Schutzhaft für TierschutzaktivistInnen - vgt

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Schutzhaft für TierschutzaktivistInnen

Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrags in Wort und Bild basiert auf der Faktenlage zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung (03.07.2008)

Wien, 03.07.2008

Mit "Schutzhaft" bezeichnet man in diktatorischen Regimes das Einsperren von politischen GegnerInnen ohne konkreten Verdacht auf kriminelle Aktivität

Mit „Schutzhaft“ bezeichnet man in diktatorischen Regimes das Einsperren von politischen GegnerInnen ohne konkreten Verdacht auf kriminelle Aktivität

Das Anhaltelager Wöllersdorf war ein derartiges Schutzhaftlager in der austro-faschistischen Diktatur. Dass heute in Österreich die 10 Tierschutzhäftlinge jetzt bereits seit 6 Wochen eingesperrt sind, ist auch nicht anders als mit Schutzhaft zu bezeichnen. In einer Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft gibt diese zu, dass keine konkreten Verdachtsmomente für kriminelle Aktivitäten, insbesondere für Brandstiftungen, existieren. Dennoch plädiert die Oberstaatsanwaltschaft für eine Fortsetzung der Untersuchungshaft.

Dafür argumentiert sie wie folgt. In Österreich gibt es eine gewisse, wenn auch im internationalen Vergleich sehr geringe Tierschutzkriminalität, die laut Oberstaatsanwaltschaft von geheimen, autonom agierenden Kleinstgruppen durchgeführt wird. Im Rahmen dieser Tierschutzkriminalität werden Sachbeschädigungen gegen tierquälerische Betriebe begangen, mit dem Ziel, diese Betriebe zu einer Verhaltensänderung im Sinne des Tierschutzes zu bewegen. Zum Teil dieselben Ziele, nämlich Betriebe zu tierfreundlicherem Verhalten zu bewegen, verfolgen auch Tierschutzgruppen und NGOs wie der VGT. Dass es diese z.T. überlappenden Ziele gibt, bezeichnet die Oberstaatsanwaltschaft als eine „Willenseinigung“ zwischen den verschiedenen Gruppen, die sich zwar gar nicht kennen, die aber dadurch zu einer gemeinsamen kriminellen Organisation werden sollen, die versucht, auf Wirtschaft und Politik Einfluss zu nehmen.

Laut Gesetz (§ 278a StGB) muss diese kriminelle Organisation aber unternehmensähnlich organisiert sein

Unternehmensähnlichkeit will die Oberstaatsanwaltschaft darin erkennen, dass arbeitsteilig vorgegangen würde. Die einen agieren legal, die anderen illegal, und beides würde sich gegenseitig ergänzen.

Als Rekrutierung und Ausbildung für die kriminelle Organisation steht die Oberstaatsanwaltschaft z.B. die NeuaktivistInnentreffen des VGT, genannt Animal Liberation Workshops ALWs. Diese ALWs werden alle 2 Jahre in allen größeren Städten Österreichs organisiert. Sie sind öffentlich angekündigt und frei zugänglich – auch für die Polizei. Im Rahmen dieser Workshops werden an Tierschutz interessierte Personen zuerst in die Problematik eingeführt. Dann stellen sich verschiedene NGOs, insbesondere der VGT, mit ihrer Arbeit vor und bitten um Mithilfe bei ihren legalen Kampagnen. Zusätzlich wird über tierfreundliche Alternativen und die vegane Lebensweise informiert. Diese ALWs haben absolut überhaupt nichts mit kriminellen Aktivitäten zu tun.

Als internationale Vernetzung der kriminellen Organisation werden von der Oberstaatsanwaltschaft die alljährlich stattfindenden internationalen TierschutzaktivistInnentreffen interpretiert. Dabei sind diese wiederum öffentlich angekündigt und für alle Menschen frei zugänglich. In Workshops stellen sich die Vereine und Gruppen verschiedener Länder vor und erzählen von ihren Erfahrungen bei ihren legalen Kampagnen. Etwa 400 Personen nehmen jährlich an diesen Treffen teil, die meisten davon kennen sich nicht gegenseitig. Absolut nichts an diesen Treffen ist auch nur irgendwie kriminell.

Zusätzlich identifiziert die Oberstaatsanwaltschaft an einem gewissen konspirativen Element in der NGO-Arbeit ein Verdachtsmoment für Kriminelles. Aber damit beweist sie nur, von NGO-Arbeit im Tier- und Umweltschutz sehr wenig zu wissen. Ein kleiner aber signifikanter Teil der NGO-Arbeit ist nämlich notwendigerweise konspirativ, auch wenn damit keinerlei kriminelle Aktivität verbunden ist.

Für eine typische Kampagne des VGT, wie die Kampagne für ein Verbot von Legebatterien, muss zunächst die Bevölkerung sensibilisiert werden. Dafür ist es notwendig, Informationen über Legebatterien und anschauliches Filmmaterial über die Zustände dort, das Leiden der Tiere usw. zu beschaffen. Und deshalb gehen AktivistInnen u.a. heimlich des Nachts oder unter Vorspielung falscher Tatsachen in Legebatterien, um die Zustände zu dokumentieren. Oder um über Tierversuche informieren zu können, wird heimlich in Tierversuchslabors gefilmt. Diese Tätigkeiten sind überhaupt nicht kriminell, aber sie müssen trotzdem heimlich geschehen, weil es sonst zu Besitzstörungsklagen kommen kann. Dennoch sind sie unabdingbar notwendig, um eine seriöse NGO-Kampagne durchführen zu können.

Wenn die Mehrheit der Bevölkerung überzeugt wurde, wie es z.B. für das Legebatterieverbot gelungen ist, dann wird öffentlich Druck gemacht, damit die Politik eine Änderung des Gesetzes gemäß des Mehrheitswillens der BürgerInen durchführt. Das geschieht einerseits und hauptsächlich durch Kundgebungen, Plakataktionen, Inserate in Zeitungen, Politikergespräche, wissenschaftliche Unterstützung usw.; aber auch durch sogenannte Aktionen. Dabei wird etwas Aufsehenerregendes durchgeführt, damit die Medien von den Problemen berichten und ein Unmut in der Bevölkerung ausgelöst wird, dass noch immer nichts seitens der Politik dagegen unternommen wird.

Z.B. wurde in der Kampagne für ein Legebatterieverbot eine Legebatterie besetzt, oder AktivistInnen seilten sich mit einem Riesentransparent an der Außenwand der Bundeszentrale der ÖVP, die damals den Bundeskanzler stellte, ab. Derartige Aktionen müssen sehr sorgfältig und geheim bzw. konspirativ geplant werden, ohne dass das irgendwelche kriminelle Hintergründe hätte. Man muss das Ziel auskundschaften, bekommt vielleicht Informationen von Vertrauenspersonen, muss sich heimlich treffen usw.

Die Oberstaatsanwaltschaft ist jetzt nicht willens oder in der Lage diese legitime wenn auch konspirative, demokratiepolitisch nicht nur unbedenkliche sonder sogar notwendige, typische NGO-Arbeit von Kriminalität zu unterscheiden. In Essenz wird also der § 278a StGB „kriminelle Organisation“ erstmals ernsthaft gegen klassische nicht-kriminelle NGO-Arbeit angewendet. Alle politisch missliebigen Personen sollen so in „Schutzhaft“ genommen werden können, obwohl sie weder etwas kriminelles getan haben, noch überhaupt verdächtig sind, kriminell aktiv gewesen zu sein. Gute Nacht Österreich!

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