("Report of the Scientific Committee on Animal Health and Animal Welfare on Welfare Aspects of the Production of Foie Gras in Ducks and Geese”) die genannten Details der grausamen Haltungs- und Mastpraktiken und deren Folgen für die Tiere. Dieser laut Selbstdefinition unabhängige und hochqualifizierte Ausschuss unterstützt die EU-Kommission in Fragen der Tiergesundheit und des Tierschutzes. Er prüft aktuelle wissenschaftliche Daten und Sachverhalte und gibt der Kommission für die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften und anderen Vorschlägen eine wissenschaftlich fundierte Grundlage an die Hand. Damit hat sogar die in Tierschutz- Angelegenheiten oftmals viel zu konservative und lasche EU Gänsestopfleber quasi auf den Index der aus Tierschutzsicht problematischen Produkte gesetzt.

Forderungen des VGT

Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN nimmt die anlaufende "Martini-Gansl-Saison" und das bevorstehende Fest des "Heiligen Martin" mit dem dazugehörigen, hinterfragenswürdigen Brauchtum des "Martini-Gansl-Essens" zum Anlass, ein Importverbot für Stopflebern ("foie gras") sowie von Daunen von lebend gerupften Gänsen und Enten zu fordern. Es darf nicht länger sein, dass in Österreich aus tierschutz-ethischen Gründen verbotene Produkte und Produktionsweisen durch einen schrankenlosen "Markt ohne (ethische) Grenzen" einfach importiert werden können.

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